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Mira Kaizl
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Frage von Corina B. •

Liebe Mira, auf einem Wahlplakat der MLPD heißt es „Befreiung der Frau“. Mir gefällt die Formulierung nicht, da sie die Frau wieder zum Objekt macht. Wie ist das gemeint, bzw. wie ist Deine Haltung?

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Antwort von
MLPD

Liebe Corina,

ich freue mich sehr über dein Feedback zu unserem Plakat „Für die Befreiung der Frau!“.

Ich finde ja, dass sich das Plakat wohltuend abhebt vom Wahlkampf der etablierten Parteien, wo es beim Thema Frauenpolitik fast nur noch um geschlechtergerechte Sprache oder Frauenquoten in Konzernvorständen geht. Als hätte die Masse der Frauen keine anderen Probleme! Im Schnitt verdienen Frauen immer noch 21 % weniger als Männer. Gewalt ist für viele Frauen alltägliche Realität: Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau ermordet. In der Corona-Krise zeigt sich die besondere Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen wie in einem Brennglas: Beschulung, Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen wird auf die Einzelfamilie abgewälzt.

Die MLPD fordert eine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter – nicht nur auf dem Papier, sondern im ganzen gesellschaftlichen Leben. Wir müssen dazu den Ursachen der Ungleichheit an die Wurzel gehen. In unserem Parteiprogramm steht dazu: „Das gesellschaftliche Leben ist vollständig dem Prozess der Maximalprofit bringenden Produktion und Reproduktion von Waren unterworfen. Während der Prozess der Lebensmittelproduktion vergesellschaftet ist, wird die Erhaltung und Fortpflanzung der Gattung Mensch weitgehend der Einzelfamilie privat auferlegt. Auf diesem Widerspruch beruht die gesellschaftliche Ungleichheit von Mann und Frau im Kapitalismus. Die vorherrschende ökonomische Abhängigkeit vom Mann, die hauptsächliche Verantwortung für Hausarbeit und Familienführung, die Ketten der bürgerlichen Moral und der Religion sowie der weit verbreitete Sexismus und häusliche Gewalt bilden ein System der besonderen Unterdrückung der Frau in der kapitalistischen Gesellschaft.“ (S. 32)

Mit der Forderung nach Befreiung der Frau steht die MLPD z.B. in der Tradition von Clara Zetkin. Die deutsche Sozialistin wandte sich Ende des 19. Jahrhunderts gegen Stimmen in der Arbeiterbewegung, welche ein Verbot der Fabrikarbeit für Frauen forderten. Sie erklärte, dass dies für die Arbeiterinnen wieder die Verbannung an den heimischen Herd und wirtschaftliche Abhängigkeit bedeutet hätte. Aus dem Problem der geringeren Bezahlung der Frauen zog sie die Konsequenz, dass sich die Frauen, denen es „mit dem Wunsch ihrer Befreiung ernst ist, sich der Sozialistischen Arbeiterpartei anschließen“ sollten. Auch die Frauenbewegung der 1970er Jahre, welche u.a. gegen die Kriminalisierung von Abtreibungen durch den Paragraphen 218 StGB zu Felde zog, berief sich auf die Befreiung (bzw. „Emanzipation“) der Frau.

Heute ist die „Befreiung der Frau“ weitgehend aus dem Sprachgebrauch von bürgerlichen Politikern und Medien verschwunden. Manche jüngere Leute haben deshalb bei unserem Plakat das Bild einzelner Frauen vor Augen, die passiv auf einen „Befreier“ warten. Geht es dir ähnlich und meinst du deshalb, dass die Forderung die Frauen zum „Objekt“ mache? So ist das natürlich nicht gemeint! Die jüngsten Frauenproteste gegen Trumps Politik in den USA und das Abtreibungsverbot in Polen haben einmal mehr gezeigt, dass die Frauen der Welt ihre Befreiung durchaus selbst in die Hand nehmen.

Die MLPD fördert mit ganzer Kraft eine kämpferische, überparteiliche Frauenbewegung, die Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten umfasst und international zusammenarbeitet. Die Befreiung der Frau ist nicht nur Frauensache, sondern gehört ins Programm jeder revolutionären und fortschrittlichen Organisation oder Einzelperson. Sie ist eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe im Sozialismus. Friedrich Engels sagte schon vor 150 Jahren „Die Gesellschaft kann sich selbstredend nicht befreien, ohne dass jeder einzelne befreit wird.“