Frage an Michael Hartrich von Boris K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hartrich,
eine Nachricht über die Piratenpartei hat mich sehr irritiert: In der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin Friedrichshain-Kreuzberg wurde als Ausschlusskriterium für die Verteilung der dortigen Bezirksmedaille eine Tätigkeit im Rahmen einer religiösen Gemeinschaft festgelegt. Mitbürger, die ihr Engagement im Rahmen einer religiösen Gruppe ausführen, sind nach diesem Kriterium also von einer Anerkennung ihres Einsatzes ausgeschlossen. Dieser Antrag wurde nach meinen Informationen von der Piratenpartei in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht. Daher meine Fragen an Sie: Stimmt es, dass dieser Beschluss von der Piratenpartei getragen worden ist? Stimmt es, dass dieser Beschluss gegen das Diskriminierungsverbot verstößt? Stimmt es, dass die Piratenpartei einen laizistischen Staat will, also die staatliche Neutralität in religiösen Fragen aufgeben will?
Und allgemein habe ich die Frage an Sie: Wie stehen Sie zur sozialen Bedeutung der Religionsgemeinschaften in der gegenwärtigen Gesellschaft?
Sehr geehrter Herr Kalbheim,
die von Ihnen genannte Nachricht zur Verteilung der Bezirksmedaille in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg war eine Falschmeldung der BZ. Sie können korrekten Umstände hier nachlesen: http://www.heise.de/tp/artikel/39/39769/1.html Wofür die Medaille vergeben werden kann, ist auf der Internetseite der Stadt Berlin ( http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/bezirk/ehrenamt/bezirksmedaille.html )zu finden. Sie werden erkennen, dass hier kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegt.
Laizismus bedeutet Trennung von Staat und Religion sowie die absolute Neutralität des Staates in religiösen und weltanschaulichen Belangen. Ein laizistischer Staat hat in seiner Verfassung die Trennung zwischen Kirche und Staat festgeschrieben. Beispiele hierfür sind in Europa Frankreich und Portugal. Eine genaue Definition ist in der Wikipedia zu finden. ( http://de.wikipedia.org/wiki/Laizismus ) Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, die Piratenpartei ist für die Trennung von Kirche und Staat. Dafür setze auch ich mich ein.
Die Ausübung der Religion ist ein Grundrecht. Da die meisten Glaubensrichtungen Ihre Religion in Gemeinschaften ausüben, sind auch diese durch das Grundgesetz geschützt. Sie haben damit sowohl einen Sinn als auch eine Daseinsberechtigung. Die soziale Bedeutung der Religionsgemeinschaften hat in Deutschland den letzten Jahren abgenommen. Dies sieht man auch an dem immer mehr wachsenden Desinteresse der Menschen an den Kirchen und den damit verbundenen Austritten. Da es keine Religion gibt, die in gleichem Maße Zuwachs wie die anderen Religionen Verluste hat, ist davon auszugehen, dass es in unserem Land einen allgemeinen Trend weg von der Religion und den zugehörigen Gemeinschaften gibt.
Ich akzeptiere Religionen oder Zusammenschlüssen gläubiger Menschen, sofern deren Weltanschauung es zulässt mit unrelgiösen Menschen und Menschen anderen Glaubens gemeinsam friedlich in einem Staat zu leben, der sich allen Religionen und Weltanschauungen gegenüber neutral verhält.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hartrich