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Michael Hartmann
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Frage von Frank F. •

Frage an Michael Hartmann von Frank F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Hartmann,

im Lichte der "andauernden sowie sich ständig steigernden Politikverdrossenheit infolge von Misstrauen gegenüber den gewählten Volksvertretern, wäre es unzweifelhaft ein richtiger Schritt zu mehr TRANSPARENZ und Rückgewinnung von Glaubwürdigkeit respektive Vertrauen.

Stichpunkte:
- Kohl macht keine Aussage zu Schwarzgeld (schwarze Kassen)- jeder andere Bürger wäre wegen
Aussageverweigerung in Beugungshaft gekommen (ganz gem. den bestehenden Gesetzen!)
- Innenminister Kanther
- Beim FINANZMINISTER Schäuble sind bis heute Verdachtsmomente (Schwarzgeld) nicht ausgeräumt. Er kann sich sogar nicht an eine nicht "kleine" Summe im "Schwarzkoffer" erinnern.
- Wulff steht vor Gericht wegen Verdacht der Vorteilannahme im Amt.
- Landtag Bayern, insbesondere CSU Abgeordnete sind in unverschämter "Vetternwirschaft" verwickelt. Man käuft sich sogar auf Steuerzahlerkosten eine "gescheite" Digitalkamera für
€ 6000,-, nachdem wohl eine kleine Kompaktkameras erfolglos angeschafft wurden...
- Deutschland hat bis heute einem Antikorruptionsgesetz und einhergehender Strafverfolgung der Betroffenen zugestimmt.

Vor diesem Hintergrund u. hinsichtlich der "andauernden, sich steigernden Politikverdrossenheit infolge von Misstrauen gegenüber den vom Volk gewählten Politikern, wäre es ein richtiger Schritt mehr TRANSPARENZ u. die Rückgewinnung von Glaubwürdigkeit respektive Vertrauen zu fördern.

Daher frage ich Sie, was werden Sie in dieser Hinsicht unternehmen und warum sie folgendes bisher nicht unterschrieben haben:

Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung
komplette Veröffentlichung von Nebeneinkünften

Veröffentlichung ALLER Parteispenden (Stückelung unter € 10000,-

die Regelung der Anzeigepflicht untergraben könnte).
Verhaltenskodex

Mit freundlichen Grüßen
Frank Frey

PS: Ich gehöre keiner Partei an und bin kein "Stammwähler". Ich entscheide jeweils mit kritischem Blick auf die aktuelle Situation in unserem Land. Ganz im Sinne des "Kandidatenchecks".

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Frey,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch, die ich hiermit sehr gerne beantworte.

Sie fragen mich u.a., warum ich eine Reihe von Gesetzentwürfen die sich für mehr Transparenz aussprechen angeblich nicht "unterschrieben" hätte. Ich weiß leider nicht, woher Sie diese Information haben, denn sie ist schlichtweg falsch.

Was Sie nicht wissen können ist, dass Sie diese Frage einem der Bundestagsabgeordneten stellen, der sich seit Jahren beharrlich mit dem Thema Transparenz beschäftigt. Ich stehe dazu im regelmäßigen Austausch mit Organisationen wie Transparency International und Lobbycontrol. Allein in dieser Legislaturperiode hat die SPD-Bundestagsfraktion einen ganzen Strauß an Transparenzinitiativen in den Deutschen Bundestag eingebracht. Es ist also mitnichten so, dass ich den eigenen entsprechenden Gesetzentwürfen nicht zugestimmt hätte. Ganz im Gegenteil, ich war an deren Erarbeitung aktiv beteiligt und habe auch einige Plenarreden dazu gehalten.

Sehr geehrter Herr Frey, die Wahrheit ist, dass die Koalition aus CDU/CSU und FDP in dieser Legislaturperiode alle unsere Initiativen für mehr Transparenz ablehnte. Die Abstimmungsergebnisse können Sie unter www.bundestag.de den Protokollen der entsprechenden Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages entnehmen. Daher fände ich es äußerst fair, wenn Sie auch die Kandidatinnen und Kandidaten von CDU und FDP um Antworten auf Ihre Fragen bitten würden.

Zu einer ganzen Reihe der von Ihnen angesprochenen Themen hat die SPD-Bundestagsfraktion Gesetzentwürfe bzw. Anträge in den Deutschen Bundestag eingebracht, die von schwarz-gelb abgelehnt wurden und somit leider keine Mehrheit fanden. Ohne eine rot-grüne Mehrheit im Deutschen Bundestag wird bei diesen Themen weiter Stillstand herrschen.

1. Nebeneinkünfte

Bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten wollen wir als SPD eine Veröffentlichung nach Euro und Cent. Die schwarz-gelbe Koalition ist hingegen weiterhin nicht bereit, echte Transparenz herzustellen. Seit Jahren wird in der Rechtsstellungskommission diskutiert, ob und wie die Regeln für Transparenz bei Abgeordneten-Nebentätigkeiten verbessert werden können. Und seit Jahren blockieren die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP jeden Vorstoß für mehr Offenheit. Wir wollen, dass die Menschen genau nachvollziehen können, von wem Abgeordnete Geld bekommen. Und wofür. Und wie viel – auf Euro

und Cent. Die Diskussionen um die Nebeneinkünfte von Peer Steinbrück zeigten zudem, dass die Koalitionsfraktionen nur an einer „Lex Steinbrück“ interessiert waren. Wie anders ist es zu erklären, dass niemand ein Wort darüber verlor, dass neun der zehn bestverdienenden Bundestagsabgeordneten Mitglieder der Koalitionsfraktionen sind und nur einer (Peer Steinbrück) SPD-Mitglied? Viele bekannte Namen wie Glos, Riesenhuber, Henke, Steffel, Wichtel, Holzenkamp, Schindler, Fuchs (alle CDU/CSU) und last but not least Patrick Döring (FDP) sind darunter.

Antrag von SPD und Grünen: "Transparenz bei Nebeneinkünften herstellen durch Veröffentlichungspflicht auf Euro und Cent"

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/113/1711331.pdf

2. Abgeordnetenbestechung

Weil der Bundestag bis heute - aufgrund der Blockade unseres Gesetzentwurfes durch die schwarz-gelbe Koalition - keine schärferen Gesetze zur Bestrafung von Abgeordnetenbestechung beschlossen hat,

kann Deutschland seit Jahren die UN-Konvention gegen Korruption, die von der UN beschlossen und von der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2003 unterzeichnet worden ist, nicht umsetzen. Mit 319 Nein-Stimmen hat die Merkel-Regierung am 28.06.2013 eine Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung im Bundestag verhindert. Das ist ein Armutszeugnis für unser Land, gehören wir doch somit in eine Reihe von nur 24 von 164 Ländern, die durch die UN-Konvention noch nicht gebunden sind - darunter Saudi-Arabien, Syrien und der Sudan. Nach Ansicht der SPD-Bundestagsfraktion ist der Paragraph 108e des Strafgesetzbuches, der eine etwaige Korruption von Abgeordneten sanktioniert, nicht ausreichend. Nach geltendem Recht sind Bestechlichkeit und Bestechung von Parlamentariern nur als Stimmenkauf und - verkauf bei Wahlen strafbar. Bis heute gibt es keine strafrechtliche Regelung, die sämtliche strafwürdigen Verhaltensweisen von Mandatsträgern im Bereich der Vorteilsannahme und -zuwendung erfasst. Es ist höchste Zeit, dass wir etwas tun und die UN-Konvention gegen Korruption ratifizieren.

