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Frage von Dominic B. •

Frage an Michael Bürsch von Dominic B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Dr. Michael Bürsch,

zur Zeit wird ja über die Freilassung der (ehemaligen?) RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt diskutiert und mich würde interessieren, wie sie entscheiden würden und warum? Ich persönlich bin gegen eine Freilassung, auch wenn jeder Mensch eine zweite Chance verdient hätte, aber wurde den Menschen, die von der RAF und Brigitte Mohnhaupt umgebracht wurden, nicht eine zweite Chance verwehrt? Außerdem wurde sie, meinen Informationen nach, wegen fünf Morden verurteilt und hätte, wenn sie jetzt aus dem Gefängnis entlassen würde, pro Mord nur knapp fünf Jahre büßen müssen. Für ein Menschenleben doch viel zu wenig......

Mit freundlichen Grüßen und der Hoffnung auf eine baldige Antwort verbleibt
Dominic Bosse

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bosse,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail. Bitte haben Sie Verständnis, wenn ich mich nicht direkt in Entscheidungen aus dem Bereich der Justiz einmische. Aus guten Gründen gibt es in Deutschland das System der Gewaltenteilung, und es steht der Legisalative, die ich als Abgeordneter vertrete, gut zu Gesicht, Judikative und Exekutive bei ihrer Arbeit nicht zu beeinflussen.

Dennoch will ich Ihnen meine Ansicht zum Fall Mohnhaupt nicht vorenthalten. Unser Rechtsstaat ist so angelegt, dass Regelungen und Verfahren unabhängig von konkreten Personen oder Fällen gültig sind. Das bedeutet im Fall einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe, dass bei besonders schweren Verbrechen nach einer Verbüßung von 26 Jahren Haft geprüft wird, ob eine vorzeitige Entlassung möglich ist. Bei dieser Prüfung gelten weder das konkrete Verbrechen, dessentwegen eine Person verurteilt wurde, noch die Frage, ob die betreffende Person Reue oder Einsicht zeigt, und auch nicht die öffentliche Stimmungslage als Beurteilungsmaßstäbe. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob von der inhaftierten Person noch eine Gefährdung für die Allgemeinheit oder einzelne Menschen ausgeht. Wenn das Ergebnis der Prüfung (durch sachverständige Strafvollzugsexperten) positiv ausfällt, kann die entsprechende Person vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Insofern wird Mohnhaupt nach den Regeln des Strafvollzugs wie ´ganz normale´ Schwerverbrecher behandelt (und eben nicht politisch, wie es immer das Ziel der RAF war).

Dieses Verfahren ist der grundsätzlichen Einsicht geschuldet, dass Strafe im Rechtsstaat nicht Vergeltung oder Buße, sondern Wiedereingliederung in die Gesellschaft zum Ziel hat. Jeder Mensch ist Träger von unveräußerlichen Menschenrechten, die man - auch durch schwere Verbrechen - nicht verwirken kann. Da Freiheitsentzug einen durch rechtskräftiges Urteil begründeten Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit bedeutet, gehört es zum Gedanken des Strafvollzugs, eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach einer bestimmten Zeit zu prüfen (s.o.). Dem persönlichen Empfinden mag dieser Gedanke manchmal nur schwer erträglich sein, vor allem, wenn die verurteilte Person, wie sie zu Recht schreiben, vielen Menschen und Familien durch ihre Verbrechen sehr großes und nicht wiedergutzumachendes Leid zugefügt hat. Wenn man jedoch beginnen würde, Menschenrechte zu relativieren, wäre ein universeller Rechtsgedanke verletzt, und man befände sich nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Bürsch