Frage an Monika Lazar von Jana M. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo Frau Lazar,
nachdem ich Ihre Meinungen zu verschiedenen Themen gelesen habe und feststellte, dass wir in vielem übereinstimmen, bleiben dennoch einige Fragen offen:
Warum stimmen Sie dem EU- Betritt der Türkei zu? Ich erinnere an das Blutbad, dass ein eifersüchtiger Mann bei einer Hochzeit erst vor ein paar Monaten anrichtete. Wie sieht es mit dem Denken außerhalb von Istanbul und anderen größeren Städten aus? Wenn die Türkei beitritt, dann sind alle beteiligt, auch die Leute, die Selbstjustiz ausüben. Ist der Weg dahin nicht erst zunächst durch Angleichung an ein westlicheres Denken und Handeln auf humanitärer Basis notwendig? Wie sollte das stattfinden?
Sie sind weiterhin für die Erhöhung der Hartz IV Regelsätze. Gleichzeitig auch für ein Grundgeld für jeden. Zweiteres finde ich auch besser. Wie sollte man bei erhöhtem ALG II Geld noch begründen, warum man dann im Vergleich zum NIchtarbeiter kaum mehr Geld zur Verfügung hat. Ich bin kein FDP- anhänger, aber der Satz stimmt, dass sich Arbeit lohnen muss. Bei jeglicher Ideologie meinem Job gegenüber will ich aber auch entsprechend eine Bezahlung erhalten, die mich von denjedniger unterscheidet, die ihn eben nicht machen, die nicht dafür studiert haben. Wie sehen Sie die Chancen, in der nächsten Legislaturperiode den Weg für eine Grundrente zu ebnen?
Als letztes noch zur Betreuungssitution der Kinder in Leipzig. Eine Katastrophe- sage ich aus der eigenen Erfahrung der letzten Monate. Der Run auf Krippenplätze ist eine Zumutung, ein garantiertes Krippenplatz ab evtl. 2012 nützt da auch nix. UNd das entstandene Elternportal ist eine Farce. Da konnte ich einen Platz reservieren, den es gar nicht gab. Wie kann die Situation verbessert werden? Mein Mann und ich gehen beide Vollzeit arbeiten und fragen uns jetzt schon, wie es wohl Ende nächsten Jahres mit einem Kitaplatz wird. Ein neuer wurde direkt bei uns gebaut, rein gekommen sind wir nicht. Die privaten Einrichtungen arbeiten weiter mit Warteliste. Wie ist eine Veränderung da denkbar?
Viele Grüße J. Möckel
Sehr geehrte Frau Möckel,
es freut mich zu lesen, dass wir in vielen Punkten übereinstimmen. Gerne lasse ich Ihnen meine Position zu Ihnen Fragen zukommen, vielleicht finden sich ja noch mehr Übereinstimmungen.
Die Erweiterungspolitik ist eines der erfolgreichsten friedenspolitischen Instrumente der Europäischen Union. Sie hat den Weg vieler Staaten in stabile Demokratien und funktionierende Marktwirtschaften maßgeblich unterstützt. Bisherige Erweiterungen haben unseren Erwartungen entsprochen: mehr Frieden und Freiheit, mehr Handel und Rechtssicherheit. Wir unterstützen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei; sie wurden einstimmig eröffnet und müssen fair und ehrlich geführt werden. Der Weg der Türkei in die Europäische Union trägt bei zu Stabilität und Frieden in der Region und zur Demokratisierung der Türkei. Privilegierte Partnerschaft ist keine Alternative, denn die hat die Türkei schon mit Zollunion (seit 1995) und Assoziierung (seit 1963).
Das von Ihnen angesprochen Blutbad in der Türkei hat auch mich sehr bewegt. Doch leider gibt es solche Vorfälle auch in Deutschland. Geben Sie in einer Internetsuchmaschine nur einmal das Stichwort „Familiendrama“ ein und Sie werden viele schlimme Fälle mit deutschen Opfern und Täterinnen und Tätern finden. Oftmals sind sie mit den Taten vergleichbar, die bei türkischstämmigen Täterinnen und Tätern als „Ehrenmorde“ chiffriert werden. Die Menschen in der Türkei und Deutschland sind meiner Meinung nach nicht derart verschieden, dass man nicht in einer Europäischen Union zusammen leben könnte.
Ich setze mich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein, weil nicht nur in Zeiten der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich wird, wie wichtig für unsere Gesellschaft eine soziale Absicherung ist, die Ängste und Unsicherheiten nimmt. Immer mehr Menschen werden in Deutschland langfristig vom Arbeitsmarkt und somit auch von den arbeitsmarktzentrierten sozialen Sicherungssystemen ausgeschlossen. Ein Umdenken in der Sozialpolitik wird notwendig, damit vielfältige Lebensentwürfe möglich sind. Es entstünden neue Spielräume für nützliche aber unbezahlte Arbeit: Zeiten der Weiterbildung, Projektarbeit, Familien- und Pflegezeit - also Tätigkeiten außerhalb des regulären Arbeitsmarktes müssen besser anerkannt und abgesichert werden. Mich überzeugt an einem Grundeinkommen die Autonomie also die Selbstbestimmung und die gleichzeitige universelle Absicherung gegen Armut. Wie auch immer ein Grundeinkommen zukünftig umgesetzt wird, Bedingungslosigkeit, Individualität der Ansprüche und eine Höhe, die gesellschaftliche Teilhabe ehrlich ermöglicht, sind für mich entscheidend. Ob und wie für die Umsetzung Möglichkeiten bestehen, entscheiden am 27. September die Wählerinnen und Wähler.
Um die Betreuungssituation in Kindertagesstätten zu verbessern, schlagen wir eine Reform der Wartelisten vor. Das Online-Portal der Stadt Leipzig hat zu viele Mängel. Unser Vorschlag ist, dass Eltern, die länger warten, bevorzugt einen Platz erhalten. Bei der Anmeldung über das städtische Online-Portal wird die Wartedauer bisher nicht berücksichtigt. Laut einem Bericht der Leipziger Volkszeitung ist außerdem nur die Hälfte der eingetragenen Kindertagesstätten freigeschaltet. Nach Angaben des Gesamtelternrates haben zahlreiche Kindertagesstätten Probleme, sich in das System einzutragen. Sie sollen technische Unterstützung erhalten.
Viele Grüße
Monika Lazar