Frage an Monika Grütters von Swantje B. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Grütters,
warum dürfen in Deutschland immer noch keine Frauen Pfarrerinnen in der katholischen Kirche werden? Das ist doch meines Erachtens nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und erst recht nicht zeitgemäß. Weshalb gibt es im kirchlichen Bereich keine Regelungen, die eine solche Diskriminierung von Frauen unterbinden? Gilt das Grundgesetz nicht für die Kirche?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Herzliche Grüße, Swantje Bastin
Sehr geehrte Frau Bastin,
vielen Dank für Ihre Frage. Grundsätzlich ist zu beachten, dass das Grundgesetz die Religionsfreiheit als eines der wichtigsten menschlichen Freiheitsrechte würdigt. Das Grundgesetz bringt dies zum Ausdruck, indem es der Religionsfreiheit mit §4 einen eigenen Artikel widmet. Weitere Elemente, die das Verhältnis von Kirche und Staat bestimmen, sind dann im Artikel 140 des Grundgesetzes festgelegt. Hierbei haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes die Artikel 136-139 sowie 141 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) zum Bestandteil des Grundgesetzes erklärt.
In diesen Artikeln wird die grundsätzliche Trennung von Kirche und Staat festgehalten, wobei sich beide weiterhin als Partner verstehen und dementsprechende Übereinkünfte treffen. Der für Ihre Frage wesentliche Aspekt des Rechtsverhältnisses von Kirche und Staat findet sich dann im Artikel 137 der WRV.
In §137 WRV wird das kirchliche Selbstbestimmungsrecht festgelegt: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“
Sie sehen, dass den Kirchen in Deutschland vor diesem Hintergrund große Freiheit bei der Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten eingeräumt wird. Dass die Kirche dabei völlig autark agieren könnte, wird durch die Auflage verhindert, dass sie nur „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“ wirken dürfe. Hier mag man nun einwenden, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine solche Schranke sei. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass das AGG in den Artikeln 9 und 20 die besondere Bedeutung von Glaubensfragen bei beruflichen Positionen innerhalb der Religionsgemeinschaften anerkannt und eine so begründete Ausnahme von der Anwendung der Regeln des AGG für legitim erklärt hat.
Hinsichtlich der konkreten Frage der Ordination von Frauen in der katholischen Kirche muss fairerweise darauf hingewiesen werden, dass dem Verbot der Ordination eine glaubensbasierte Argumentation zu Grunde liegt, die sich nicht unwesentlich auf die Tatsache bezieht, dass Jesus Christus ausschließlich Männer als Apostel berufen hat. Die daraus über Jahrhunderte gezogenen Konsequenzen für die kirchlichen Strukturen (dem Verbot der Ordination) sind in diesem Sinne nur der gläubigen Vernunft zugänglich und müssen daher staatlicherseits akzeptiert werden.
Zur Frage, ob das Verbot der Ordination von Frauen als Konsequenz aus der Glaubensgeschichte ableitbar ist, gibt es seit Jahren angeregte theologische Diskussionen innerhalb der katholischen Kirche. Sowohl unter Laien als auch an den katholischen Fakultäten ist hierzu eine Debatte im Gang. Viele Katholiken sehen in einer möglichen Ordination von Frauen inzwischen keinen Konflikt mehr mit ihrem Glauben.
Als praktizierende Katholikin bin ich daher der Meinung, dass diese Frage, die glaubensrechtliche Grundsätze berührt, von den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft selbst im Dialog miteinander entschieden werden - und nicht vom Staat oktroyiert werden sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters