Frage an Monika Lazar von Martin H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Liebe, verehrte Frau Lazar,
ich habe eine Frage zum Namensrecht:
Die jetzigen, teilweise byzantinisch komplizierten Regelungen dazu (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Namensrecht_%28Deutschland%29 ) stammen aus der Zeit des Obrigkeitsstaats, der Angst hatte, bei zu viel Namensvariabilität den Überblick über seine Untertanen zu verlieren.
In der heutigen Zeit aber gelten Werte wie Individualität, Kreativität und Selbstverwirklichung – und die rigide Namensgesetzgebung steht dem oft entgegen. Meine Tochter würde z.B. gerne einen Doppelnamen tragen, zusammengesetzt aus den Namen der beiden Eltern, als Ausdruck ihrer Identität – das darf sie aber nicht. Sie werden mir sicher zustimmen, dass das ein Unding ist.
In Großbritannien ist man da viel weiter – dort wird sogar "name meshing" (Vermischung der beiden Namen bei der Eheschließung, z.B. Pugh & Griffin, wird zu Puffin) jetzt zum romantischen Trend (siehe http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/namensaenderungen-britische-paare-mixen-ihre-nachnamen-a-868888.html ).
Gerade bei den GRÜNEN vermute ich viel Sympathie für mein Anliegen. Aber meine Frage ist: Kennen Sie konkrete Bestrebungen, die jetzige Gesetzgebung zu ändern? Gibt es in Ihrer Partei oder im Bekanntenkreis Politiker, die dies zu ihrem Anliegen gemacht haben?
Dies mag kein brennendes Problem unserer Gesellschaft sein, aber man könnte es durch mehr Liberalität sehr leicht lösen.
Besten Dank und schöne Grüße,
Ihr
Martin Haspelmath
Funkenburgstraße, Leipzig
Sehr geehrter Herr Haspelmath,
danke für Ihre Frage zum Namensrecht. Ich persönlich halte ein weitgehendes Namenswahlrecht für wünschenswert. Da ich aber keine Juristin bin und dieses Thema auch nicht zu meinen Arbeitsschwerpunkten zählt, habe ich mich bei unserer inhaltlich zuständigen Fachreferentin für Sie erkundigt.
In der grünen Bundestagsfraktion gibt es leider keine/n Abgeordnete/n, der/die hierzu eine Initiative plant oder verfolgt. Es wird so gut wie nie aus der Bevölkerung dazu nachgefragt. Sie schreiben selbst, dass es kein "brennendes Problem unserer Gesellschaft" darstellt. Da die Ressourcen unserer Fraktion begrenzt sind, steht es auch bei uns nicht im Fokus.
Vor längerer Zeit haben unsere Fraktionsjuristen mögliche Änderungen des Namensrechts einmal geprüft. Namen werden als schützenswertes, identitätsstiftendes Merkmal gesehen. Wenn ein Kind von jedem Elternteil den Namen nehmen und diese aneinanderreihen könnte, wäre es mit der Begrenzung schwierig. Denn wenn jeder Elternteil schon einen Doppelnamen hätte, würde das Kind dann einen Vierfachnamen führen. Um solche "Namensschlangen" zu vermeiden, muss jede Generation auf einen Namensteil verzichten. Ich bedaure, Ihnen keinen Erfolg in Aussicht stellen zu können. Glücklicherweise gibt es ja aber noch andere Möglichkeiten, sich miteinander verbunden zu fühlen, als durch den Familiennamen.
Viele Grüße
Monika Lazar