Frage an Michael Hennrich von Uwe M.
Sehr geehrter Herr Hennrich,
Ich habe Themenüberschrift "Minderheitenrechte im Bundestag" genommen, weil "parlamentarische Kontrolle" nicht auswählbar war.
in der bürgerlichen Presse ist ein sehr detaillierter Artikel über mutmaßlich von Deutschland (US-Stützpunkt) aus gesteuerten Drohneneinsätzen mit gezielten Tötungen erschienen. Darin wird beschrieben, wie die Opposition versucht, die Bundesregierung dazu zu bringen Verantwortung zu übernehmen. Am Schluss wird gefragt, ob parlamentarischen Kontrolle noch funktioniert.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-04/drohnen-krieg-ramstein-toetung-bundesregierung
Frage: In wieweit sehen Sie hier die Wirksamkeit parlamentarischer Kontrolle gegeben und wo sehen Sie Verbesserungsbedarf? Anhand der in diesem Artikel öfter erscheinenden Antworten der Bundesregierung ist erkennbar, welche Art von Antwort ich nicht haben möchte.
Hinweis: Die parlamentarische Kontrolle ist aus meiner Sicht eine der wichtigsten Aufgaben der Abgeordneten, auch wenn sie den Regierungsparteien angehören bzw. sich als regierungsfähig erweisen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Mannke
Sehr geehrter Herr Mannke,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur parlamentarischen Kontrolle bezüglich der Arbeit in den US-Stützpunkten auf deutschem Staatsgebiet vom 26. April 2015.
Ich teile Ihre Meinung: Parlamentarische Kontrolle ist eine der wichtigsten Aufgaben der Abgeordneten. Sie sind die einzigen direkt vom Volk gewählten Repräsentanten. Nur das Parlament kann demokratische Kontrolle gewährleisten, unter anderem durch umfassende, öffentliche Informationen hinsichtlich Entscheidungen und Vorhaben der Regierung. Die Regierung muss auf verschiedene Kontrollfunktionen und –instrumente der Opposition eingehen.
Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe teilte am 8. April 2015 in einer Antwort auf die schriftliche Frage des Abgeordneten Sevim Daǧdelen (Drucksache 18/4642) hinsichtlich einer möglichen Beteiligung über „völkerrechtlich umstrittene Drohnenangriffe“ mit: „Seitens der amerikanischen Regierung wurde zuletzt Mitte Januar 2015 versichert, dass jedwedes Handeln der Vereinigten Staaten von deutschem Staatsgebiet aus nach den Regeln des geltenden Rechts erfolge und Einsätze von unbemannten Luftfahrzeugen von Deutschland aus weder gesteuert noch durchgeführt werden.“
Bei Einsätzen außerhalb bewaffneter Konflikte ist die Situation folgende: Für die Zielpersonen bei Drohneneinsätzen unter der „Friedensrechtsordnung“ gelten die menschenrechtlichen Garantien. Als (terroristische) Straftäter können sie nach Maßgabe des Polizei- und Strafrechts belangt werden. Tötungen sind eine Verletzung des Menschenrechts auf Leben und daher nur noch ganz ausnahmsweise gerechtfertigt, etwa wenn es zur Verteidigung oder Nothilfe unerlässlich ist (z.B. finaler Rettungsschuss).
Inwiefern Handlungen von Staaten mit dem Völkerrecht vereinbar sind, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern kann nur im konkreten Einzelfall bei genauer Kenntnis aller relevanten Tatsachen beurteilt werden. Die Bundesregierung steht mit den amerikanischen Partnern in einem kontinuierlichen und vertrauensvollen Dialog, der auch die Fragen des humanitären Völkerrechts umfasst.
Ich habe die von Ihrer Anfrage zitierte Medienberichterstattung gelesen und weise auf zwei Punkte hin: Zum einen wurde in dem angesprochenen Artikel von Kai Biermann aus der ZEIT vom 24. April 2015 nicht erwähnt, dass die Bundesregierung bereits wiederholt in umfassender Weise zu dem thematisierten Komplex Stellung genommen hat, so etwa ausführlich in ihren Antworten auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE auf Bundestagsdrucksache 18/2794 vom 8. Oktober 2014 und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/237 vom 23. Dezember 2013.
Zum anderen bitte ich Sie um Verständnis, dass eine Kenntnisnahme vertraulicher Informationen durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein kann und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen mit unseren amerikanischen Partnern (z.B. Sauerlandgruppe) widerspricht. Daher verweist die Bundesregierung im Übrigen auf ihre als Verschlusssache „Vertraulich“ eingestufte und bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegte weitere Antwort.
Dennoch sehe ich die Wirksamkeit parlamentarischer Kontrolle als durchaus gegeben. Dabei ist es nicht notwendig, dass die Mehrheit des Parlaments eine bestimmte Maßnahme beantragt. So können einzelne Abgeordnete mündliche und schriftliche Fragen an die Regierung stellen. Und Fraktionen oder fünf Prozent der Abgeordneten können beispielsweise in einer so genannten Großen Anfrage, die Regierung zur Aufklärung über wichtige politische Fragen auffordern. Außerdem setzt der Bundestag zur Kontrolle der Regierung verschiedene Gremien ein. Diese sind zum Teil permanent vorhanden wie beispielsweise die ständigen Ausschüsse oder das Parlamentarische Kontrollgremium. Andere Gremien werden hingegen erst aus aktuellem Anlass und beispielsweise mit Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Mitglieder des Bundestages eingesetzt. Dazu gehören Untersuchungsausschüsse zur Aufklärung politischer und bürokratischer Missstände.
Desweiteren stehe ich als Parlamentarier mit meinen Abgeordnetenkolleginnen und –kollegen im ständigen Austausch über Verbesserungsbedarf der parlamentarischen Kontrolle. Schließlich wollen wir als Abgeordnete der Regierungsparteien auch in Zukunft die Kontrolle der Regierung gewährleisten.
Unter folgenden zwei Links können Sie die Kleinen Anfragen der Fraktionen DIE LINKE und die der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mitsamt der Antwort der Bundesregierung einsehen:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/027/1802794.pdf (08.10.2014)
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/002/1800237.pdf (23.12.2013)
Die von Ihrer Anfrage zitierte Medienberichterstattung führt zu keiner hiervon abweichenden Bewertung. Ich danke Ihnen für Ihr reges Interesse an bundespolitischen Themen und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hennrich