SPD-Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes - Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/086/1708613.pdf

3. Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag

Bereits seit 1972 besteht im Deutschen Bundestag eine Registrierungspflicht für alle, die Zugang zum Parlament bekommen sollen. Ob dieser Zugang immer legitimiert und berechtigt ist, daran haben wir als SPD-Bundestagsfraktion unsere Zweifel. Deshalb wollen wir mit unserem Antrag erreichen, dass ein verbindliches Lobbyistenregister eingeführt wird und ein Verstoß gegen die darin enthaltenen Regelungen endlich sanktionsfähig wird. Zudem – das ist für uns der wichtigste Punkt – sollen die Finanzierungsströme und die Hintergründe der Finanzierung aller Lobbyistenverbände, die hier beim Deutschen Bundestag registriert sein sollen, offengelegt werden. Denn hinter manchem, der hier im Gewande des Schützers des Allgemeinwohls daherkommt, verbirgt sich eine knüppelharte Interessenvertretung. Indem die Finanzierungsströme offengelegt werden, wird dieses getarnte Unterwegssein in dieser Weise nicht mehr möglich sein.

SPD-Antrag: "Interessenvertretung sinnvoll regeln - Lobbyismus transparent machen"

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/064/1706442.pdf

4. Externe Mitarbeiter in Bundesministerien

In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen externe Berater - auch Mitarbeiter von privaten Unternehmen - in Bundesministerien an der Entstehung von Gesetzen beteiligt waren. Kern meiner Initiative ist ein - von der Bundesregierung vorzulegender - jährlicher Bericht, der im Internet veröffentlicht wird und in dem Art und Umfang der Tätigkeit externer Berater und ihre Herkunft genau beschrieben werden. Ein möglicher Einfluss wird öffentlich gemacht und regelmäßig im Deutschen Bundestag debattiert. So wird sinnvolle Mitarbeit dokumentiert und fragwürdige Einflussnahme schon im Vorfeld verhindert.

SPD-Antrag: „Mehr Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung -

Bericht des Bundesrechnungshofs vollständig umsetzen“

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/052/1705230.pdf

5. Einführung eines Ehrenkodex für ehemaligen Bundesminister und Parlamentarische Staatssekretäre

Auch das Thema Karenzzeit von ehemaligen Bundesministern und Parlamentarischen Staatssekretären war uns einen eigenen Antrag wert. Wir fordern die Bundesregierung darin auf – entsprechend der bereits existierenden Regelung für Mitglieder der Europäischen Kommission – auch in Deutschland einen Verhaltenskodex für ehemalige Regierungsmitglieder zu schaffen. Die ehemaligen Regierungsmitglieder sollen zukünftig innerhalb von 18 Monaten nach dem Ausscheiden aus ihrem Amt für die Fragen, für die sie während ihrer Amtszeit zuständig waren, weder Lobby-Arbeit betreiben noch für ihre Sache werben dürfen. Derartige Regelungen liegen nicht zuletzt auch im Interesse der Betroffenen, weil damit zweifelhafte Tätigkeiten von nicht zu beanstandender und erwünschter Berufstätigkeit abgegrenzt werden können.

SPD-Antrag: „Karenzzeit“ für ehemalige Bundesminister und Parlamentarische Staatssekretäre in Anlehnung an EU-Recht einführen

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/113/1711318.pdf

Sehr geehrter Herr Frey, weil Sie das Thema "Christan Wulff" ansprachen auch noch ein paar Sätze zum Ehrensold.

