Frage an Michael Hartmann von Michael J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hartmann,
am morgigen Mittwoch soll vom Bundeskabinett das Gesetz zur Sperrung von Kinderporno-Seiten beschlossen werden. Das Gesetz ist nun erweitert worden. Unter anderem wird den Providern eingeräumt, IP-Adressen der Nutzer zu speichern, die auf Internetseiten der Sperrliste zu greifen wollen. Ich halte das für einen starken und unannehmbaren Eingriff in meine Datenschutzrechte. Schon durch die Vorratsdatenspeicherung wurde ich in meinen Grundrechten beschnitten. Ich fühle mich besonders durch diese beiden Gesetze unter Generalverdacht gestellt.
Ich möchte nun deshalb von ihnen Wissen, wie sie, als mein Volksvertreter ,in dieser Angelegenheit denken und ob sie für mich gegen dieses Gesetz stimmen werden, wenn es im Gesetzgebungsverfahren zur Abstimmung steht.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Jarraß
Lieber Herr Jarraß,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit.
Es ist richtig, dass ein solches Gesetz geplant ist - die genaue Ausgestaltung ist allerdings noch offen.
Schließlich war das Parlament bisher noch nicht an diesem Gesetz beteiligt.
Wir werden uns am nächsten Mittwoch in 1. Lesung mit dem Thema befassen.
Ich lade Sie daher herzlich ein, sich die Debatte am 06.05.09 von 14.35h bis 15.35h im Internet des Deutschen Bundestages live anzusehen: http://www.bundestag.de/parlament/plenargeschehen/webtv/index.html ).
Am 27.05.09 erfolgt dann eine Anhörung im federführenden Wirtschaftsausschuss in der die von Ihnen angesprochenen Fragen sorgfältig geprüft werden.
Erst danach ist eine abschließende Bewertung des Gesetzes möglich.
Sehr gern stehe ich Ihnen dann zum erneuten Austausch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Michael Hartmann
Sehr geehrter Herr Jarraß,
wie in meiner Antwort vom 28.04.09 versprochen, möchte ich Ihnen gern den aktuellen Stand in Sachen Speicherung von IP-Adressen in Zusammenhang mit der Bekämpfung von Kinderpornografie mitteilen.
Die öffentliche Anhörung des Wirtschaftsausschusses zum Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz am 27.05.09 hat die Erwartung der SPD-Bundestagsfraktion bestätigt, dass der Gesetzentwurf in wesentlichen Punkten nachgebessert werden muss, um zustimmungsfähig zu sein.
Neben weiteren Punkten haben wir in meiner Fraktion über wichtige Änderungsforderungen bereits Einigkeit erzielt:
1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips:
Das BKA soll bei Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten verpflichtet werden, zunächst die Host-Provider zu kontaktieren, damit die Seiten gelöscht werden. Erst wenn das erfolglos bleibt, soll die Seite auf die Sperrliste gesetzt werden dürfen.
2. Richterliche Überprüfung:
Betroffene Seiten-Anbieter und Host-Provider sollen eine Benachrichtigung und eine Widerspruchsmöglichkeit gegen die Aufnahme auf die Sperrliste erhalten. Im Fall des Widerspruchs soll eine richterliche Kontrolle stattfinden, sofern das BKA die Sperrung fortführen will.
3. Datenschutz:
Da das Gesetz der Prävention dient, sollen Daten, die bei der Sperrung und der einzurichtenden Stoppseite anfallen, nicht zum Zwecke der Strafverfolgung genutzt werden dürfen. Seitens des BKA wurde in der Anhörung bestätigt, dass die anfallenden Daten nicht benötigt werden.
4. Spezialgesetzliche Regelung:
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie beabsichtigt ist, nicht jedoch von anderen Inhalten, fordern wir ein Spezialgesetz statt der bislang vorgesehenen Regelung im Telemediengesetz. Dies würde auch der systematischen Klarheit dienen. Wir haben unsere Forderungen inzwischen an die Unionsfraktion herangetragen und werden in den weiteren Verhandlungen auf deren Umsetzung drängen.
Mit unseren Kernforderungen greifen wir die wesentlichen Kritikpunkte der Experten auf, die sich aus der Anhörung ergeben haben. Zudem tragen wir Bedenken Rechnung, die in den vergangenen Wochen intensiv innerhalb der Internet-Community diskutiert wurden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat von Beginn an deutlich gemacht, dass wir nur eine gesetzliche Regelung auf klarer rechtsstaatlicher Grundlage mittragen werden. Daher spricht sich meine Fraktion für ein Verwertungsverbot der Daten aus. Die auf dem Stop-Server auflaufenden IP-Adressen dürfen vom BKA nicht genutzt werden.
Bei unserem entschiedenen Einsatz gegen Kinderpornografie ist uns zudem wichtig, die Internet-Community aktiv mit einzubinden. Deshalb haben wir in den vergangenen Tagen mit einigen Vertreterinnen und Vertretern aus diesem Bereich Gespräche geführt. So haben sich Vertreter der SPD-Fraktion und des SPD-Parteivorstandes mit dem Chaos Computer Club (CCC) sowie Frau Franziska Heine getroffen, die eine kritische Petition eingebracht hat, der sich inzwischen mehr als 100.000 Internetnutzer angeschlossen haben. Die SPD nimmt deren Bedenken und Anregungen sehr ernst. Der wichtige Kampf gegen kinderpornografische Inhalte im Internet wird umso erfolgreicher sein, wenn es gelingt, Unterstützung aus der Community zu gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Michael Hartmann