Frage an Monika Lazar von Joachim H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Bundestagsabgeordnete Lazar,
ich lese gerade beim Dortmunder Kreisverband der Grünen, daß Sie bundesweit zur Bekämpfung des Rechtsradikalismus herumreisen. An Ihren Bundestagskollegen Kurth richtete ich die Frage, ob zu dieser Auseinandersetzung auch die Mittel der Sachbeschädigung und Umweltverschmutzung gehören. Er antwortete darauf nicht. Da Sie diesbezüglich sehr engagiert sind, stelle ich jetzt die Fragen an Sie.
Ich bin erschüttert, daß die Dortmunder Grünen auf der selben Internetseite auf der Sie mit Argumenten gegen Rechtsradikale kämpfen, mit einer Straftat, Sachbeschädigung und Umweltverschmutzung prahlen. 6000 Liter stinkender Gülle wurde in Dortmund ausgekippt, um die Versammlung Andersdenkender zu verhindern. Diese Aktion sollte eine Demonstration gegen Rechtsradikale sein. Hierzu möchte ich Ihnen deshalb folgende Fragen stellen:
Halten Sie die Gülleaktion auch für eine Straftat, die der Staatsanwalt verfolgen müßte? Soll diese Form der Auseinandersetzung in Zukunft die argumentative ersetzen? Wer bezahlt die Kosten der Stadtreinigung Dortmunds für die Beseitigung dieser Umweltverschmutzung? Wo ziehen Sie die Grenzen bei der Sachbeschädigung und Gewaltanwendung? Helfen Sie als Bundestagsabgeordneter mit, daß sich in Ihrem Verantwortungsbreich solche Vorfälle nicht wiederholen? Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich bin der Meinung, daß man sich mit rechtsradikalem Gedankengut auseinandersetzen muß. Bei meinen Fragen geht es aber nicht um den Kampf gegen Rechts, sondern um die Einhaltung demokratischer Grundregeln, die man als Beispiel besonders den Feinden unserer Demokratie vorleben muß.
Als Beweis für den Leser füge ich noch den Pfad der Internetseite hinzu
http://www.gruene-dortmund.de
Sehr geehrter Herr Hahn,
vielen Dank für Ihre Ausführungen, zu denen ich gern Stellung nehme. Sie schreiben, dass Sie erschüttert sind von der "Umweltverschmutzung" durch die Dortmunder Grünen. Auch ich bin immer wieder erschüttert - zum Beispiel über Gewalttaten, die Neonazis gegen wehrlose Opfer verüben, nur weil diese anders aussehen als es den Tätern passt. Ich halte es für gefährlich, wenn Neonazis auf Demonstrationen ungehindert volkverhetzende, demagogische Parolen rufen dürfen und so rechtsextreme Gewalt weiter anheizen.
Sie fragen mich nun, wie ich die Aktion der Dortmunder Grünen, eine Neonazi-Demonstration durch Gülle zu stören, bewerte. Zunächst einmal war es zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen Rechts, den ich prinzipiell begrüße. Rechtsextremisten dürfen sich mit ihrer Ideologie nicht akzeptiert fühlen, man muss ihnen deutlich machen, dass sie nicht die Mehrheitsmeinung vertreten. Besonders wenn die Verantwortlichen in den Behörden vor Ort Hemmungen haben, Neonazis offensiv in die Schranken zu weisen, müssen engagierte Initiativen sie unterstützen und unmissverständliche Zeichen setzen. Dies ist hier geschehen - so weit ich bisher gehört habe mit positiver Resonanz durch viele Bürgerinnen und Bürger.
Zum Thema "Umweltverschmutzung": Es ist klar, dass eine Aktion wie diese nicht zur Regel in der Auseinandersetzung mit Neonazis werden kann, sondern ein besonderes, einmaliges Signal war. Mit dieser Intention sind die Grünen in Dortmund herangegangen. Selbstverständlich haben sie auch die Verantwortung für die Folgen übernommen und der Stadt die Reinigungskosten erstattet. Rechtliche Schritte gegen die Akteure, wie sie sie in Ihrem Schreiben andeuten, sind weder mir noch den Dortmunder Grünen selbst bekannt. Ich finde auch nicht, dass ein verfolgungswürdiger Straftatbestand vorliegt. Die Folgen sind beseitigt, es kamen keine Personen oder Sachen zu Schaden. Die "Gülle-Aktion" konnte ja (leider) nicht einmal die Demonstration behindern, da zur Zeit der Neonazi-Märsche alles bereits wieder gesäubert war. Die Polizei hatte sogar vor Beginn der Demo die grünen Protestplakate abgehangen - aus Angst vor Unruhe. Ein solcher Mangel an Zivilcourage ist bedauerlich und gibt den Rechtsextremisten das Gefühl, freie Hand zu haben und immer mehr gesellschaftlichen Raum einnehmen zu können. Damit dies nicht passiert, sind manchmal - neben der Auseinandersetzung mit Argumenten - auch andere gewaltfreie Mittel sinnvoll. Und immerhin haben die Grünen die Gülle vom Biobauern geholt...
Mit freundlichen Grüßen
Monika Lazar