Frage an Michael Hartmann von Julian K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hartmann,
in der aktuellen Cannabis Debatte zeigt sich die SPD schweigsam, daher meine Fragen:
Halten Sie die Repression und die Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten für eine sinnvolle Säule der Drogenpolitik?
Wie stehen sie zu einer Legalisierung und zu einem staatlich regulierten und besteuerten Cannabismarkt?
Mit freundlichen Grüßen
Julian Knewitz
Sehr geehrter Herr Knewitz,
es ist meine persönliche Überzeugung, wie auch die Meinung der Fachleute der SPD-Bundestagsfraktion, dass die strafrechtlichen Folgen von geringfügigem Cannabis-Konsum nicht den Lebensweg von jungen Menschen zerstören dürfen. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich deshalb seit Jahren für eine Entkriminalisierung der Süchtigen ein. Auch nach inzwischen 18 Jahren seit der so genannten „Haschisch-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts von 1994 gibt es bis heute keine bundeseinheitliche Regelung zur Festlegung der Kriterien für die Einstellung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach § 31 a BtMG in Fällen des Eigenverbrauchs von Cannabis in geringen Mengen. Die Regelungen in den Ländern sind zum Teil immer noch unterschiedlich und die Verurteilungen in den jeweiligen Gerichtsbezirken unterscheiden sich teilweise erheblich (derzeit zwischen 5g und 15g). Dieses Problem muss endlich gelöst werden.
Eine bundeseinheitliche Lösung wäre hier sicher wünschenswert. Die Angelegenheit fällt aber in den Regelungsbereich der Bundesländer. So können wir nur dingend an die Bundesländer appellieren, die Regelungen zu den „geringen Mengen“ zu vereinheitlichen und Festlegungen dazu zu treffen, in welchen Fällen, bzw. bis zu welcher Menge für den Eigenverbrauch, von einer Strafverfolgung gemäß § 31 a BtMG zwingend abzusehen ist.
Eine Legalisierung von Drogen ist aber etwas anderes als die Entkriminalisierung der Süchtigen. Eine Legalisierung kann niemand wollen, der beispielsweise den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Drogen und Sucht ernst nimmt. Eine Legalisierung, wie sie etwa die Bundestagskollegen von der Linksfraktion vorschlagen, bedeutet den völligen Verzicht auf jede staatliche Kontrolle. Diese Art der Legalisierung würde vor allem dem Drogenhandel nützen. Für die Entkriminalisierung Süchtiger andererseits ist eine generelle Legalisierung keine Voraussetzung.
Wir sind der Auffassung, dass das gesundheitliche Gefährdungspotential durch regelmäßigen und intensiven Cannabis-Konsum, vor allem auch für die immer jüngeren Erstkonsumenten ernst zu nehmen ist und keinesfalls unterschätzt und bagatellisiert werden darf. Cannabis ist keine harmlose Substanz. Cannabiskonsum birgt wesentliche gesundheitliche und soziale Risiken.
Dies legt auch die Analyse der wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema nahe. Weitergehende Informationen finden Sie hierzu in der Stellungnahme von Prof. Dr. med. Rainer Thomasius:
http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/anhoerungen/Archiv/p_Cannabis/stellungnahmen/index.html
Prof. Thomasius war Einzelsachverständiger in der öffentlichen Anhörung zum Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Dr. Martina Bunge, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs (BT-Drs. 17/7196), die am 25. Januar 2012 stattgefunden hat.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hartmann