Frage an Michael Hennrich von Michael M. bezüglich Finanzen
Wie stehen Sie zur Debatte um die Pendlerpauschale? Finden Sie es richtig, dass Arbeitnehmer, welche mit dem PKW zur Arbeit fahren, immer stärker zur Kasse gebeten werden und dann nicht einmal die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten zur Arbeit angerechnet bekommen? Ich persönlich finde dies absolut ungerecht. Warum gibt es immer noch keine Entscheidung ob diese Kürzung rechtens ist? Kann es sein, dass niemend am Schluss der "Böse" sein will? Komischerweise sind Entscheidungen bei einer Diätenerhöhung umgehend gefällt und amtlich.
Sehr geehrter Herr Müller,
angesichts steigender Benzinpreise und oftmals weiten Anfahrtswegen, die viele Arbeitnehmer heute in Kauf nehmen müssen, habe ich großes Verständnis für Ihre kritischen Äußerungen zur Pendlerpauschale, die in der letzten Zeit wieder in die öffentliche Diskussion gerückt ist. Die Vielzahl von unterschiedlichen Meinungen und Alternativvorschlägen lässt erkennen, dass hier eine einfache und von allen akzeptierte politische Lösung schwer fällt.
Entgegen vielfacher Behauptungen gibt es derzeit noch keine einheitliche rechtliche Beurteilung der Finanzgerichte gegen die Neuregelung der Entfernungspauschale. Vielmehr wurde sie von ebenso vielen Gerichten nicht beanstandet wie abgelehnt. Auch der Bundesfinanzhof hat zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung keine abschließende Bewertung vorgenommen. Die Feststellung einer möglichen Verfassungswidrigkeit kann allein das Bundesverfassungsgericht treffen und in dieser schwierigen Frage Rechtsfrieden schaffen.
Unabhängig davon hat sich an den Tatsachen, die der Änderung seinerzeit zugrunde lagen, wenig geändert. Mit dem Steueränderungsgesetz 2007 wurden insbesondere Maßnahmen aus der Koalitionsvereinbarung umgesetzt und ein notwendiger Beitrag zur erforderlichen Haushaltssanierung geleistet. Zudem standen der Neuregelung der Entfernungspauschale auf der anderen Seite auch wichtige Maßnahmen zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung gegenüber wie z.B. eine verbesserte steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten oder von Handwerkerleistungen. In den Beratungen des Deutschen Bundestags zum Steueränderungsgesetz 2007 wurde diese Neuregelung intensiv erörtert und war ein wesentlicher Gegenstand der Sachverständigenanhörung im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens. Dabei hat die Bundesregierung diese Maßnahme einer durchgreifenden verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen und die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung eindeutig bejaht. Auch die Länder haben im Bundesrat der Regelung zugestimmt.
Gleichwohl nehme ich Ihre Rückmeldung sehr ernst und werde sie in meine weiteren Überlegungen einbeziehen. Dabei bin ich den seitens der Gerichte gegen die Pendlerpauschale aufgeführten Argumenten aufgeschlossen. Ich bitte aber auch, nicht zu vergessen, dass für Menschen, die ihren Wohnort in der Nähe ihres Arbeitsplatzes haben und dafür oftmals deutlich höhere Mieten zahlen müssen keinerlei steuerliche Vergünstigung besteht. Vor diesem Hintergrund brauchen wir für die Thematik eine Lösung, die auch diesen Fällen gerecht wird.
Daneben gilt für mich aber eine wichtigste Zielsetzung der Steuerpolitik, dass auf wir zu mehr Steuergerechtigkeit kommen, wenn Ausnahmen und Schlupflöcher geschlossen, die Bemessungsgrundlage verbreitert und dafür die Steuersätze spürbar gesenkt werden. In diesem Spannungsfeld werden wir - unter Berücksichtigung der noch zu erwartenden Rechtsprechung - eventuell eine neue Lösung finden müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hennrich