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Michael Brand
CDU
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Frage von Thomas G. •

Frage an Michael Brand von Thomas G. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Brand,

trotz der Einführung des Betriebsrentenfreibetragsgesetzes ab 01.01.2020 werden von der Politik noch immer die Interessen von ca. 9 Mio. altersvorsorgenden Menschen ignoriert.
Nach wie vor muss ein nicht unerheblicher Teil der selbst angesparten Auszahlungssumme einer Direktversicherung oder Betriebsrente an die gesetzliche Krankenversicherung abgeführt werden.

Auch ich gehöre zu den Betroffenen.

Das ab dem 01.01.2020 gültige Betriebsrentenfreibetragsgesetz gewährt den Direktversicherten einen Freibetrag in Höhe von monatlich 159 € für 120 Monate und den Betriebsrentnern für ca. 250 Monate. Ich habe an Sie als gewählten Volksvertreter im Deutschen Bundestag folgende Fragen:

1. Frage
Anhand des Statistischen Bundesamtes besteht ein deutlich höherer monatlicher Fehlbetrag im Lebensunterhalt der Rentnerhaushalte. Hier muss eine Entlastung geschaffen werden, ansonsten ist eine Unterstützung von anderer Seite erforderlich.

2. Frage
Warum werden in der Auszahlungsphase Direktversicherte und Betriebsrentner bei den Beitragszahlungen unterschiedlich behandelt? (Laufzeit Freibetrag für Direktversicherte auf 120 Monate begrenzt; Laufzeit Freibetrag für Betriebsrentner auf Lebenszeit im Durchschnitt zirka 250 Monate *)
• *Lebenserwartung lt. Statistisches Bundesamt Wiesbaden

3. Frage
Warum werden nur gesetzlich und freiwillig Krankenversicherte zur Zahlung der doppelten Sozialversicherungsbeiträge aus der arbeitnehmerfinanzierten Altersvorsorge verpflichtet? (Beamte und privat Versicherte sind ausgenommen).

4. Frage
Warum wurden trotz vorhandener Mittel und Parteibeschlüsse die nachweislichen Fehler des GMG-Gesetzes für vor 2004 abgeschlossene Verträge nicht korrigiert?
Wie wollen Sie die Ungerechtigkeit der Doppelverbeitragung in der Altersvorsorge nachhaltig beseitigen?

5. Frage
Wann und wie kommt der nächste Schritt in Richtung unserer Forderungen?
Wie stellen Sie sich eine Entschädigung der zu viel gezahlten Sozialversicherungs-beiträge vor?

Hinweis:
Wir machen uns Sorgen und Gedanken, wie sich die zukünftige Altersvorsorge für unsere Kinder und Enkel gestaltet. (Bericht von Prof. Raffelhüschen in Euro am Sonntag Ausgabe 05/2020 „Wir erleben die Ruhe vor dem Sturm“)

Generelle Frage an die Politik:
Welche Gesetzesinitiative planen Sie, um die zukünftige Altersvorsorge der Arbeitnehmer sicherzustellen? (Orientierungs-Beispiel Nettolohn-Ersatzquote aus anderen Europäischen Ländern)
Welche zusätzliche Altersvorsorge empfehlen Sie Ihren Kindern/Enkeln guten Gewissens?

In einer - von vielen Direktversicherten als „Nacht- und Nebelaktion“ empfundenen - Entscheidung, die anschließend unter Zeitdruck vor Weihnachten von überrumpelten Abgeordneten (viele erklärtermaßen nicht ausreichend im Thema) zu beschließen war,
peitschte Ende 2003 die damalige rot-grüne Koalition unter Billigung von CDU/CSU das „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen“ / Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) durch den Deutschen Bundestag.
Seit 2004 greifen auf dieser Basis die gesetzlichen Krankenkassen (die privaten nicht!) in die über Arbeitgeber abgeschlossene private Altersvorsorge ein und kassieren in der Auszahlungsphase an die 20% Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Der Eingriff erfolgte rückwirkend in bestehende Verträge, d.h. die vor Abschluss gültigen Bedingungen wurden einseitig geändert, die kalkulierten Auszahlungsbeträge galten nicht mehr und mit ihnen die von den Versicherten Jahrzehnte zuvor angestrebte Altersvorsorge.

Auf jahrelangen Druck der Direktversicherungsgeschädigten hat die derzeitige Große Koalition im Dezember 2019 das ab 1.1.2020 geltende Betriebsrentenfreibetragsgesetz beschlossen, das einen Betrag von 159,25 € der monatlichen Auszahlungen (bzw. entsprechend der sog. 120er-Regel ) von Betriebsrenten und gleichgestellten Direktversicherungen etc. von einer Verbeitragung durch die GKV ausnimmt.
Mit dieser Kompromissregelung sollte versucht werden, einen aus Sicht von Direktversicherungsgeschädigten seit 2003 zu Unrecht geltenden Eingriff in die zwar über Arbeitgeber abgeschlossene, aber letztlich privat angesparte zusätzliche Altersvorsorge wieder abzumildern. Millionen Rentner haben auf Basis der bei Abschluss geltenden Rechtslage (keine Erhebung von Krankenkassenbeiträgen in der Auszahlungsphase) ihre Alterseinkünfte geplant. In Millionen Fällen hat man somit die Planungen für den Ruhestand zerstört.
Die nochmalige Verbeitragung der Altersvorsorge - insbesondere bei Ansparung aus bereits verbeitragtem Einkommen, oder auch aus über der Beitragsbemessungsgrenze erzieltem Einkommen - war bei Vertragsabschluss nicht vorgesehen. Der - rückwirkende - Eingriff in bestehende Verträge stellt somit auch nach dem Betriebsrentenfreibetragsgesetz noch immer einen Vertrags- und Vertrauensbruch sowie einen ungerechtfertigten Zugriff auf die finanzielle Lebensplanung für den Ruhestand dar, den es dringend abzustellen gilt.

Was gedenken Sie, bzw. Ihre Partei, im Falle einer Wahl zu tun, um diese Ungerechtigkeit binnen einer Legislaturperiode vollständig zu beseitigen?

Werden Sie, wird Ihre Partei, sich nach der Bundestagswahl für eine Beitragsfreiheit der Auszahlungen aus Direktversicherungen und Unterstützungskassen aus laufenden Verträgen einsetzen?
Werden Sie dies vor Ablauf einer Legislaturperiode umsetzen?

Ich freue mich auf eine Antwort von Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Grösch

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Sehr geehrter Herr Grösch,

aus Ihren Schilderungen, denen ich nicht in jedem Detail zustimmen kann, lässt sich eine hohe Fachkenntnis zum Thema Direktversicherung und Betriebsrentenfreibetragsgesetz ablesen. Wie Sie richtigerweise darlegen, hat es eine gesetzliche Änderung gegeben, die zu Beginn des letzten Jahres in Kraft getreten ist.

Ich möchte auf die am Ende Ihres Schreibens gestellten Fragen zu diesem Themenkomplex - mit dem ich mich seit über zehn Jahren immer wieder befasse und den die damalige Rot-/Grüne Bundesregierung in der Sache falsch beschlossen und dieses problematische Ergebnis erst geschaffen hat - offen und ehrlich antworten.

In dieser Legislaturperiode wird nach dem Gesetzgebungsverfahren von 2019 in dieser Angelegenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts mehr geändert werden. Auch wenn das eine unerfreuliche Nachricht ist, so ist es eine ehrliche Antwort.

Die Beitragsfreiheit der Auszahlungen aus Direktversicherungen und Unterstützungskassen, hier vor allem natürlich aus den laufenden Verträgen, ist im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren im Jahr 2019 ebenfalls ausführlich diskutiert worden. Es gibt derzeit keine Anzeichen dafür, dass die volle Beitragsfreiheit der Auszahlungen nach der Bundestagswahl 2021 wiederhergestellt werden könnte. Dafür gibt es im Deutschen Bundestag unter Annahme verschiedener Wahlergebnisse keine Mehrheit.

Daher ergibt sich, dass nach zumindest meiner derzeitigen Einschätzung die von Ihnen gewünschte Beitragsfreiheit auch vor dem Ablauf der nächsten Wahlperiode mutmaßlich nicht umgesetzt werden wird.

Ich möchte Sie einladen, sich trotz aller noch so geringen Erfolgsaussichten aus Ihrer Sicht aktuelle Entwicklungen zum Thema direkt mit meinem Büro unter der E-Mail-Adresse michael.brand@bundestag.de auszutauschen, wenn Sie das für sinnvoll halten.

Trotz der sicherlich nicht zufriedenstellenden Antwort möchte ich Ihnen ein gutes, vor allem gesundes Jahr 2021 wünschen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Michael Brand

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