Wie genau sieht Ihr nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit aus?
Sehr geehrte Frau K.,
Wohnungs- und Obdachlosigkeit hat sehr unterschiedliche Ursachen. Daher müssen verschiedene Instrumente zur Bekämpfung eingesetzt werden.
Vor allem müssen die Menschen grundsätzlich soviel Einkommen haben, dass sie davon auch die Miete zahlen können. Der Mindestlohn ist da ein wichtiger Schritt gewesen, zielführend wäre sicherlich auch die Einführung eines Grundeinkommens.
Ein Problem, besonders in den Großstädten sind die steigenden Mieten. Daher müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Mieten bezahlbar werden zu lassen. Vorkauf, genossenschaftliches Wohnen, Mietenbremse, Verbot von Umwandlung in Eigentum, Mietendeckel, Enteignung, Neubau von bezahlbaren Wohnungen, Wohnberechtigungsscheine etc. alles muss genutzt werden, damit der Spekulation und der Renditeerwartung Einhalt geboten werden kann. Ich persönlich finde, dass es auch Unterstützung und Beratung geben muss, wie Menschen z.B. WGs gründen können, damit sie erstens nicht vereinzelt leben müssen und zweitens sich auch die Miete teilen können.
Wir brauchen mehr Anlaufstellen, die Menschen beraten und ihnen helfen, die bereits Mietschulden haben bzw. davon bedroht sind.
Es sollte auch ein Zwangsräumungsverbot von Familien geben. Inzwischen haben wir tausende Kinder, die in Wohnungsloseneinrichtungen leben müssen, weil die Familie die Wohnung verloren hat.
Für Menschen, die bereits wohnungslos sind, gilt es das - in Berlin recht erfolgreiche - Projekt Housing-First weiter auszubauen.
Obdachlosigkeit muss mit deutlich mehr Straßensozialarbeit begegnet werden, um die betroffenen Menschen langsam wieder von der Straße holen zu können. In Berlin wird diesbezüglich das Konzept Safe Place diskutiert. Nachtplätze und Tageseinrichtungen für Obdachlose müssen in den Großstädte stark ausgebaut werden, die Angebote reichen bei weitem nicht aus.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Herrmann