Frage an Mike Nagler von Johannes M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Nagler,
der Flughafen Halle/Leipzig hat in den vergangenenen Jahren eine sehr spezielle Entwicklung genommen. Zum einen ist da die Ansiedlung großer Logistikfirmen wie DHL, zum anderen wurden über den Flughafen große Truppenkontingente der US-Armee in die Einsatzgebiete (u.a. nach Afghanistan) geschickt. Die dadurch gestiegenen Flugzahlen bedeuten für viele Anwohner mehr Fluglärm. Deshalb meine Fragen:
1.) Wie positionieren sie sich zum Nachtflugverbot, speziell mit Blick auf Firmen wie DHL und - wohl bald auch in Leipizg - FedEx?
2.) Wie beurteilen Sie die militärische Nutzung des Flughafens.
3.) Was muss Ihrer Meinung beim Thema Lärmschutz getan werden bzw. wird da bereits genug getan?
4.) Der Flughafen wurde mit großen Mengen Steuergelder errichtet, zahlt selbst aber so gut wie keine Steuern. Soll das so bleiben?
Vielen Dank für Ihre Mühen.
Sehr geehrter Herr Mackenroth,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gern beantworte.
1.) Wie positionieren sie sich zum Nachtflugverbot, speziell mit Blick auf Firmen wie DHL und - wohl bald auch in Leipizg - FedEx?
Ich halte ein Nachtflugverbot für richtig und wichtig. Ich habe in der Vergangenheit an diversen Veranstaltungen und Demonstrationen zum Thema Nachtflugverbot am Flughafen Halle/Leipzig teilgenommen und mir darüber hinaus mehrfach auch selbst ein Bild von der Situation vor Ort gemacht. Gerade nachts sind die lauten, weil oftmals auch veralteten Maschinen ein großes Problem, das massive gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen mit sich bringt. Wichtig ist daher eine schnelle Anpassung der existierenden Gesetze (Fluglärmgesetz und untergeordnete Regelwerke) an die wissenschaftlichen Befunde und die Entschließungen z.B. des Deutschen Ärztetages. Dafür setze ich mich seit langem ein. Es ist bekannt, dass die durch Fluglärm verursachten gesundheitlichen, aber auch sozialen Folgen von den Vertretern der Flughäfen, aber auch von verantwortlicher politischer Seite nach wie vor heruntergespielt oder komplett ignoriert werden. Darüber hinaus bin ich generell der Ansicht, dass alle den Flugbetrieb betreffenden Gesetze und Regelungen derart gestaltet sein müssen, dass der Schutz der Bevölkerung Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen hat. Es geht mir also nicht darum, Firmenansiedlungen wie DHL (oder wahrscheinlich demnächst FedEx) zu verhindern oder wirtschaftlich unrentabel zu machen. Worum es mir aber sehr wohl geht, ist ein Flughafen, der in der Region angesiedelt ist und von dieser nicht als Belastung, sondern als Bereicherung empfunden wird. Weitere Lärmschutzmaßnahmen sowie ein Nachtflugverbot halte ich hierfür unverzichtbar.
2.) Wie beurteilen Sie die militärische Nutzung des Flughafens.
Ich bin ein Gegner jeglicher militärischen Nutzung des Flughafens Halle/Leipzig. Seit Mai 2006 wickeln die amerikanischen Streitkräfte über den Flughafen einen Teil ihres Truppenaustauschs im Irak und Afghanistan ab. Zwischenzeitlich war jeder vierte Passagier des Flughafens ein amerikanischer Soldat! Die Gesamtzahl der von dort in Kampfeinsätze entsandten Soldaten beträgt inzwischen mehrere Hunderttausend! Auch wenn die Zahlen seit einiger Zeit sinken, so besteht das Problem der militärischen Nutzung doch nach wie vor. Nicht nur werden durch den Flughafen Soldaten ein- und ausgeflogen, sondern auch Rüstungs- und Waffentransporte in die Krisenregionen der Welt gebracht. Die Sächsische Landesregierung wie auch die damals verantwortlichen Bundesminister Jung und Tiefensee haben eine militärische Nutzung des Flughafens lange Zeit abgestritten und damit die Bürgerinnen und Bürger belogen. Zwar ist die Wahrheit inzwischen bekannt, jetzt muss es aber darum gehen, dass die militärische Nutzung des Flughafens aufhört.
3.) Was muss Ihrer Meinung beim Thema Lärmschutz getan werden bzw. wird da
bereits genug getan?
Kurz gesagt: es muss noch eine ganze Menge getan werden. Während das Fracht-Geschäft durch DHL und Co. boomt, wird der Lärmschutz geradezu stiefmütterlich behandelt und von den Flughafen-Verantwortlichen am liebsten totgeschwiegen oder, wenn sie nicht anders können, schöngeredet. Sachsen hat bundesweit die geringsten Standards, was aktive Lärmschutzmaßnahmen betrifft. Der 115. Deutsche Ärztetag hat auf Basis verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen festgestellt, dass Fluglärm krank macht und schwerwiegende soziale Einschränkungen mit sich bringt. Der Ärztetag hat deshalb gefordert, "die Bevölkerung in Deutschland nachhaltig und umfassend vor den Folgen des Flugverkehrs durch Flugzeugabgase und Lärmemissionen zu schützen". Den daraus resultierenden Forderungen kann ich mich nur anschließen. Diese besagen u.a., dass die "Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Studien in den Gesetzen abgebildet werden" müssen, weshalb das Fluglärmgesetz sowie die untergeordneten Regelwerke kurzfristig so zu überarbeiten sind, "dass aktuelle wissenschaftliche Evidenz berücksichtigt wird". Die Grenzwerte im Fluglärmgesetz müssen deshalb abgesenkt werden, denn sie sind, wie die Ärztevertreter schreiben, "deutlich zu hoch" und stehen in einem "offensichtlichen Widerspruch zur vorhandenen Evidenz aus nationalen wie internationalen Studien". Was nun den Flughafen Halle/Leipzig konkret betrifft, so wäre zunächst ein Start- und Landeverbot für die alten und besonders lauten Antonow-Flugzeuge geboten. Diese Flugzeuge sind aber nicht nur lärmintensiv, sondern die reinsten Dreckschleudern, d.h. sie belasten die Bevölkerung auch extrem mit Emissionen. Sogar auf dem Flughafen Moskau dürfen sie deshalb seit einiger Zeit nicht mehr starten und landen.
4.) Der Flughafen wurde mit großen Mengen Steuergelder errichtet, zahlt selbst aber so gut wie keine Steuern. Soll das so bleiben?
Klares Nein! Fakt ist, dass der Flughafen bereits deutlich über eine Milliarde Euro an Steuergeldern gekostet hat, selbst aber keine Steuern zahlt. Das muss geändert werden. Dafür setze ich mich ein. Der Flughafen sollte weit mehr als die bisherige Grundsteuer (an die Stadt Schkeuditz) zahlen, bisher sind es nur wenige hunderttausend Euro im Jahr. Auch eine Körperschaftssteuer sollte hier erhoben werden. Bisher hat der Flughafen diese nur einmal gezahlt. Das war 1990 und geschah aus Versehen. Das Geld - insgesamt 22.000 Euro - wurde dann auch vom Flughafen zurückgefordert. 1991 bekam es dann auch zurück. Seitdem zahlt er Jahr für Jahr Null Euro Körperschaftssteuer. Das muss ein Ende haben!
Mit freundlichen Grüßen,
Mike Nagler