Dr. Michael Stöhr: Was Europa jetzt braucht.
Michael Stöhr
ÖDP
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Frage von Adrian H. •

Eine Frage zur Energieversorgung: Reichen die Flächen in Deutschland aus, um Deutschland zu 100% aus erneuerbaren Energien zu versorgen?

Dr. Michael Stöhr: Was Europa jetzt braucht.
Antwort von
ÖDP

Alleine die Dach- und Fassadenflächen von Gebäuden reichen aus, um mit Photovoltaikanlagen die Hälfte des aktuellen Primärenergieverbrauchs Deutschlands von etwa 3.500 TWh pro Jahr für Strom, Wärme/Kälte, Mobilität und chemische Grundstoffe zu decken. Es würden dann jedoch gigantische Energiespeicher benötigt, weshalb eine 100% Photovoltaikversorgung nicht sinnvoll ist. Der Speicherbedarf kann insbesondere durch Kombination von Photovoltaik mit Windenergie, die eher nachts und eher im Winter zur Verfügung steht, deutlich reduziert werden.

Die ÖDP strebt darum eine 100% erneuerbare Energieversorgung Deutschlands und der EU aus einem Mix überwiegend heimischer Quellen, d.h. mit nur wenigen Importen von grünem Wasserstoff, E-Fuels u.a. an. Diese soll bis 2030 erreicht werden. Kostenoptimal ist eine weitgehend dezentrale Versorgung, bei der der größte Teil der Energieversorgung in Regionen erfolgt. Die ÖDP fordert, die Energieversorgung weitgehend in die Hände von Bürgerinnen und Bürgern, von Landwirten, Energiegenossenschaften sowie kommunalen und Stadtwerken zu legen. Damit wird günstig Energie erzeugt und regional Wertschöpfung geschaffen, Einkünfte kommen vielen zugute, nicht nur wenigen großen Energieversorgern, das ist sozial. Eine dezentrale Versorgung ist auch eine passive Form der Landesverteidigung, da der Aufwand zu ihrer Zerstörung abschreckend hoch ist.

Durch eine umfassende Mobilitätswende und Kreislaufwirtschaft sowie durch energetische Sanierung von Gebäuden, Suffizienz und Effizienz kann der Primärenergiebedarf gesenkt werden, vor allem jedoch durch technologische Veränderungen: (1) Photovoltaik- und Windkraftanlagen haben erheblich geringere Energieverluste als Kohle- und Gaskraftwerke, (2) Wärmepumpen erschließen bislang kaum genutzte Umweltwärme und (3) Elektromotoren sind 3-4mal effizienter als Verbrennungsmotoren. Nutzt man all diese Möglichkeiten, kann der Primärenergieverbrauch Deutschlands von aktuell etwa 3.500 TWh pro Jahr auf 2.000 TWh pro Jahr gesenkt werden, auch wenn noch nicht jede Gasheizung und jedes Auto mit Verbrennungsmotor stillgelegt wurden.

Dieser Energiebedarf kann ohne Importe gedeckt werden, wenn z.B.

  • auf 2% der Fläche Deutschlands Windkraftanlagen verteilt werden,
  • auf 2% der Fläche Deutschlands Photovoltaikfreiflächen- und Agri-PV-Anlagen errichtet werden (unter den Windkraftanlagen oder auf anderen Flächen),
  • auf See 70 GW Windkraftanlagen errichtet werden, wie aktuell von der Bundesregierung vorgesehen,
  • auf einem Sechstel der geeigneten Dach- und Fassadenflächen oder sonstigen versiegelten Flächen insgesamt etwa 400 GW Photovoltaikanlagen errichtet werden, also etwa das Fünffache der aktuell installierten Leistung und
  • Biomasse, Solarthermie, Wasserkraft und Tiefengeothermie weitere, aber geringe Beiträge zur Energieversorgung leisten.

Aus Gründen des Arten-, Boden- und Wasserschutzes möchte die ÖDP den Anbau von Energiepflanzen begrenzen und auf ökologischer gestalten (weniger Mais etc.). Dadurch alleine wird mehr als die 3% Ackerfläche (1% der Fläche Deutschlands) frei, auf der neben neuen Büschen und Hecken auch Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Kombination mit neuen Biotopen errichtet werden können, wobei erheblich mehr Energie erzeugt wird als zuvor durch Anbau von Energiepflanzen.

Auf Dächern, Fassaden und sonstigen versiegelten Flächen sollten langfristig noch mehr Photovoltaikanlagen errichtet werden, bis 2030 ist dies jedoch illusorisch, Kosten und Aufwand sind bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen deutlich geringer.

Das Energiekonzept im Programm der ÖDP

Der programmatische Rahmen für das Energiekonzept der ÖDP ist in Kap. 1.2 des Bundespolitischen Programms festgelegt:

https://www.oedp.de/programm/bundesprogramm

Ich habe seine Begründung und eine mögliche Ausgestaltung in folgendem Artikel genauer beschrieben:

https://www.oekologiepolitik.de/2022/11/27/energieversorgung-dezentral-erneuerbar-gemeinschaftlich/

Kommende Vorträge zum Energiekonzept der ÖDP

Das Energiekonzept erläutere ich auch in zahlreichen Vorträgen. Die nächsten sind:

Mittwoch, 15. Mai, 19:30-21:30 Uhr, Hotel Henry, Dachauer Str. 1, 85435 Erding
Vortrag zum Thema "Erneuerbare Energien und Klimaschutz: eine Chance für die Landwirtschaft!", Wahlveranstaltung des ÖDP Kreisverbands Erding
https://www.oedp-erding.de/.../der-oedp-spitzenkandidat…

Donnerstag, 16. Mai, 19:30 Uhr, Kath. Gemeindezentrum, Tscheulinstr. 16a, Köndringen bei Freiburg, Vortrag zum Thema "Erneuerbare Energien und Klimaschutz: eine Chance für die Landwirtschaft!", Wahlveranstaltung des ÖDP Kreisverbands Emmendingen
https://www.oedp-emmendingen.de/.../erneuerbare-energien...

Mittwoch, 22. Mai, 20-22 Uhr, Café Moritz, Rotkreuzstr. 9, 86807 Buchloe
Vortrag zum Thema "100% Erneuerbare Energie sind möglich, sozial und wirtschaftlich", Wahlveranstaltung des ÖDP Kreisverbands Ostallgäu/Kaufbeuren
https://www.oedp-schwaben.de/.../vortrag-100-erneuerbare...