6. Ehrensold des Bundespräsidenten

Last but not least gehört für mich auch das Thema Ehrensold des Bundespräsidenten in diese Aufzählung. Hierzu habe ich einen Gesetzentwurf erarbeitet, der dafür sorgen soll, dass eine Mindestamtszeit Voraussetzung für den Anspruch auf Ruhegehalt ist. Nachdem erstmals ein Bundespräsident während der ersten Wahlperiode den Amtsverzicht erklärt hat, ist die geltende Versorgungsregelung in der Öffentlichkeit auf erhebliche Kritik gestoßen. Eine Versorgung in ungekürzter Höhe der Aktivbezüge, die vor Vollendung einer gesetzlichen Altersgrenze und unter Umständen vor Erreichen einer Mindestamtszeit gewährt wird, steht im Gegensatz zu den gemeinsamen Grundsätzen aller staatlichen Versorgungssysteme und erscheint in meinen Augen nicht mehr

vertretbar. Zukünftig sollte der Anspruch auf Ruhegehalt eine Mindestamtszeit von zwei Jahren und sechs Monaten voraussetzen und dann 50 Prozent der Amtsbezüge betragen. Nach einer vollen Amtszeit von fünf Jahren sollte sich das Ruhegehalt auf 75 Prozent und nach einer Amtszeit von zehn Jahren auf 100 Prozent der Amtsbezüge erhöhen. Die Höhe der Bezüge nach Ausscheiden aus dem Amt soll - ähnlich wie bei früheren Bundeskanzlern oder Bundesministern - abhängig von der Dauer der Amtszeit und dem Lebensalter sein.

SPD-Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/115/1711593.pdf

Sehr geehrter Herr Frey, wie Sie sich soeben hoffentlich selbst überzeugen konnten, war die SPD in den letzten vier Jahren sehr aktiv im Bereich der Transparenzgesetzgebung. Und auch wenn die schwarz-gelbe Koalition sich hier nur im Millimeterbereich bewegt, werden wir nicht locker lassen und das Thema ganz oben auf die Agenda der nächsten rot-grünen Bundesregierung setzen.

Dies haben wir uns fest vorgenommen und in unser Regierungsprogramm geschrieben:

Wir wollen unsere Demokratie stärken, damit das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber Politik und staatlichen Institutionen wieder wächst, damit wieder mehr Menschen zur Wahl gehen und damit politische Entscheidungen mehr Legitimität erhalten. Wir wollen das Wahlalter auf 16 Jahre senken. Dazu setzen wir auf mehr Offenheit und Transparenz politischer Entscheidungen und der politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger: Wir werden die gesetzlichen Bestimmungen so reformieren, dass alle Bundestagsabgeordneten Einkünfte aus ihren Nebentätigkeiten vollständig auf Euro und Cent offen legen müssen. Für Parteispenden sollte es eine Höchstgrenze geben von 100.000 Euro pro Spender im Jahr. Zudem unterstützen wir die Forderung, Sponsoring in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufzuführen. Damit Entscheidungsprozesse nachvollziehbar werden, wollen wir ein verpflichtendes Lobbyregister auf gesetzlicher Grundlage beim Deutschen Bundestag einrichten. Deutschland hat als einzige parlamentarische Demokratie die UN-Antikorruptionskonvention noch nicht ratifiziert, da CDU/CSU und FDP die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung blockieren. Wir werden unmittelbar nach der Wahl erneut einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundestag einbringen. Auch der Einsatz von externen Beratern in Bundesministerien muss nachvollziehbar sein. Wir wollen deshalb eine „legislative Fußspur” einführen, aus der hervorgeht, welchen signifikanten Beitrag externe Berater bei der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs geleistet haben. Über Umfang und Art der Tätigkeit von externen Beschäftigten in der Bundesverwaltung soll ein jährlicher Bericht Transparenz schaffen. Um keine Zweifel an der Integrität und Unabhängigkeit ausscheidender Mitglieder der Bundesregierung aufkommen zu lassen, die innerhalb einer Karenzzeit wieder eine berufliche Tätigkeit aufnehmen wollen, brauchen wir einen Verhaltenskodex, der die Genehmigung der Tätigkeit durch eine Ethikkommission bzw. den Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin vorsieht. Der Verhaltenskodex für Mitglieder der Europäischen Kommission ist hier als Vorbild bestens geeignet.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Hartmann, MdB