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Michael Hennrich
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Frage von Fabian K. •

Frage an Michael Hennrich von Fabian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hennrich
ich habe den Eindruck das in Deutschland eine zunehmenden Verflechtung von
Geld und Politik entsteht.
Währe der Bundestag nicht verpflichtet eine unverzügliche Umsetzung des
UN- Abkommens gegen Korruption (UNCAC) nachzukommen, in dem er seinen
langjährigen mehrheitlichen Widerstand gegen eine juristisch handhabbare
und wirkungsvolle Verschärfung von § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung)
aufgibt?

Was ist Ihre Meinung dazu?

Mit freundlichen Grüßen aus Wolfschlugen

Fabian Kulf

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kulf,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema: Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption / Verschärfung des §108e StGB, welche ich Ihnen gerne beantworten möchte.
Es sollen zwei internationale Übereinkommen zur Korruptionsbekämpfung auf VN- und Europaratsebene in deutsches Recht umgesetzt werden. Hierbei handelt es sich zum einen um das VN-Übereinkommen gegen Korruption vom 30. Oktober 2003 (UNCAC) und zum anderen um das Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption vom 27. Januar 1999. In beiden Übereinkommen, die noch aus der Zeit der rot-grünen Bundesregierung stammen, werden Abgeordnete und Beamte hinsichtlich der unter Strafe zu stellenden Verhaltensweisen gleichgesetzt. Im Strafrechtsübereinkommen des Europarates ist allerdings das Recht für die Mitgliedstaaten enthalten, die Verpflichtungen u. a. hinsichtlich innerstaatlicher Mandatsträger nicht in nationales Recht umzusetzen. Diese Möglichkeit ist bei UNCAC nicht vorgesehen.
Eine Ratifikation beider Übereinkommen ist bislang nicht erfolgt. Die Bundesregierung hatte bezüglich einer Ratifikation von UNCAC im Schlussdokument des Weltwirtschaftsgipfels in Heiligendamm in dem Kapitel "Bekämpfung der Korruption" folgendes zugesichert:
- "Wir bekennen uns zur vollständigen Umsetzung unserer Verpflichtungen im Rahmen bestehender internationaler Übereinkünfte zur Bekämpfung der Korruption, insbesondere derjenigen der Vereinten Nationen und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). ..
- Wir werden unsere gemeinsamen Bemühungen um eine wirksame Bekämpfung der Korruption weltweit intensivieren. Dies beinhaltet:
- Die Unterstützung der Ratifikation des VN-Übereinkommens gegen Korruption (UNCAC) durch alle Länder...."

Das deutsche Strafrecht enthält tatsächlich faktisch eine Regelungslücke bezüglich UNCAC im Hinblick auf die Vorschriften über die Abgeordnetenbestechung. § 108 e StGB stellt lediglich den direkten Stimmenkauf bei Wahlen und Abstimmungen unter Strafe, nicht aber, wie in Art. 6 UNCAC gefordert, das Fordern oder Sichversprechenlassen eines ungerechtfertigten Vorteils durch den Abgeordneten bei anderer "Wahrnehmung seiner Aufgaben" bzw. "in Ausübung seiner Dienstpflichten", etwa bei schriftlichen oder mündlichen Anfragen, Ausschussberatungen etc. Eine völkerrechtliche Verpflichtung, diese Lücke zu schließen, besteht vor einer Ratifizierung nicht.
Die Problematik des UNCAC besteht ebenso wie diejenige des Strafrechtsübereinkommens des Europarates gegen Korruption vom 27. Januar 1999 darin, dass Amtsträger und Abgeordnete gleichgesetzt werden. Diese Gleichsetzung wird aber den Besonderheiten der verfassungsrechtlichen und der tatsächlichen Stellung der Abgeordneten in keiner Weise gerecht. Die Tätigkeit von Abgeordneten ist mit derjenigen von Amtsträgern nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum - gesetzesgebundenen oder ermessensgeleiteten - Handeln der Exekutive treten Mandatsträger als Vertreter bestimmter Interessen auf und sind darin unabhängig und keinerlei Weisungen unterworfen. Zudem würde die jetzt schon vorhandene Gefahr der politischen Instrumentalisierung von Ermittlungsverfahren bei einer unreflektierten Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung ins Uferlose steigen. Ein vernünftiger Vorschlag, der dieser besonderen Sachlage Rechnung tragen könnte, ist bislang nicht ersichtlich.
Die Bundesregierung beabsichtigt, das Ratifizierungsverfahren für das UNCAC nunmehr (ohne vorherige Veränderung der Vorschriften über die Abgeordnetenbestechung) einzuleiten. Jedoch ist momentan ein Zeitpunkt für das Tätigwerden des Gesetzgebers noch nicht festgelegt.
Ich denke, dass es sinnvoll ist, dieses Verfahren mit Ruhe anzugehen, denn es geht hier schlicht um den Erhalt der Funktionsfähigkeit des
Parlaments. Das dürfte schwer genug werden und sollte nicht unter unnötigem
Zeitdruck geschehen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen

Michael Hennrich MdB