Frage an Michael Hennrich von Marie-Louise M. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Hennrich,
im Zuge eines Projektes unseres Gemeinschaftskundekurses des Philipp-Matthäus-Hahn-Gymnasiums haben wir die Aufgabe lokalen Politikern Fragen zu stellen die uns Schüler persönlich interessieren und uns als Erstwähler ganz besonders.
Unsere Frage bezieht sich auf ihre Meinung zum Thema Überwachung.
Inwiefern ist unser Land bereits zu einem "Überwachunsstaat" geworden, und wo sehen sie die Grenze zwischen Sicherheitsvorkehrung und Eingriff in die Privatsphäre als überschritten? Und ab wann halten sie Telefon- und Internetüberwachung für gerechtfertig oder notwendig?
Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße
Bastian Scharr und Marie-Louise Michels
Sehr geehrte Frau Michels,
sehr geehrter Herr Scharr,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Bürgerrechte, Daten und Verbraucherschutz, insbesondere zur Telefon- und Internetüberwachung. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem sensiblen Bereich dem Staat ein bißchen "auf die Finger schauen".
Die Rechtspolitik bewegt sich hier in einem Spannungsfeld. Dem Grundrechtsschutz der Bürger steht die ebenfalls verfassungsrechtlich gebotene Pflicht des Staates zu einer effektiven Strafverfolgung gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag des staatlichen Gemeinwesens hervorgehoben. Grundrechtsschutz der Bürger und Strafverfolgungsinteresse des Staates müssen deshalb in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden.
Der Staat darf bei dieser Abwägung die Bedingungen für eine wirksame Strafverfolgung allerdings nicht so ausgestalten, dass sie "zahnlos" werden. Er kann nicht den Grundrechten einen absoluten Vorrang vor wichtigen Gemeinschaftsinteressen einräumen. Verfahrensvorschriften müssen deshalb innerhalb der verfassungsrechtlich vorgegebenen Grenzen die Aufklärung strafrechtlich relevanter Sachverhalte auch wirksam ermöglichen. Auf Grund dieser sorgfältigen Abwägung halte ich die teilweise populistisch geschürte Angst vor einem Überwachungsstaat für unbegründet.
Zur Bekämpfung des Terrorismus halte ich, gemeinsam mit der CDU, die Instrumente der Telefon- und Internetüberwachung für notwenig. Aus diesem Grund haben wir die Änderung des BKA-Gesetzes, die zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, beschlossen. Damit haben wir die Handlungsfähigkeit des Bundeskriminalamts zur operativen Stärkung der Sicherheitsarchitektur verbessert. Das BKA hat dadurch eigene Befugnisse zur Gefahrenabwehr erhalten, die es zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor terroristischen Anschlägen benötigt (und wie sie die überwiegende Anzahl der Landespolizeigesetze bereits seit langem vorsehen).
Bei der Online-Durchsuchung als neuem Instrumentarium, geht es vor allem darum, mit der technischen Entwicklung im Kommunikationsbereich Schritt zu halten. Gerade im Bereich des internationalen Terrorismus findet Kommunikation häufig über das Internet und per E-Mail statt. Dieses Kommunikationsverhalten erschwert zunehmend die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Für Terroristen darf es jedoch keine geschützten Räume geben, in denen sie ungestört ihre Anschläge vorbereiten können.
Allerdings müssen auch bei der Bekämpfung gefährlicher Terroristen die strengen Richtlinien unseres bewährten Rechtsstaates gewahrt bleiben. Dazu gehört unter anderem, dass Maßnahmen wie die Onlinefahndung nur auf richterliche Anordnung hin ergriffen werden dürfen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sind auch hier strikt beachtet worden.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hennrich