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Michael Hennrich
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Frage von Karl S. •

Frage an Michael Hennrich von Karl S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Hennrich,

leider gibt es immer mehr Lasten, die den Mitgliedern der Solzialversicherungen (Renten- und Krankenversicherung) aufgebürdet werden, die eigentlich Aufgaben der Allgemeinheit, also des Steuerzahlers wären, wie z.B. die Mütterrente, die von der Sache her schon lange überfällig war. Es gibt zwar Zuschüsse aus dem Steueraufkommen für die Sozialkassen, aber im Gegensatz zu z.B. Beamten und Selbständigen zahlen die Mitglieder der Sozialversicherungen doppelt. In Form des Beitrages und als Steuerzahler. Warum gibt es hier nicht mehr Gerechtigkeit? Wenn ich mir z.B. die Pensionen der Beamten anschaue, die dafür nicht einen Cent eingezahlt haben, dann stimmt da etwas nicht. Denn dass die Beamten zu Lebenszeit weniger verdienen als die normalen Angestellten gehört in der Zwischenzeit in den Bereich der Märchen. Warum sperrt sich die CDU so vehement gegen ein Bürgerversicherung die endlich alle an den Sozialkosten beteiligen würde? Ein erster Schritt in die Richtung mehr Bürger an den Sozialkosten zu beteiligen wäre ja, in vielen Behörden keine Beamten, sondern nur noch Angestellte einzustellen. Denn dass z.B. Lehrer nicht beamtet sein müssen sieht man ja daran, dass viele Lehrer Angestellte sind und auch bei den privaten Schulen keine Beamten angestellt sind, ohne dass die Unterrichtsqualität leidet. Warum tut sich in dieser Richtung nichts?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stiefel,

haben Sie vielen Dank für Ihre Email vom 11. Februar, auf die ich gern antworten möchte.

Ich kann gut nachvollziehen, dass die unterschiedliche Rechtsnatur von Beamten und Nicht-Beamten in vielen Bereichen mitunter als ungerecht empfunden wird und auch ich glaube, dass nicht in allen Berufsgruppen, wo das bisher der Fall war, der Beamtenstatus erforderlich ist. Die Argumente, die für eine Verbeamtung bei bestimmten Tätigkeiten sprechen sind ja bekannt und ich will deshalb nur auf einige Punkte bezüglich der Krankenversicherung eingehen.
Gleichzeitig kann man aber ohnehin auch feststellen, dass die Beamtenzahl sinkt und beispielsweise Lehrer nicht mehr zwangsläufig Beamte sein müssen. Für diese Entscheidung sind aber in den meisten Fällen die Länder zuständig. Richtig finde ich auch, dass in vielen Fällen ein Anstellungsverhältnis im öffentlichen Dienst mittlerweile der übliche Weg ist und die Argumente des Beamtenstatus nicht immer greifen. Auch wenn es teils anders erscheinen mag, so trifft es aber immer noch zu, dass das durchschnittliche Einkommen von Beamten bei gleicher Qualifikation niedriger ist als in der freien Wirtschaft. Exemplarisch wird dies bei den verhältnismäßig geringen Einkommen im Polizeidienst oder auch an der Höhe der maximalen Besoldungsstufe. Und diese wird überhaupt nur von einem verschwindend kleinen Bruchteil aller Beamten erreicht. Und auch bei den Pensionen sind die Staatsdiener komplett darauf angewiesen und bekommen nicht -wie in der Wirtschaft sehr üblich- zusätzliche Betriebsrenten.

Und in der Gesundheitsversorgung halte ich einfach eine einzige Zwangsversicherung für alle -zumindest in der Variante, wie sie die SPD fordert, nicht für den richtigen Weg. Denn für die Herausforderungen der Krankenversicherung - nämlich die Sicherung einer guten medizinischen Versorgung und die Bewältigung der steigenden Kosten des medizinischen Fortschritts und einer alternden Gesellschaft - hat die Bürgerversicherung keine Lösung. Für die stetig steigenden Ausgaben der Krankenversicherung bietet sie keine Abhilfe, sie erhöht lediglich die Beiträge und Belastungen.

