Frage an Monika Lazar von Markus K. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik
Sehr geehrte Frau Lazar
werden sie dem Gesetzesentwurf zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes zustimmen?
Meiner Meinung nach ist das Gesetz so nicht umsetzbar, mit der Folge, dass sich sämtliche Onlineplattformen mit Nutzercontent aus Europa zurückziehen oder schließen werden. Gerade in Corona-Zeiten ist dies fatal. Wir sind mehr den Je auf das Internet angewiesen.
Zudem nutzen von der Corona-Krise gebeutelte Unternehmen (wie zum Beispiel Kultureinrichtungen) die sozialen Medien um auf sich aufmerksam zu machen und Spendengelder zu sammeln. Dies passiert beispielsweise in Form von Livetreams die unter dem Gesetz auch nicht mehr möglich wären.
Auch werden Innovation im digitalem Bereich verhindert. Deutschland und Europa werden somit zur digitalen Wüste.
Wieso gibt es überhaupt Beschränkungen für Zitate? Anderswo (zum Beispiel in wissenschaftlichen Arbeiten) wird das doch auch nicht eingeschränkt.
Bitte setzen sie sich dafür ein, dass wenigstens wie im alten Entwurf 1000 Zeichen als Zitat zugelassen werden. Auch bei Fotos sollte eine höhere Auflösung zulässig sein.
Mit freundlichen Grüßen
Markus Klingler
Sehr geehrter Herr Klingler,
So wie der Gesetzentwurf jetzt vorliegt ist er für die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen nicht zustimmungsfähig. In den kommenden Wochen hoffen wir noch Möglichkeiten zur Einflussnahme zu haben. Nach all den unterschiedlichen Entwürfen der letzten Jahre haben wir nun eine Grundlage für die parlamentarische Beratung. Es gilt jetzt, die vorgenommenen Änderungen auf ihre möglichen Auswirkungen genau zu prüfen und die noch offenen Baustellen anzugehen, damit nicht nur einzelne Gruppen von der Modernisierung des Urheberrechts profitieren und ein fairer Interessenausgleich gesichert werden kann. Die von Ihnen angesprochene Zitateregelung ist meinen zuständigen Kolleg*Innen bekannt und gehört u.a. auch zu unseren Baustellen.
Die im Jahr 2019 zu Protokoll gegebenen erheblichen Bedenken der Bundesregierung in Bezug auf algorithmenbasierte Uploadfilter, auf die die Große Koalition seitdem immer wieder gebetsmühlenartig verwiesen hat, sind damit nur noch Schall und Rauch. Damit steht der Gesetzentwurf auch im Widerspruch zu der erst kürzlich im Bundestag beschlossenen Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, mit der die marktmächtigen Tech-Giganten im Zaum gehalten werden sollen.
Denn die jetzt vorgeschlagene Lösung begünstigt mal wieder marktmächtige Plattformen, die mit ihren etablierten Filtersystemen ihre Marktmacht verstetigen können.
Das zweite große Problemfeld des Gesetzentwurfes sind die Schranken im Plattformbereich. Die Nutzerrechte geraten jetzt schwer ins Hintertreffen. Die Bagatellgrenze wird durch die Neuregelung praktisch unbrauchbar, für zulässige Nutzungen wie Karikatur und Parodie werden neue Hürden eingezogen, die notwendige Rechtssicherheit geht durch unbestimmte Rechtsbegriffe völlig verloren und Möglichkeiten wie das Pre-Flagging werden nicht genutzt, obwohl hiermit der standardmäßige Einsatz von scharfen Filtern und die Gefahr eines Overblockings vermieden werden könnte. Eine solche Lösung würde auch die Meinungs- und Kunstfreiheit besser schützen.
Die Regelungen für den Direktvergütungsanspruch, das Urhebervertragsrecht und die neuen Möglichkeiten für eine Verbandsklage und für kollektive Lizenzvergaben sind durchaus positive Neuerungen, damit die Kreativen angemessen vergütet werden können. Uns ist dabei besonders wichtig, dass die vielen selbständigen KünstlerInnen und freischaffenden AutorInnen und JournalistInnen nicht unter den Tisch fallen.
Wir bleiben dran.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Lazar