Frage an Monika Lazar von Bianka A.
Sehr geehrte Frau Lazar,
ich wende mich an Sie als Bundestagabgeordnete, um die Durchsetzung des Asylpakets II zu kritisieren. Ich bitte Sie als politische Repräsentantin: Bitte stimmen Sie im Bundestag nicht für das Asylpaket II. Ich arbeite selbst mit Geflüchteten - auch hauptberuflich - und kann mir nicht vorstellen, wie ich zum Beispiel unseren minderjährigen Geflüchteten erklären sollte, warum sie evt. zwei Jahre warten müssen, bis sie ihre Familien nachholen dürfen. Mir fiele keine Erklärung ein, die den betroffenen Jungs - oder mir - die Aussetzung des Familiennachzugs plausibel machen würde. Ähnlich ist es meiner Einsicht nach mit der Einrichtung von Aufnahmezentren für Migrierte aus "sicheren" Herkunftsländern: Hierbei würden Menschengruppen aufgrund eines völlig willkürlichen Kriteriums klassifiziert und abgewertet. Wie will die deutsche Bundesregierung ein derart diskriminierendes Verhalten rechtfertigen? Einen Menschen aufgrund seiner nationalen Herkunft, uneingedenk individueller Verfolgungssituationen oder Perspektivlosigkeit, zu markieren und abzuschieben, kann nicht im Sinne christlicher Nächstenliebe oder Mildtätigkeit sein. Ich appelliere daher erneut an Sie: Bitte stimmen Sie mit "nein". Über eine Rückmeldung Ihrerseits freue ich mich selbstverständlich.
Mit freundlichsten Grüßen
Bianka Alschner
Sehr geehrte Frau Alschner,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht und Ihr persönliches Engagement für Geflüchtete. Ich teile Ihre Einschätzung des Asylpakets II und werde es im Bundestag mit meiner Stimme ablehnen.
Hinsichtlich christlicher Nächstenliebe und Mildtätigkeit, wie Sie schreiben, hat die Bundesregierung leider offenkundig einen "blinden Fleck". Ich kann mir gut vorstellen, wie schwierig es für Sie vor Ort ist, den betroffenen Menschen die persönlichen Gesetzesfolgen zu erklären.
Seit dem letzten Sommer hat die Bundesregierung verschiedene Asylpakete im Eiltempo durch Bundestag und Bundesrat gedrückt, um Asylverfahren zu beschleunigen und den Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland zu begrenzen. Das Kalkül der Bundesregierung ist sehr deutlich. Sie will demonstrativ der Öffentlichkeit sagen: Je unattraktiver die Aufnahmebedingungen und je weniger rechtliche Garantien für Geflüchtete gelten, desto weniger werden kommen. Dass hinter den Zahlen tausende Geschichten von Flucht, Vertreibung, Krieg und existentiellen Sorgen stehen, scheint für die Bundesregierung nebensächlich. Ebenso wie Sie möchte ich nicht, dass unsere Gesetzeslage solche Schicksale befördert.
Nun soll das sogenannte Asylpaket II (Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren) im Schnellverfahren am 26. Februar 2016 im Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. Das Gesetz zielt auf Einschränkungen beim Familiennachzug, den Abbau von Rechtsgarantien und auf die Kürzung von Leistungen.
Die Regelungen sind insgesamt weiterhin ungeeignet, den Antragsstau von anhängigen Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu beheben und die Asylverfahren zu beschleunigen. Der Gesetzentwurf sieht erhebliche Verschärfungen des geltenden – und gerade erst geänderten – Rechts im Asylverfahren und im Aufenthaltsgesetz vor.
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wird ein Paket, in dem der Wert der Familie massiv infrage gestellt, Integration behindert und die Betroffenen massiv verunsichert werden, nur ablehnen können. Unzählige Helferinnen und Helfer warnen zurecht davor, genau wie Kirchen, Wohlfahrtsverbände und auch öffentlich Beschäftigte.
Zudem plant die Bundesregierung bereits das Asylpaket III. Hierbei sollen angeblich nach langen Monaten der Untätigkeit auch integrationspolitische Themen mit aufgenommen werden – bislang hat die Bundesregierung die Frage der Integration weitestgehend den Engagierten, Initiativen und den Ländern und Kommunen überlassen. Anstelle die wichtige Frage der Integration immer weiter zu verschieben, wäre es wichtig, dass die Bundesregierung endlich ein Integrationskonzept vorlegt. Unser Konzept finden Sie hier: http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/fraktion/beschluesse/Beschluss_Integration_Weimar.pdf
Viele Grüße
Monika Lazar