Frage an Michael Bürsch von Peter U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Wie wir alle feststellen, geht die Akzeptanz der jetzt praktizierten Demokratie zurück. Seit nunmehr 50 Jahren erzählen mir Berufspolitiker, dass es keine bessere Form der Demokratie gibt. Wenn es nach Ihren Berufskollegen geht, werden wir wahrscheinlich noch in hundert Jahren die gleiche Form der Demokratie praktizieren, und die Akzeptanz der Bürger wird sich weiter verschlechtert haben. Bis hin zu einem möglicherweise bürgerkriegsähnlichen Umbruch, was wir doch Alle nicht wollen.
Was tun Sie und Ihre Partei, um die Demokratrie in unserem Land zu verbessern?
Was tun Sie und Ihre Partei, um die Akzeptanz in unsere Demokratie wieder zu verbessern?
Sehr geehrter Herr Uhlig,
meine Antwort auf Ihre Frage lautet schlicht Beteiligung. Um das Vertrauen der Menschen in die Demokratie zu steigern, müssen wir mehr und einfachere Partizipationsmöglichkeiten schaffen. Denn ein demokratischer Staat kann ohne die Beteiligung seiner Bürgerinnen und Bürger nicht funktionieren. Die Parteien spielen bei diesen Mitgestaltungsmöglichkeiten noch immer eine zentrale Rolle, wie sich auch in Artikel 21 des Grundgesetzes widerspiegelt. Hier heißt es: "Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit." Bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, bedeutet aber nicht nur, als Partei selbst Meinungen und Lösungsvorschläge in die öffentliche Diskussion einzubringen. Es geht viel mehr darum, auch Beiträge aus der Gesellschaft aufzugreifen und alternative Vorschläge aktiv zu fördern. Denn nur wenn Menschen durch ihr Engagement tatsächlich etwas verändern können, werden sie auch mitgestalten wollen.
Vor diesem Hintergrund werbe ich als Vorsitzender des Unterausschusses "Bürgerschaftliches Engagement" im Bundestag für eine neue Kultur der Beteiligung. Diese Beteiligung kann schon in der Schulzeit beginnen mit Kinder- und Jugendparlamenten, die das Schwimmbad oder die Skaterbahn in ihrer Gemeinde mitplanen. Sie kann sich fortsetzen im Engagement in der örtlichen Kirchengemeinde, einer Nichtregierungsorganisation, die sich für den Schutz der Wälder einsetzt, oder eben in der Kommunalpolitik. Voraussetzung für eine solche weitreichende Beteiligung sind Politiker und Mitarbeiter von Verwaltungen, die in den Ideen, den Vorschlägen und auch in der Kritik der engagierten Bürgerinnen und Bürger eine Bereicherung sehen und sie mitgestalten lassen.
Bei allen Hindernissen und Schwierigkeiten gibt es in Deutschland zahlreiche Beispiele dafür, dass diese Form der Beteiligung gut funktionieren kann. So arbeitet das Land Rheinland-Pfalz derzeit an einer Verwaltungsreform, an der sich alle Landesbewohner im Rahmen von Bürgerkongressen und Planungszellen mit ihren Vorschlägen beteiligen können. Eine genaue Beschreibung des Projekts finden Sie hier: http://www.buergerkongresse.de/Verwaltungsreform/nav/2ee/2ee204c9-466c-3811-33e2-dca90fb0e223.htm
Ein weiterer, meines Erachtens sehr guter Ansatz, um Bürgerinnen und Bürger wieder stärker in politische Entscheidungen einzubinden, sind Bürgerhaushalte. Hier lässt die Verwaltung einer Stadt oder einer Gemeinde ihre Bewohner über einen Teil des Haushaltes mitbestimmen. Auch für die Bürgerhaushalte gibt es verschiedene Beispiele in Deutschland: http://www.buergerhaushalt.org .
Diese und andere Beteiligungsansätze sind ein wichtiger Schlüssel, um Bürgerinnen und Bürgern das Mitgestalten der eigenen Gesellschaft leichter zu machen. Denn genau das - die Einmischung in die eigenen Angelegenheiten - ist Demokratie.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Bürsch