Frage an Michael Bürsch von Ulrich B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Dr. Bürsch,
ich habe eigentlich nur eine kurze Frage, der reinen Neugierde wegen: Finden Sie, dass sich das Profil der modernen SPD außer in unwesentlichen Details von jenem der CDU abhebt? Und ob in dieser Republik tatsächlich Platz für zwei Parteien ist, deren Programme sich eher angleichen als gesunde Polarisierungen zu präsentieren und die innerhalb ihrer eigenen Reihen ein größeres Kontinuum an politischen Forderungen vertreten als es zwischen SPD und CDu auszumachen ist?
PS: Leider gibt es keine passende Themenüberschrift.
Sehr geehrter Herr Brügmann,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 31. Juli.
Ich bin der Meinung, dass sich das Profil der SPD sehr deutlich von dem der CDU unterscheidet. Wir betonen soziale Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität in ganz anderer Qualität und mit deutlich anderer Programmatik als die CDU. Dies zeigt sich praktisch in den Differenzen innerhalb der großen Koalition, wie bspw. bei der Gesundheitsreform. Hier setzt die SPD auf eine solidarische Bürgerversicherung, während die CDU die aus meiner Sicht sozial ungerechte Kopfpauschale favorisiert.
Programmatisch spiegeln sich die Differenzen in den Grundsatzprogrammentwürfen der beiden Parteien wider. Ich möchte Ihnen die Unterschiede exemplarisch anhand der Rolle der Bürgergesellschaft verdeutlichen, da ich mich mit diesem Thema intensiv beschäftige. Für die SPD zählt die Stärkung einer aktiven Bürgergesellschaft zu den vier großen Aufgaben zu Beginn dieses Jahrhunderts: „Zu Beginn des 21. Jahrhunderts stellen wir uns vier großen Aufgaben:(…) Und wir wollen auf allen Ebenen die riesigen Potentiale und Kräfte der Selbstorganisation einer Aktiven Bürgergesellschaft stärken“ (S. 14, Bremer Entwurf vom Januar 2007). Folgerichtig findet sich der Begriff an zahlreichen Stellen des Grundsatzprogramms wider: Wenn es um die Rolle des Staates geht, der Bürgerinnen und Bürger zu Engagement ermutigt soll, wenn es um die Mitgestaltungsmöglichkeiten auf der kommunalen Ebene geht oder die Möglichkeiten von bürgerschaftlichem Engagement bei der Selbsthilfe. Die CDU hingegen versteht die Bürgergesellschaft als Ansammlung Einzelner im privaten Raum. Hier wird der Begriff Bürgergesellschaft bzw. Ehrenamt zwar auch verschiedentlich erwähnt, jedoch wird die Rolle bürgerschaftlich Engagierter nicht deutlich.
Um Ihnen die Unterschiede zwischen der Programmatik der SPD und der der CDU umfassend zu verdeutlichen, habe ich Ihnen einen Vergleich der beiden Grundsatzprogrammentwürfe beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Bürsch