Frage an Michael Stanglmaier von Benjamin B. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Michael Stanglmeier,
ich habe ein paar Fragen an Sie.
In Ihrer Antwort am 02.08.2009 auf Christian L.s Frage machten Sie klar, dass das Verbot von sogenannten "Killerspielen" ein Mittel der Wahl sein kann, um schreckliche Ereignisse, wie den Vorfall in Winnenden in Zukunft zu vermeiden. Auf welchen Studien- und Forschungsergebnisse basiert Ihre Annahme, dass gewaltverherrlichende Computerspiele einen Menschen in seinem Unternehmen, einen Amoklauf zu vollziehen, bekräftigen? Halten Sie unser Jugendschutzgesetz, welches das strengste innerhalb Europas ist, für unzureichend? Wie beurteilen Sie die Arbeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien? Ich habe mir auf der von Ihnen empfohlenen Seite (www.aktionsbuendnis-amoklaufwinnenden.de) die pdf-Datei zum "Killerspiele-Verbot" angesehen. In dieser steht wortwörtlich: „Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich die Forderung ´Verbot von Killerspielen, die dazu dienen, Menschen zu ermorden´ in vollem Umfang unterstütze." Ich frage mich gerade, ob es jemals in der Geschichte der Menschheit einen Menschen gegeben hat, der von einem Killerspiel ermordet wurde.
Wie stehen Sie zum kürzlich verabschiedeten Zugangserschwernis-Gesetz von kinderpornographischen Seiten? Können Sie sich erklären, wieso sich die Grünen als Bürgerrechtspartei sehen, sich aber bei besagtem Gesetzentwurf von 48 anwesenden Abgeordneten der Grünen 15 enthalten haben?
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich halte Kinderpornographie für eines der größten Gräuel das in unserer Welt existiert. Das verabschiedete Gesetz von Frau von der Leyen hingegen ist nicht nur intolerant gegenüber dem Bürger/Rechtsstaat (Gewaltenteilung), sondern auch kontraproduktiv (Schafft ein Frühwarnsystem für Täter).
Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Brandmeier
Sehr geehrter Herr Brandmeier,
Wenn Sie meine Antwort auf die Frage bezüglich der Medienkompetenz aufmerksam durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass ich darin mit keinem Wort behauptet habe, dass Killerspiele die Ursache von Verbrechen wie in Winnenden seien. Ich bin der Meinung dass das Verbot von Computerspielen auch ein Mittel der Wahl sein könnte, wenn der wissenschaftliche Nachweis erbracht werden kann, dass das entsprechende Computerspiel tatsächlich die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen erhöhen würde. Placebo Verbote sind wirkungslos und helfen weder gewaltbereiten Jugendlichen noch der Gesellschaft. Das einzige wirksame Mittel um Verbrechen wie in Winnenden zu verhindern ist, wie in meiner Antwort ausführlich erläutert, eine Verschärfung des Waffenrechtes.
Ich lehne, ebenso wie die gesamte GRÜNE Bundestagsfraktion, das Zugangserschwernis-Gesetz ab, das den Einsieg in die Zensur im Internet bedeutet, dabei aber keinen Beitrag zur Eindämmung der Kinderpornographie leistet.
Die GRÜNEN setzen sich für Freiheit und Vielfalt im Netz ein. Ich spreche mich gegen Zensur im Internet und auch gegen den Aufbau von Sperrinfrastrukturen im Netz aus. Freiheit im Netz meint aber nicht, dass Inhalte wie Kinderpornografie oder menschenverachtende Darstellungen darüber verbreitet werden dürfen. Das neue Zugangserschwerungsgesetz hilft aber weder, kinderpornographische Bilder aus dem Netz zu entfernen, noch den sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern. Es genügt nicht den GRÜNEN Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit. Im Aufbau einer umfassenden Sperrinfrastruktur sehe ich die Gefahr, dass die Provider zukünftig auch andere Inhalte pauschal "sperren" müssen.
Da die Abstimmung im Bundestag natürlich eine Gewissensentscheidung jedes einzelnen Abgeordneten ist, kann ich nicht für die Abgeordneten sprechen, die ihre Ablehnung des Gesetzes durch Stimmenthaltung ausdrückten. Deswegen füge ich Ihnen dazu die Stellungnahme der Fraktion an:
„Die Gesamtfraktion ist gegen die Erweiterung der BKA-Zuständigkeiten, sie ist nach unserer Überzeugung mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Außerdem fehlt es für die im Gesetz vorgesehenen Eingriffsmöglichkeiten an einer richterlichen Kontrolle. Aus diesen und anderen rechtsstaatlichen Erwägungen hat kein Grünes Fraktionsmitglied für das neue Gesetz gestimmt. Hinzu kommt die Sorge, dass mit der Möglichkeit von Internetsperren ein Präzedenzfall für eine staatliche Internetkontrolle geschaffen wird. Es gab seither zahlreiche Äußerungen aus den Regierungsparteien, auch andere Seiten zu sperren. Einige Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Sie wollten so ein klares Zeichen setzen, dass die Darstellung von sexuellem Missbrauch kleiner Kinder auch online in keinem Fall geduldet werden kann. Diese Minderheit in der Fraktion wollte jenseits der von ihr geteilten Vorbehalte gegen das Gesetz dennoch zum Ausdruck bringen, dass auch dann, wenn die - im Übrigen auch vom Gesetz selbst in seiner letzten Fassung favorisierten - Löschung statt Sperrung nicht möglich ist, dennoch etwas gegen die Darstellungen getan werden können soll.“
Mit freundlichen Grüßen
Michael Stanglmaier