Prof. Dr. Michael Piazolo
Michael Piazolo
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Frage von Stephan G. •

Frage an Michael Piazolo von Stephan G. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Kultusminister Prof. Dr. Piazolo,

aus dem „Ergänztes Merkblatt für Lehrkräfte zur Durchführung der Selbsttests in der Schule (Stand: 19. März 2021)“ geht hervor, dass sich Lehrkräfte/Schulen in einer Art Selbststudium auf die Betreuung der Tests vorbereiten müssen, selbst um benötigte Gegenstände kümmern müssen (Stichwort: „für die Teströhrchen eine geeignete Halterung“), ohne weitere Schutzausrüstung der Gefahr einer Kontamination aussetzen müssen.
Diese Ministeriumsstrategie scheint unter Aspekten des üblichen Arbeitsschutzes leider amateurhaft und unzureichend.
Welche medizinische und rechtliche Anleitung außer einem Video/Merkblatt haben die Lehrkräfte vom Ministerium erhalten, die sie dazu befähigt, den notwendigen Hygienemaßstäben angemessen die Tests anzuleiten sowie die Entsorgung der Tests durchzuführen?
Auf welcher rechtlichen Grundlage sind die Lehrkräfte befugt, Schüler im Umgang mit medizinischen Gegenständen wie den Selbsttests zu unterweisen?
Warum wird die Beaufsichtigung nicht vom Gesundheitsamt/medizinischem Personal in sicherer Umgebung durchgeführt?
Warum sind für Lehrkräfte nicht einmal Einweghandschuhe etc., die üblichen Hygienemaßstäben entsprechen, vorgesehen? Auf welcher rechtlichen/medizinischen Grundlage basiert diese Entscheidung?
Welche Maßnahmen sind vom Ministerium vorgesehen, wenn ein Schüler evtl. kontaminiertes Material verschüttet oder einen Mitschüler damit in Berührung bringt?
Ist es vom Ministerium vorgesehen, dass positiv getestete Schüler in (gemeinsamer?) Absonderung von einer Lehrkraft weiter beaufsichtigt werden? Welche Schutzmaßnahmen sind vom Ministerium hierbei vorgesehen?
Welche psychologische Schulung und Anleitung haben die Lehrkräfte für eine Betreuung von evtl. verängstigten Schülern in Absonderung oder von Mitschülern, die in der Klasse in Kontakt mit einem Schüler mit positivem Test bis zum Erhalt des Ergebnisses standen, erhalten?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Stephan Gröger

Prof. Dr. Michael Piazolo
Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Dr. Gröger,

Gemäß § 18 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) dürfen nur Schülerinnen und Schüler am Präsenzunterricht und an Präsenzphasen des Wechselunterrichts sowie an der Notbetreuung und Mittagsbetreuung teilnehmen, die zu Beginn des Schultages über ein schriftliches oder elektronisches negatives Ergebnis eines PCR- oder POC-Antigentests in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verfügen und auf Anforderung der Lehrkraft vorweisen oder in der Schule unter Aufsicht einen Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben. Die dem Testergebnis zu Grunde liegende Testung oder der in der Schule vorgenommene Selbsttest dürfen höchstens 48 Stunden, in Regionen mit einem Inzidenzwert über 100 höchstens 24 Stunden vor dem Beginn des jeweiligen Schultags vorgenommen worden sein.

Die Maßgabe, wonach der Präsenzunterricht nur nach Nachweis eines negativen Coronatests besucht werden darf, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) u.a. mit Beschluss vom 12.04.2021, Az. 20 NE 21.926, als rechtmäßig und die Grundrechte von Schülerinnen und Schülern nicht verletzend bestätigt. Dieser Beschluss ist veröffentlicht unter https://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/20_ne_21.926_anonymisiert_.pdf

Die genannten Regelungen sind seit Inkrafttreten des § 28b Infektionsschutzgesetz (IfSG) auch bundesrechtlich verankert: Hiernach ergibt sich bereits unmittelbar aus § 28b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG, dass eine Teilnahme am Präsenzunterricht nur für solche Schülerinnen und Schüler möglich ist, die zweimal in der Woche mittels eines anerkannten Tests auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden.

Die Selbsttests stellen insoweit ein weiteres wichtiges Instrument im Rahmen der Bayerischen Teststrategie zur Minimierung des Infektionsrisikos an den Schulen dar. Durch die Testungen können etwaige Infektionen frühzeitig erkannt werden, was den Gesundheitsschutz aller im Schulgebäude befindlichen Personen deutlich erhöht. Dabei zählt es zu den Dienstaufgaben der Lehrkräfte, dass sie bei der Durchführung der Selbsttests an den Schulen altersangemessene Hinweise und Erläuterungen geben, Erklärvideos mit den Schülerinnen und Schülern ansehen und diese erforderlichenfalls unterstützend kommentieren. Abhängig von den ausgelieferten Selbsttests und deren konkreter Durchführung gehört zu den Dienstpflichten auch die jeweilige Vorbereitung der Durchführung, also z. B. bei den Selbsttests der Firma Siemens die Verteilung der in einer Packung befindlichen 20 Röhrchen auf die Schülerinnen und Schüler und die Befüllung der Röhrchen mit der vorgesehenen Menge an Pufferlösung vor Testdurchführung.

