Frage an Michael Bürsch von Bodo C. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehter Herr Dr. Michael Buersch,
wie stehen Sie zu der außerplanmäßigen Rentenerhöhung in 2008, die erfolgen soll, obwohl nach den wirtschaftlichen Rahmendaten und der Einkommensentwicklung der Beitragszahler eine Erhöhung nicht gerechtfertigt wäre? Täuscht der Eindruck, dass einer großen Gruppe von Wählern hier das Geschenk einer "Beteiligung an der guten wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre" gemacht werden soll, obwohl die meisten Arbeitseinkommen von dieser Entwicklung bislang auch nicht profitiert haben?
Mit freundlichen Grüßen
Bodo Clausen
Sehr geehrter Herr Clausen,
besten Dank für Ihre Mail.
Wir haben die Renten erhöht, damit die Rentnerinnen und Rentner nach zahlreichen Jahren ohne Erhöhung ihrer Bezüge bei gleichzeitig steigenden Belastungen nun auch von der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland profitieren. Im Detail halte ich die folgenden beiden Aspekte für ausschlaggebend:
1. Die Erhöhung der gesetzlichen Rente richtet sich maßgeblich nach der Entwicklung der Bruttolöhne und Gehälter. Wenn diese nicht steigen, erhöht sich auch die Rente nicht. Die Löhne sind im vergangenen Jahr mit 1,4% zwar nicht so deutlich gestiegen wie der wirtschaftliche Aufschwung es erwarten ließ, sie sind aber dennoch angewachsen. Die Rentenanpassung läge nach geltendem Recht allerdings deutlich unter der Lohnentwicklung. Das ist vor allem auf die sogenannte "Riestertreppe" in der Rentenanpassungsformel zurückzuführen, die den steigenden Aufwendungen der Beschäftigten für ihre zusätzliche Altersvorsorge Rechnung trägt. Diese "Riestertreppe" dämpft die Rentenanpassung um jeweils rund 0,65 Prozentpunkte, was für Juli 2008 lediglich eine sehr geringe Rentenerhöhung von 0,46 % ergeben würde.
2. Zur Finanzierung der Pflegereform wird zum 1. Juli 2008 der Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Diese zusätzliche Belastung spüren die Rentnerinnen und Rentner stärker als andere Gruppen, da sie den vollen Pflegebeitrag tragen und zudem nicht von der deutlichen Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags von 4,2 auf 3,3 Prozent zum Jahresanfang profitieren.
Vor diesem Hintergrund hat sich die Bundesregierung dazu entschieden, die "Riestertreppe" in diesem und im nächsten Jahr auszusetzen. Dadurch wird die Rentenanpassung zum 1. Juli dieses Jahres mit 1,1% also 0,64 Prozentpunkte höher sein als nach der alten Regelung. Dank der günstigen wirtschaftlichen Entwicklung kann diese Maßnahme ohne eine Anhebung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung finanziert werden; der weitere Aufbau der Nachhaltigkeitsrücklage wird dadurch zeitlich gestreckt. Die langfristige finanzielle Stabilität der Rentenversicherung wird gewahrt indem die beiden ausgesetzten Stufen der Riestertreppe in den Jahren 2012 und 2013 nachgeholt werden.
Auch mit der jetzigen Rentenerhöhung werden wir unsere Ziele erreichen, dass der Beitragssatz bis zum Jahr 2020 nicht über 20 Prozent und bis zum Jahr 2030 nicht über 22 Prozent liegt und dass gleichzeitig das gesetzlich fixierte Mindestsicherungsniveau vor Steuern von 46 Prozent bis 2020 und von 43 Prozent bis 2030 nicht unterschritten wird. Die generationengerechte Ausgestaltung und die langfristige Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung bleiben gewahrt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Bürsch