Frage an Michael Dietmann von Friederike P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Herr Dietmann,
wie beurteilen Sie das Verhalten Ihrer Schulstadträtin und der sie unterstützenden BVV-Fraktion in Sachen Gemeinschaftsschule? Wie verträgt sich dieses Verhalten, den Schulwillen und den Elternwillen zu missachten, mit den ständigen Forderungen der CDU nach mehr Entscheidungsfreiheit für die Schulen und mehr Berücksichtigung des Elternwillens in der Schulpolitik? Und wie erklären Sie dem zur Unterstützung bereiten unternehmen, dass die Ideologische Ablehnung der Gemeinschaftsschule mehr zählt als die Bereitschaft, Schülern Chancen zu geben?
Sehr geehrte Frau Preuß,
die Reinickendorfer Bezirksschulstadträtin sowie die CDU-Fraktion haben eine klare Position, wonach sie die Gemeinschaftsschule ablehnen. Das für die Gemeinschaftsschule konstitutive längere gemeinsame Lernen führt nicht zu besseren Abschlüssen:
• Beim JüL (jahrgangsübergreifenden Lernen) bleibt berlinweit fast jedes 5. Kind bereits zu Beginn seiner Schullaufbahn sitzen, beschönigend „verweilen“ genannt.
• Berlin hat als eines von wenigen Ländern in Deutschland Klasse 5 und 6 in der Grundschule. Die Lernergebnisse Berlins bei dieser Form längeren gemeinsamen Lernens sind im Vergleich zum Bundesgebiet schlecht.
• Die „Binnendifferenzierung“, bei der Lehrer jedem Kind Aufgaben entsprechend dem individuellen Lernstand stellen sollen, gelingt nach Untersuchungen des Senats (Schulinspektionen) stadtweit allenfalls in Ansätzen.
Im Gegenteil: Nach 10 Jahren Schulpolitik des Wowereit-Senats setzt sich Berlin am Ende der bundesweiten Schulqualitätsvergleiche fest.
Der Wunsch der Eltern nach einer Schule wird von der CDU ernst genommen, kann aber nicht alleiniges Entscheidungskriterium sein, wenn die Eltern anderer Schulen von deren Entscheidung betroffen wären. Einzubeziehen ist nicht nur der Elternwunsch vor Ort, sondern auch die Position der Eltern der umliegenden gut ausgelasteten Schulen, in denen bei Gründung einer Gemeinschaftsschule am Standort Höch/Greenwich noch mehr Kinder aufgenommen werden müssten. Die Entwicklung der Schülerzahlen Berlins zeigt zudem im Bereich der Oberschulen einen Schülerrückgang auf. Aufgrund dieser Fakten kann eine gymnasiale Oberstufe am Standort Höch/Greenwich aus heutiger Sicht nicht entstehen. Das Konzept für die Gemeinschaftsschule sieht jedoch - den Elternwünschen folgend - eine eigene gymnasiale Oberstufe vor. Ob die Eltern die Schule wählen, wenn die Oberstufe in Kooperation mit anderen Standorten organisiert werden muss, steht dahin.
Erfreulich ist die Öffnung eines in der Region ansässigen Unternehmens für die Zusammenarbeit mit den Schulen. Die Position des Unternehmens, die Gemeinschaftsschule als Voraussetzung für eine erfolgreiche Kooperation zu sehen, kann inhaltlich nicht nachvollzogen werden. Zudem widerspricht sie der Position der „organisierten Wirtschaft“ des Landes Berlin, wie sie von der IHK vertreten wird. Die IHK hat in ihrem Papier „Bessere Bildung für Berlin“ in Punkt 9 gefordert: „Modellprojekt Gemeinschaftsschule aufgeben und in die allgemeine Sekundarschule überführen“.
Die CDU lehnt ein gleichmacherisches Schulsystem ab, wie der Wowereit-Senat es mit dem Modellprojekt Gemeinschaftsschule begonnen hat. Wir wollen ein vielfältiges Schulsystem mit Qualität, das vielfältige Begabungen von der handwerklichen Begabung bis zum künftigen Nobelpreisträger fördert.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Dietmann