Sämtliche der an Schulen zum Einsatz kommenden Selbsttests besitzen eine Sonderzulassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemäß § 11 Medizinproduktegesetz bzw. eine CE-Kennzeichnung, sind also verkehrsfähig. Sie sind zur Eigenanwendung durch Laien – auch für die Altersgruppen der Schülerinnen und Schüler – freigegeben. Da die Selbsttests so konzipiert sind, dass diese von den Schülerinnen und Schülern zwar unter Aufsicht, aber ohne fremde Hilfe eigenständig durchgeführt werden können, ist ein aktives Handeln bzw. Eingreifen der betroffenen Lehrkräfte bei der Abstrichnahme selbst nicht erforderlich. Insbesondere in dem Zeitraum, in dem die Schülerinnen und Schüler ihre Masken für die Testdurchführung abnehmen, ist der Abstand von 1,5 m untereinander konsequent einzuhalten und gut zu lüften. Da dieser Zeitraum jedoch sehr kurz ist und für die übrigen Testschritte die Maske wieder aufzusetzen ist, ist gemäß dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege eine konkrete Schutzausrüstung im engeren Sinne bei der Anleitung der Schülerinnen und Schüler nicht erforderlich.

Der Etablierung des aktuell gültigen Selbsttestkonzepts gingen enge Abstimmungen mit den für Fachfragen zuständigen bayerischen Gesundheits- und Umweltressorts voraus. Der konkreten Durchführung vor Ort hat eine intensive Auseinandersetzung mit den Herstellerangaben vorauszugehen. Die Schulen wurden insbesondere – auch unter Beteiligung des Hygienebeauftragten der Schule – gebeten zu prüfen, ob anhand der vorliegenden Informationen (wie dem Rahmenhygieneplan, dem Schutz- und Hygienekonzept der jeweiligen Schule gemäß 12. BayIfSMV, der Gebrauchsanweisung/Packungsbeilage der Tests, den FAQ des StMUK, etc.), die getroffenen Maßnahmen ausreichend sind.

Um sich bei der Einführung der Selbsttests an den Schulen unterstützen zu lassen, wurden die Schulen zudem über die Möglichkeit informiert, sich auf Kosten des Freistaats Bayern an lokale Hilfsorganisationen zu wenden, die abhängig von den personellen Ressourcen vor Ort diverse Unterstützungsleistungen anbieten konnten (z. B. theoretische/praktische Schulung einzelner Lehrkräfte, Begleitung der ersten Selbsttestungen an den Schulen vor Ort, Beantwortung fachlicher Fragen zur Durchführung der Selbsttests, insbesondere Feedback zur Optimierung organisatorischer Abläufe bei der Durchführung der Selbsttests). Die Angebote der lokalen Hilfsorganisationen waren gemäß der Vereinbarung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege bis zum 30.04.2021 befristet. Unabhängig hiervon hat der Malteser Hilfsdienst e. V. eine Online-Schulung entwickelt, an der alle Lehrkräfte teilnehmen können, die die Durchführung der Selbsttests von Schülerinnen und Schülern begleiten (entsprechende Nutzer-Accounts können noch bis 31.05.2021 aktiviert werden und haben ab Aktivierung eine Gültigkeit von vier Monaten).

Sollte eine Schülerin bzw. ein Schüler im Rahmen des Selbsttests tatsächlich ein positives Ergebnis erhalten, so besitzen die Lehrkräfte aufgrund ihrer pädagogischen Ausbildung über das notwendige theoretische Vorwissen und aufgrund ihrer Berufserfahrung über das Fingerspitzengefühl, um mit derartigen Situationen angemessen umgehen zu können. Daneben wurden die Lehrkräfte informiert, wie im Falle eines positiven Testergebnisses mit der betroffenen Schülerin bzw. dem betroffenen Schüler umzugehen ist. Die Lehrkräfte können sich hier bezüglich eine konkreten Unterstützung insbesondere an die Schulpsychologin bzw. den Schulpsychologen wenden.

Weitere Vollzugshinweise für die Organisation und Durchführung der Selbsttests finden sich unterhttp://www.km.bayern.de/selbsttests und werden regelmäßig aktualisiert. Allgemeine Maßgaben zur Sicherstellung des Arbeits-und Gesundheitsschutzes enthält außerdem der mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege abgestimmte Rahmenhygieneplan Schulen (u. a. persönliche Handhygiene, Abstandhalten, regelmäßiges Lüften sowie das Tragen einer Maske auf dem gesamten Schulgelände (einschl. Unterrichtsräume).

Mit freundlichen Grüßen
Michael Piazolo

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