Frage an Monika Lazar von Julian M. bezüglich Recht
Guten Tag Frau Lazar,
ich wende mich an Sie, weil Sie einerseits für meinen Wahlkreis zuständig sind, andererseits im Ausschuss für Inneres arbeiten.
Mit Sorge betrachte ich als angehender Informatiker die Debatte um die Online-Durchsuchungen. Nicht nur, weil ich um die Privatssphäre unschuldiger Bürger fürchte, sondern auch, weil sich mal wieder zeigt, dass einige Herren reich an Unwissenheit sind.
Es wird angeführt, dass die organisierte Kriminalität, terroristische Organisationen und Co über das Internet miteinander kommunizieren. Es ist nun aber nicht erst seit kurzem möglich, Daten auf dem eigenen Computer mit einem Passwortschutz zu versehen, sondern auch die Nachrichten, die durchs geschickt Internet so zu verschlüsseln, dass nur ein bestimmte Empfänger sie entschlüsseln kann.
Ich bitte darum, dieses Wissen mit anderen Abgeordneten zu teilen, so dass den hirnrissigen Ideen (die nichts als Geldverschwendung sind) entgegengewirkt werden kann.
Im Übrigen interessiert mich Ihre Haltung zu den gefordeten Sicherheitsvorkehrungen, die derzeit in den Medien heiß diskutiert werden.
Vielen Dank!
P.S.: Falls Sie mehr Informationen wünschen, schreiben Sie mir einfach - ich antworte bestimmt.
Hallo Herr Moritz,
bitte entschuldigen Sie, dass ich erst jetzt antworte. Ihre Frage fiel in die parlamentarische Sommerpause, so dass ich sie urlaubsbedingt nicht früher bearbeiten konnte. Ihre Bedenken teile ich voll und ganz. Ich finde es absolut inakzeptabel, dass die große Koalition mit dem pauschalen Hinweis auf "unsere Sicherheit" die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern derart einschränken will. Gerade als ehemalige DDR-Bürgerin, welche die Stasi-Überwachung miterlebt hat, begrüße ich jedes Engagement zum Schutz von Privatrechten.
Seit einiger Zeit beschäftigt uns die Problematik auch im Bundestag sehr stark. Es gibt mehrere Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, die aus meiner Sicht im Kern Angriffe auf die Grundrechte darstellen. Ich sehe bei Herrn Schäubles Überwachungs-Plänen Missbrauchspotential und werde seinen Vorschlägen nicht zustimmen.
Die Pläne für heimliche Online-Durchsuchungen lehne ich ganz entschieden ab - nicht nur, weil sie in BürgerInnenrechte eingreifen, sondern auch, weil sie inhaltlich unsinnig sind. Diesen Aspekt betonen Sie ja auch in Ihrem Schreiben, wenn Sie auf kriminelle Umgehungsmöglichkeiten, z.B. durch Verschlüsselung, hinweisen.
Ich finde es überaus bedenklich, dass sich VertreterInnen demokratischer Parteien ungeniert für staatliches Hacken aussprechen, ohne den Eingriff in die Persönlichkeitsrechte zu berücksichtigen. Für den modernen Menschen ist der Computer Teil der Intimsphäre und der persönlichen Identität. Vieles, was früher in Aktenschränke geschlossen wurde, liegt heute auf Laufwerken. Dazu gehören Fotos, Videos, persönliche Mails oder auch vertrauliche, oft intime Dateien. Dies alles ist nicht für die Augen irgendwelcher Angestellter in Behörden bestimmt. Bedauerlicherweise fehlt Teilen der Bundesregierung die notwendige Sensibilität, um die Wirkung der geplanten Eingriffe einschätzen zu können.
Wie Sie den Medien sicher entnommen haben, sind sich die Koalitionäre in unserer Regierung noch nicht einig geworden, welcher Weg sinnvoll ist. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie, ich und viele andere Engagierte weiterhin ihre Kritik in die Debatte bringen und so Einfluss ausüben, um ausufernden "Kontrollwahn" gewisser Sicherheitspolitiker in Schranken zu halten.
Die grüne Bundestagsfraktion arbeitet inhaltlich ständig an dem Thema weiter. Aktuelle Entwicklungen und Statements finden Sie auch im Themenspecial "Innere Sicherheit" auf unserer Fraktionsseite: http://www.gruene-bundestag.de/cms/innere_sicherheit/rubrik/4/4449.htm
Mit freundlichen Grüßen
Monika Lazar