Frage an Michael Hartmann von Benjamin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hartmann,
wie können Sie nur für die Einrichtung eines Polizeistaates stimmen? Wieso gibt es keine Kontrolle durch einen Richter?
Warum sind Sie so resistent gegen 1000 gute Gründe, gegen das Zensurgesetz zu stimmen. Warum nehmen Sie sich nicht wenigstens die Zeit, die Fakten noch einmal zu prüfen? Warum sorgen Sie für die Erstellung einer Einkaufsliste für Pädophile?
Sehr geehrter Herr Koppe,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de, die ich Ihnen hiermit gerne beantworte.
trotz vieler Proteste aus der Internet-Community bin ich davon überzeugt, dass wir mit dem beschlossenen Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz richtig gehandelt haben. Ziel des Gesetzes ist definitiv keine Zensur, sondern ausschließlich die ohnehin schwierige Bekämpfung der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet.
Bis kurz vor der Abstimmung im Plenum wurde an mich vor allem die Kritik herangetragen, dass dieses Gesetz die Büchse der Pandora öffne. Zur eindeutigen Klarstellung, dem ist nicht so. Wir haben gegenüber der Union durchgesetzt, dass nur die Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird. Um sicher zu gehen, dass nicht auch andere Inhalte zukünftig gesperrt werden, haben wir die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert (siehe Punkt 4).
Der endgültige Beschluss hat insbesondere folgende Änderungen gebracht.
1. "Löschen vor Sperren":
Die Regelung kodifiziert den Grundsatz "Löschen vor Sperren". Danach kommt eine Sperrung durch die nicht verantwortlichen Internet-Zugangsvermittler nur dann in Betracht, wenn eine Verhinderung der Verbreitung der kinderpornografischen Inhalte durch Maßnahmen gegenüber dem Verantwortlichen nicht möglich oder nicht in angemessener Zeit Erfolg versprechend ist.
2. Kontrolle der BKA-Liste:
Die Neuregelung nimmt den Wunsch nach mehr Transparenz auf und etabliert ein unabhängiges Expertengremium beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Mit Blick auf die vornehmlich juristischen Aufgaben, nämlich zu bewerten, ob Inhalte die Voraussetzungen des § 184 b StGB erfüllen, muss die Mehrheit der Mitglieder des fünfköpfigen Gremiums die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder sind berechtigt, die Sperrliste jederzeit einzusehen und zu überprüfen. Mindestens einmal im Quartal erfolgt zudem zusätzlich auf der Basis einer relevanten Anzahl von Stichproben eine Prüfung, ob die Einträge auf der Sperrliste den Voraussetzungen des Paragraphen 1 Satz 1 erfüllen. Sollte die Mehrheit des Gremiums zu der Auffassung kommen, dies sei nicht der Fall, hat das Bundeskriminalamt den Eintrag bei der nächsten Aktualisierung von der Liste zu streichen. Das Expertengremium wird vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für die Dauer der Geltung des Gesetzes (31. Dezember 2012) bestellt.
3. Datenschutz:
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.
4. Spezialgesetzliche Regelung:
Die im Gesetzentwurf bisher für das Telemediengesetz vorgeschlagenen Regelungen zur Zugangserschwerung werden in eine spezialgesetzliche Regelung überführt. Ausschließliches Ziel des Gesetzes ist die Erschwerung des Internetzugangs zu kinderpornografischen Inhalten. Mit dem neuen Regelungsstandort in einem besonderen Gesetz soll noch deutlicher werden, dass eine Zugangserschwerung auf weitere Inhalte ausgeschlossen bleiben soll. Der Änderungsantrag geht damit auf die vielfach geäußerten Befürchtungen ein, die Zugangserschwerung könnte mittelfristig weiter ausgedehnt werden.
5. Befristung:
Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31.12.2012 befristet. Auf der Grundlage der nach zwei Jahren vorzunehmenden Evaluierung wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, zu prüfen und zu bewerten, ob die Maßnahme erfolgreich war, um endgültig zu entscheiden.
Mit der neuen gesetzlichen Regelung bekämpfen wir nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer, sichern rechtsstaatliche Grundsätze und ermöglichen ein transparentes Verfahren.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Michael Hartmann, MdB