Frage an Monika Lazar von Roland K. bezüglich Recht
Guten Tag Frau Lazar,
vor nicht ganz einer Woche startete die Kampagne "Public Money?, Public Code!" ( https://publiccode.eu ), die darauf hinweisen will, dass bei öffentlich finanzierte Software auch der Quellcode öffentlich verfügbar sein sollte. Die Software soll unter einer freien Lizenz stehen, die es jedem erlaubt, sie zu modifizieren, (in anderen Projekten) weiterzuverwenden und zu verbessern. Für Verwaltungen und weiteren Institutionen entwickelte Software steht oft unter geschlossenen, teils stark eingeschränkten Lizenz- oder Nutzungsbestimmungen, die die Freiheiten von freier/offener Software nicht erlauben.
Das Video auf der Webseite (3:47 min) erklärt dies auch sehr anschaulich: https://publiccode.eu/de/#about
Den gesamten öffentlichen Brief finden Sie auf https://publiccode.eu/de/openletter/ .
Mehr als 8000 Leute und 46 deutsche und internationale Organisationen haben ihn bereits unterschrieben.
Kurz vor der Bundestagswahl also meine Fragen: Wie stehen Sie zu dem Thema? Würden Sie die im Brief genannten Forderungen unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen
R. K.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihr Schreiben und den offenen Brief mit der Forderung, öffentlich finanzierte Software auch öffentlich zugänglich zu machen. Wir teilen Ihre Analyse und Forderungen voll und ganz.
Unser grünes Leitprinzip ist „Innovation durch Offenheit“. Wir setzen uns daher für offene Standards, Schnittstellen, Daten und Software und Geschäftsmodelle des Teilens als Innovationstreiber für ganz unterschiedliche gesellschaftliche Belange ein.
Die Nutzung digitaler Verwaltungsleistungen ist in Deutschland rückläufig. Dies ist einerseits auf fehlendes Benutzervertrauen, andererseits auf inkonsistente Angebote zurück zu führen. Ohne offene Schnittstellen und Formate sind dauerhaft keine offene Standards zu etablieren. Daher fordern wir, dass freie, quelloffene Software und freie Formate und Standards bei öffentlichen IT-Beschaffungen bevorzugt werden, insbesondere wenn BürgerInnen diese einsetzen sollen. Die öffentliche Förderung für die Entwicklung von freier Standardsoftware wollen wir ausbauen. Wir setzen uns dafür ein, dass öffentlich finanzierte Software mit entsprechenden Lizenzen weiter genutzt werden kann.
Wir befürworten ebenfalls eine europäische Kooperation für den Austausch von gelungenen Projekten mit freier und offener Software. Auch ist zu prüfen, ob das europäisch finanzierte und erprobte Modell der „Bug Bountys“ für offene Software in Deutschland angewendet werden soll.
Darüber hinaus gehören für uns zur Modernisierung der Verwaltung Open-Data-Regeln, die Behörden zu verpflichten, vorhandene Daten von sich aus leicht auffindbar, maschinenlesbar und kostenfrei und unter freier Lizenz für die Öffentlichkeit bereitzustellen. Dafür braucht es neben klaren Vorgaben aber auch qualifiziertes Personal sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote. Denn die Erfahrung zeigt: Auf eine tatsächlich gelebte Verwaltungskultur der Offenheit und Teilhabe kommt es entscheidend an – das erfordert aber auch die nötigen Kompetenzen und Ressourcen, mit Blick auf die Chancen für eine transparentere Verwaltung, aber auch mit Rücksicht auf Datenschutzbelange in Zeiten von Big Data. Des Weiteren wollen wir daher in einer Gesamtstrategie zur Stärkung von Transparenz und Teilhabe, bestehende Informationsfreiheits- und Open Data-Gesetze zu einem modernen Transparenzgesetz systematisch weiter entwickeln.
Auch über den Einsatz von Software in der Verwaltung hinaus wachsen mit der immer stärkeren Vernetzung unseres Alltags, wie etwa beim „Internet der Dinge“, die Anforderungen für eine verlässliche IT-Sicherheit. Wir setzen dabei auf Sicherheit durch Transparenz und verpflichtende Sicherheitsupdates. Wir fordern eine typenabhängige Mindestfrist, in der Produkte mit zeitnahen Sicherheitsupdates versorgt werden müssen.
Freie, quelloffene Software sowie freie Formate und Standards sind für uns einer der Eckpfeiler für sichere und zukunftsfähige IT-Systeme. Staatliche Stellen müssen verpflichtet werden, IT-Sicherheit zu stärken. Bewusstes Offenhalten von Sicherheitslücken ist rechtsstaatlich mit der Schutzpflicht gegenüber den BürgerInnen wie auch der Wirtschaft nicht zu verantworten, birgt unkontrollierbare Risiken und gehört daher verboten. Um staatliche und andere kritische Infrastrukturen zu schützen, werden wir die Entwicklung von umfassenden Sicherheitskonzepten vorantreiben und fördern. Eine durchgehende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung werden wir zum Standard machen. Im Sinne eines nachhaltigen IT-Einsatzes stärken wir die Rechte von NutzerInnen, auf ihren Geräten freie und offene Software und Firmware einzusetzen.
Diese und weitere Forderungen finden Sie im Antrag „Stillstand beim E-Government beheben – Für einen innovativen Staat und eine moderne Verwaltung“ (BT-Drs. 18/9056 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/090/1809056.pdf).
Wir möchten uns für Ihren Appell bedanken, denn die nächsten Bundesregierungen tragen hier eine große Verantwortung. Wir werden uns für die Umsetzung des Grundgedankens von „Public Money – Public Code“ konsequent einsetzen.
Viele Grüße
Monika Lazar