Frage an Michael Hartmann von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hartmann,
obwohl Sie sich ja bereits am 13.05. für eine Verschärfung des Waffenrechts einschließlich eines Verbot von Paintball etc. ausgesprochen haben, sind bei mir noch diverse Fragen offen geblieben, die Sie als Mitglied des Innenauschusses ja vielleicht beantworten können.
So schrieben Sie, dass Sie nach dem offenen Brief der betroffenen Eltern der wahrlich schrecklichen Tragödie von Winnenden handeln mussten. Gleichzeitig verweisen Sie auf die emotional angeheizte Stimmung.
Bei allem Mitgefühl für die Opfer und ihre Angehörigen, aber sind Sie der Auffassung, dass eben diese momentan angeheizte Situation und die derzeitig vor allem von Emotionen bestimmten Diskussionen die richtige Grundlage für derart hastige Gesetzesentscheidungen ist? Belastbare Fakten zur Begründung der Verbote und Neuregelungen konnte ich weder den Stellungnahmen Ihrer Parteikollegen noch denen der Union entnehmen. Ein kurzes Recherchieren zum Beispiel in den Statistiken des BKA zeigt vielmehr, dass von Legalwaffenbesitzern oder gar von Paintballspielern keine signifikante Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht.
Aber vielleicht haben Sie ja andere Informationen zur Verfügung?
Wäre es im Hinblick auf die Sicherheitsinteressen der Öffentlichkeit nicht Ziel führender, die künftig für unangekündigte Kontrollen abgestellten Vollzugsbeamten würden sich verstärkt um illegale Schußwaffen kümmern, die bisher und wohl auch weiterhin das Gros der Waffen bei Straftaten darstellen? Alternativ könnten diese Beamten ja auch mal recherchieren, wo denn die alljährlich zahlreich abhanden gekommenen Dienstwaffen staatlicher Stellen verbleiben. Gilt die Strafandrohung für Verlust eigentlich auch für Waffenträger dieser Institutionen?
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Kemme
Anm.: Ziel des zum Painball gehörenden Makierens des Gegners ist lediglich das vorüber gehende aus dem Spiel nehmen des Getroffenen. Solche Regeln sind aber Inhalt zahlreicher Sportarten wie auch Völkerball oder Baseball.
Sehr geehrter Herr Kemme,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Die kritische Diskussion zu diesem Vorhaben spiegelt das Meinungsspektrum, das bei allen sicherheitspolitischen Maßnahmen in Erscheinung tritt: Ablehnung, weil die Maßnahmen zu wenig durchgreifen, Ablehnung, weil die Maßnahmen zu sehr eingreifen, Ableh-nung, weil es immer Wege gibt, Präventionsmaßnahmen zu umgehen.
Darüber hinaus gilt: Die Aufgabe verantwortlicher Politik ist es, die Maßnahmen zu ergreifen, welche die Schwelle zur Begehung von Verbrechen möglichst hoch setzen. Dies hat nichts mit einem "Generalverdacht" gegen sämtliche legale Waffenbesitzer zu tun sondern damit, dass die Einhaltung bestimmter Vorgaben - beispielsweise zur Verwahrung der Waffen - ohne behördliche Kontrolle im Einzelfall laxer ausfällt als unter dem Druck einer jederzeit möglichen Kontrolle. Kontrollen und Kontrolldruck können nicht jeden Regelverstoß verhindern, aber sie werden mit Sicherheit dazu beitragen, dass die Regeln besser eingehalten werden. Das funktioniert im Prinzip nicht anders als Kontrollen im Straßenver-kehr.
Das Paintball-Verbot - in Ihrer Anfrage als "PS" aufgeführt - taucht vorerst in der Modifizierung des Waffenrechts nicht mehr auf. Ich bleibe bei meiner Haltung: Reale Spiele, in denen die Tötung oder Verletzung von Menschen in gewaltverherrlichender Weise praktiziert werden, sind mit der Wertordnung des Grundgesetzes nicht vereinbar. Von einem sofortigen Verbot beider Spielformen wurde jedoch abgesehen, um Schnellschüsse zu vermeiden, die möglicherweise über das Ziel hinausgehen. Deshalb werden wir in einer Begleitentschließung des Deutschen Bundestags zu den oben ausgeführten Änderungen des Waffengesetzes die Bundesregierung auffordern in Zusammenarbeit mit den Schießsportverbänden Regelungen auszuarbeiten, die das zulässige Bewegungsschießen klar vom kampfmäßigen Schießen abtrennen das Gefahrenpotential von realen Spielen mit Tötungs- oder Verletzungssimulation unter Einbeziehung von kriminologischen, psychologischen und soziologischen Gutachten zu untersuchen.
Angesichts der in der Tat teilweise unerfreulichen und unfairen öffentlichen Debatte - die auch Sie angesprochen haben - welche die legalen Waffenbesitzer wie Schützen und Jäger zu stigmatisieren droht, halte ich es für umso sinnvoller, wenn sich alle Kräfte der Vernunft an den notwendigen Änderungen konstruktiv beteiligen. Im Übrigen verweise ich auf meine weiteren Aussagen zu dieser Thematik in diesem Forum.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hartmann, MdB