Frage an Monika Grütters von Kanstansin K. bezüglich Recht
geeehrte Frau Grütters,
werden Hassreden nicht generell verfolgt? Jose Joffee hat im WDR-Presseclub, der in der ARD, bei Phoenix und WDR5 läuft, am 24.01.2017 auf die Frage nach einem Ausweg aus der "Trump-Katastrophe" gesagt: " Mord im Weißen Haus zum Beispiel". Siehe diesen Kurzbeitrag von 1 1/2 Minuten: https://www.youtube.com/watch?v=QlzU5zFkeco Ist das Ihrer Meinung nach noch in Ordnung, ist das Meinungsfreiheit oder eine Hass-Rede? Was wäre los, wenn man so etwas Unmenschliches gegen Flüchtlinge, Frau Merkel, oder Herrn Steinmeier fordern würde? Ist so etwas nicht immer daneben, egal wen es betrifft?
Wie Sie diesem Link entnehmen können, hat ein Mitarbeiter von Herrn Böhmermann gehofft, dass eine Wahlfrau der schwangeren Frau Petry bei der Bundespräsidentenwahl um boxt:
http://www.huffingtonpost.de/2017/02/13/hoffe-sie-boxt-petry-um-bohmermann-mitarbeiter-sorgt-mit-geschmacklosem-tweet-fur-wirbel_n_14717802.html
Ist das in Ordnung?
Mit freundlichen Grüßen
Kanstansin Kavalenka
Sehr geehrter Herr Kavalenka,
festhalten möchte ich zunächst, dass die freie Rede und die Meinungsfreiheit für das Funktionieren eines liberalen und demokratischen Gemeinwesens unverzichtbar sind. Unsere Gesellschaft hat dabei auch solche Meinungen zu dulden, die wenig opportun erscheinen, als politisch unkorrekt gelten oder gar offen zum Widerspruch herausfordern. Die Grenze der Meinungsfreiheit ist jedoch dort überschritten, wo unmittelbar zu Gewalt aufgerufen wird oder Menschen bedroht oder beleidigt werden. Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenzen im Recht und in der Würde des Anderen.
Über eine mögliche Strafbarkeit in den von Ihnen genannten Fällen haben Gerichte zu entscheiden. Wichtig mag in diesem Zusammenhang der Hinweis sein, dass es keinen Straftatbestand der „Hassrede“ gibt. Hassreden und –kommentare können unter die Straftatbestände der Beleidigung (§ 185 StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) fallen. Um ein gesellschaftlich nicht akzeptiertes Verhalten zu sanktionieren, sollte das Strafrecht aber meiner Meinung nach das letzte Mittel sein. Im Fall des Böhmermann-Mitarbeiters Huber gab es erheblichen Widerspruch und viel Kritik an seinen Äußerungen. Diese erreichen oftmals bereits das Ziel, das ungewünschte Verhalten zu sanktionieren.
In jedem Fall kann das richtige Vorgehen gegen Hass in den sozialen Medien nicht mehr allein an runden Tischen oder in wohlfeilen Appellen erschöpfend behandelt werden. Es kann auch nicht darin bestehen, dass private Organisationen eine Art Wächterfunktion erhalten und in staatlichem Auftrag bestimmen, welche Meinung akzeptabel ist oder nicht. Es sind vielmehr Staatsanwaltschaften und Gerichte sowie die Betreiber der Netzwerke selbst, die jetzt deutlich in der Pflicht stehen. Staatsanwaltschaften und Gerichte kümmern sich bereits deutlich stärker um Verurteilungen wegen Aufrufs zu Straftaten, Volksverhetzung, Holocaustleugnung oder Beleidigung. Das entlässt aber die Betreiber sozialer Medien nicht aus ihrer Pflicht. Im Gegenteil: Wenn die Betreiber der Seiten ihrer Pflicht zur Löschung nicht unmittelbar nachkommen, dann dulden sie mittelbar die auf ihren Seiten begangenen Rechtsverletzungen. Sie sind daher in der Pflicht – das werden wir auch gesetzlich regeln –, schneller zu löschen. Sie sollen keine Chance mehr haben, sich hinter Gerichtsständen im Ausland zu verstecken. Die Demokratie braucht im Interesse eines funktionierenden Gemeinwesens auch hier eine klare rechtliche Regelung.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters MdB