Frage an Monika Lazar von Matthias M. bezüglich Familie
Sehr geehrter Frau Lazar,
Ich bin dauerhaft schwerbehindert und beziehe seit 2005 Erwerbsminderungsrente, übe aber meinen Beruf seitdem weiter (nun in Teilzeit) aus.
Leider mußte ich feststellen, das diese Erwerbsminderungsrente nur zeitweise für 18 Monate gewährt wird, danach muß man eine Fortzahlung jedesmal neu beantragen. Das mag noch angehen.
Aber für die ersten sechs Monate seit Erstantragstellung bekommt man gar keine Rentenauszahlung, auch keine Nachzahlung, auch wenn sämtliche Voraussetzungen für diese Rente schon erfüllt sind. Das finde ich sozial ungerecht und sollte schleunigst geändert werden!
Weiterhin habe ich feststellen müssen, dass man, sobald man auch nur einen Euro über die Hinzuverdienstgrenze verdient, sofort die halbe Erwerbsminderungsrente gestrichen bekommt.
Speziell in meinem Fall war es so, dass mein AG bei Beginn meiner Teilzeit mein Bruttogehalt genau auf die Teilzeit umrechnete, ich damit aber um 30 Euro über der Hinzuverdienstgrenze meiner Erwerbsmminderungsrente lag und mir damit 170 Euro Rente gestrichen wurden! Als Rentenneuling habe ich den "Fehler" leider nicht sofort bemerkt (so einen Rentenbescheid muß man erstmal deuten können!) und viel Geld eingebüßt. Für einen Behinderten sind 170 Euro im Monat eine Menge Geld!
Diese Regelung sollte auch so schnell wie möglich geändert werden, zum Beispiel bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze eine Verrechnung mit der Rente wie beim Arbeitslosengeld.
Meine eigentliche Frage ist quasi eigentlich eine Aufforderung, diesen "kleinen Ungerechtigkeiten" ein Ende zu setzen!
Wie stehen sie dazu und wie möchten sie sich dafür einsetzen, dass solche sozial ungerechten "Kleinigkeiten" aus den Gesetzbüchern verschwinden bzw. überarbeitet werden?
Danke im voraus für eine Antwort
M. Möller
Sehr geehrter Herr Möller,
vielen Dank für Ihre persönlichen Schilderungen und Fragen, auf die ichgern ein gehe.
Es freut mich, dass Sie trotz Ihrer Schwerbehinderung weiterhin am Arbeitsleben teilnehmen können. Durch die Kombination aus Erwerbsminderungsrente und Teilzeitgehalt ist dies für Sie finanziell machbar. Das ist für Bündnis 90/Die Grünen wichtig, deshalb hatten wir damals unter rot-grüner Regierungsbeteiligung den Zugang zur Erwerbsminderungsrente auch erleichtert.
Gleichzeitig sind wir aber der Ansicht, dass die Rente nicht ohne Zwischenprüfung lebenslang gezahlt werden soll. Denn viele Menschen mit Behinderungen möchten gern am Arbeitsmarkt integriert bleiben oder wieder Zugang dahin finden. Wir wollen, dass die Wirtschaft sich diesem Anspruch stellt und mehr Möglichkeiten zur dauerhaften und individuellen Förderung der behinderten Menschen schafft, anstatt sich auf deren Rente zu berufen und selbst aus der Verantwortung zu stehlen.
Hinzu kommt, dass sich manchmal im Laufe der Zeit auch der Gesundheitszustand wieder bessert, so dass eine Rente nicht mehr gerechtfertigt ist. Natürlich verstehe ich, dass für dauerhaft Schwerbehinderte ohne Aussicht auf Änderung die erneute Antragstellung nach 18 Monaten ein erhöhter Aufwand ist. Aber der Gesetzgeber hält dies für zumutbar und möchte nicht durch allzu komplizierte Ausnahmeregelungen das gesamte Verfahren erschweren.
Zur Regelung, dass in den ersten sechs Monaten nach Erwerbsminderung keine Rente gezahlt wird, möchte ich Ihnen die Hintergründe darlegen. Das ist nicht unsozial, da in dieser Zeit die Betroffenen Geld aus anderen Töpfen erhalten. Wenn jemand dauerhaft krank ist, übernimmt zuerst der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung für sechs Wochen. Danach bezahlt die Krankenkasse 6 Monate Krankengeld (80 Prozent des bisherigen Gehaltes). Erst dann wird unter Umständen der Person nahegelegt, eine Rente zu beantragen. Bis das Genehmigungsverfahren für die Rente erfolgt ist, bezahlt die Rentenversicherung eine vorläufige Rente. Das Krankengeld für 6 Monate ist eine Lohnersatzleistung. Es soll wie die Rente verhindern, dass jemand unverschuldet in wirtschaftliche Not gerät. Doppelt gezahlt wird aber nicht, also die Rente im Nachhinein und das Krankengeld.
Eine Rentenkürzung beim Hinzuverdienst finden wir vom Prinzip her völlig logisch. Dem liegt das Prinzip zugrunde, dass niemand Kapital daraus schlagen darf, Erwerbsminderungsrente zu erhalten und dann evtl. noch sehr viel dazu zu verdienen. Sonst würden Fehlanreize geschaffen. Man kann auch Teilerwerbsminderung beantragen. Dann ist die Rente zwar niedriger, aber es darf auch mehr hinzuverdient werden. Grundsätzlich empfehle ich, sich beim eigenen Antragsverfahren zur Erwerbsminderung individuell beraten zu lassen, wie viel man trotz Erwerbsminderung ohne Nachteile zusätzlich verdienen darf. Das erspart einem unliebsame Überraschungen, wie es bei Ihnen leider der Fall war.
Für die Zukunft wünsche ich Ihnen viel Kraft, weiterhin eine gute Integration im Arbeitsleben sowie eine kompetente, persönliche Beratung in den zuständigen Behörden!
Mit freundlichen Grüßen
Monika Lazar