Frage an Miro Berbig von Christine K. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Kandidatinnen und Kandidaten,
spätestens seit Geburt meiner Tochter bin ich eine sehr aufmerksame und bewusste Konsumentin geworden. Mir missfällt schon seit sehr langer Zeit die inflationäre Verwendung von sogenannten Gütesiegeln. Als Verbraucher verliert man die Übersicht über all diese Siegel. Ich behaupte nur die wenigsten wissen Bescheid, was sich hinter den Siegeln an "Qualitätskriterien" verbirgt. Gefühlt ist mit der Etablierung der Bio-Produkte, eine neue Dynamik in der Neueinführung von Gütesiegeln entstanden.
Ein heutiger Beitrag im NDR Magazin "Markt" zu dem DLG-Gütesiegel bestätigt meine Einstellung hierzu. Hier versucht die Lebensmittelindustrie mit diesem Siegel den Produktverkauf anzukurbeln. Über 90 % aller eingereichten Artikel erhalten dieses Siegel und bei einer Straßenbefragung gaben erschreckend viele an, dass Produkt mit dem DLG Siegel bewussst zu bevorzugen.
Mich würde interessieren wie sie als Kandidat/in zu diesen Gütesiegeln stehen? Halten Sie eine strengere gesetzliche Vorgabe für Gütesiegel für erforderlich? Wie können der Verbraucherschutz und die Verbraucherinteressen in diesem Bereich verbessert werden? Was tun sie dafür, dass die Wirtschaft die Verbraucher nicht für dumm verkaufen kann?
Mit freundlichen Grüßen
Christine Kupfer
Sehr geehrte Frau Kupfer,
vielen Dank für ihre Frage und ein zaghafter Versuch einer Entschuldigung, das die Antwort erst so spät kommt.
Verbraucherschutz ist für die LINKE ein Bürgerrecht!
Ich kann ihre Verunsicherung gut verstehen, bei der Vielzahl an "Gütesiegeln" fällt die Orientierung mehr als schwer. Sowohl die Bundes- als auch die Landtagsfraktion haben hierzu klar Stellung genommen.
"Unter einem wirksamen Verbraucherschutz versteht die DIE LINKE, dass alle Menschen überall Zugang zu Beratungs- und Informationsangeboten haben und Produkte sowie Dienstleistungen verständlich gekennzeichnet sind. Damit die Menschen selbstbestimmte Entscheidungen treffen können, benötigen sie ein miteinander gekoppeltes Angebot an Information und Beratung mit konkreten Hilfestellungen. Dafür sind handlungsfähige und finanziell gut ausgestattete Verbraucherorganisationen nötig, die sich beispielsweise für die Durchsetzung kollektiver Verbraucherrechte einsetzen. Die Bundesregierung reduziert Verbraucherinnen und Verbraucher dagegen auf bloße Marktteilnehmer, die sich nur genügend über Produkte und Dienstleistungen informieren müssen und auf dieser Basis ihre Entscheidungen treffen. Die Wirtschaft soll nicht in die Verantwortung genommen werden. Damit zieht sich die Bundesregierung aus ihrer Verantwortung. Aufgaben staatlicher Regulierung und unternehmerische Verantwortung werden unter dem Stichwort vom „mündigen Verbraucher“ einseitig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher verlagert - ohne diese mit entsprechenden Rechten auszustatten. So verfehlt beispielsweise das Verbraucherinformationsgesetz der Bundesregierung mit seinen umfassenden Informationsbeschränkungen aus unserer Sicht die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher auf notwendige Informationen über Waren des täglichen Bedarfs." (BTF, http://linksfraktion.de/themen/verbraucherpolitik/ )
Das bedeutet ganz konkret, das wir uns in Schleswig-Holstein gegen die Kürzungen bei der Verbraucherzentrale eingesetzt haben. Da fängt die Schuldenbremse schon an zu wirken, Verbraucherschutz wird hier fahrlässig dem Spardiktat geopfert. Weiter setzen wir uns für die Änderung des 2007 in Kraft getretenen Verbraucherinformationsgesetzes VIG ein, um die Rechte des Verbrauchers zu stärken. Wir fordern hier:
• Das VIG ist auf Dienstleistungen wie Altersvorsorge, Kreditverträge, Bankberatungen oder Gesundheitsleistungen auszuweiten.
• Privatwirtschaftliche Unternehmen müssen zur direkten Auskunft gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern verpflichtet werden.
• Namen von Produkten, Herstellern und Händlern sind zu nennen. Die Ausnahmen hiervon sind eindeutig zu beschreiben und auf ein Minimum zu reduzieren. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind zu begründen.
• Die Bearbeitungsfristen sind zu verkürzen. Die Behörden müssen aktiv und aktuell über gesundheitsgefährdende Produkte und Erzeugnisse informieren, d.h. eine Anfrage von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist dafür nicht erforderlich.
• Behörden müssen alle Kontrollergebnisse veröffentlichen, auch solche, die nicht gegen Gesetze wie Schadstoff-Grenzwerte verstoßen. Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht zu erfahren, wie hoch generell die Schadstoffbelastung von Produkten ist.
• Die Anfragen von Verbraucherinnen und Verbrauchern müssen kostenlos bearbeitet werden bzw. die Kosten für größere Anfragen gedeckelt werden. Die Anfragen müssen mündlich und anonym möglich sein.
Ich hoffe, ihnen hiermit einen kleinen Einblick in die Verbraucherrechtepolitik unserer Partei geben konnte. Mehr finden Sie unter anderem auch auf den Seiten der Bundestagsfraktion. ( http://linksfraktion.de/themen/verbraucherrechte/ , http://linksfraktion.de/themen/verbraucherinformationsgesetz/ )
FREI LEBEN, SOZIAL WÄHLEN!
Miro Berbig