Die Bürgerversicherung wirft auch verfassungsrechtliche Probleme auf, denn es wären massive Eingriffe in bestehende private Versicherungsverhältnisse und in die Tätigkeit der privaten Krankenversicherer nötig. Sie würde auch umfangreiche Übergangsregelungen erfordern:
Wenn nämlich künftig Neuversicherungen nur im Rahmen der Bürgerversicherung als einheitlicher Tarif sowohl von der GKV als auch von der PKV angeboten werden können, wäre das derzeitige Geschäftsmodell der PKV, substitutive Krankenversicherungsverträge anzubieten, nicht mehr aufrechtzuerhalten und Beitragsexplosionen für Bestandskunden die Folge. Deshalb würde es auch in der Bürgerversicherung noch für viele Jahrzehnte das Nebeneinander von gesetzlichen und privaten Versicherungen geben.
Auch müssen die öffentlichen Haushalte und damit der Steuerzahler für einige Jahrzehnte deutliche Mehrkosten tragen, wenn für junge Beamte Beiträge in die Bürgerversicherung eingezahlt werden, aber die Beihilfekosten für ältere Beamte außerhalb der Bürgerversicherung weiterhin bestehen. Auch ein vollständiges Wahlrecht zwischen privater und gesetzlicher Versicherung käme die Beitragszahler teuer zu stehen, weil dann vor allem Versicherte mit hohen Krankheitskosten zu den gesetzlichen Krankenkassen zurückkehren, um ihren hohen Prämien in der Privatversicherung zu entgehen.

Mit der Bürgerversicherung bleibt es dabei, dass die Gesundheitskosten weit überwiegend aus Löhnen und Gehältern finanziert werden. Diese enge Anbindung an die Lohnkosten vernichtet Arbeitsplätze, weil jede Kostensteigerung im Gesundheitswesen die Arbeitskosten weiter in die Höhe treibt. Auch die Schere zwischen Brutto und Netto wird durch die Bürgerversicherung nicht geringer: an jeder Lohn- und Rentenerhöhung verdienen die Krankenkassen weiter mit. Eine Entkoppelung der Krankenkassen-Beiträge von den Arbeitskosten findet nicht statt. Damit leistet die Bürgerversicherung keinen Beitrag zur Senkung der Lohnnebenkosten und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Wenn in der Bürgerversicherung die Steuerfinanzierung dynamisiert wird, nimmt der Einfluss des Staates weiter zu. Der Staat wird – schon um seine Haushaltslasten zu begrenzen – seinen Einfluss auf das Gesundheitswesen stärker nutzen wollen. Damit droht eine Gesundheitsversorgung nach Kassenlage. Letztlich würde in einer (steuerfinanzierten) Bürgerversicherung das Gesundheitswesen als Selbstverwaltungsmodell perspektivisch aufgegeben. Lieber Herr Stiefel, das sind Gründe, die für mich klar gegen das Modell einer Bürgerversicherung sprechen.
Mit unserem bestehenden System haben wir bislang erreicht, dass keine höheren Eigenleistungen, keine Abstriche vom Leistungskatalog, keine Leistungsausgrenzung und keine Priorisierung von medizinischen Maßnahmen, wie sie in anderen Ländern bestehen, erforderlich werden.
Wir bekennen uns zum Wettbewerb der Krankenkassen und eine staatliche Einheitsversicherung halte ich nicht für den richtigen Weg. Die private Krankenversicherung mit ihren individuellen Kapitalrücklagen, um steigende Kosten im Alter abzudämpfen, leistet einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit und Umsetzung von Neuerungen im Gesundheitswesen. Mir ist aber auch bewusst, dass die private Vollversicherung zunehmend Schwierigkeiten bekommt und ich nicht vorhersehen kann, ob dieses Modell auf sehr lange Sicht noch finanzierbar bleibt.

Grundsätzlich gibt es zwar einen Abbau des Beamtenapparates dort, wo er sinnvoll ist, aber eine vollständige Angleichung in allen Bereichen halte ich aus den genannten Gründen für nicht richtig.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Hennrich