Frage an Memet Kilic von Dirk M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kilic,
Sie haben an der Abstimmung zum Betreuungsgeld nicht teilgenommen, waren aber vor Ort.
Meine Fragen deshalb:
Ist es nicht die ursprüngliche Aufgabe des gewählten Volks-Vertreters an Abstimmungen teilzunehmen? (Nicht nur der Koalition)
Ist nur die Koalition (die sicher auch nicht optimal vorbereitet war) oder das gesamte gewählte und vom Steuerzalher bezahlte Parlament zum Abstimmen da, unabhängig von Mehrheiten und politischen Meinungen?
Halten Sie dieses Verhalten für förderlich bezüglich Politikverdrossenheit seitens der Bürger und vertrauensbildend seitens der anderen Abgeordneten?
Halten Sie diese Verhalten für vorbildlich gegenüber allen Institutionen z.B. Vereinen die mit demokratischen Abstimmungen viel Arbeit leisten?
Im Voraus vielen Dank für Ihre Antworten
Sehr geehrter Herr Maier,
ich möchte klarstellen, dass ich zur Zeit der Abstimmung nicht vor Ort war, sondern auf dem Weg zu einer Podiumsdiskussion in Geislingen.
Natürlich ist es wünschenswert, dass ein Bundestagsabgeordneter an allen Abstimmungen teilnimmt, jedoch ist dies in der Praxis aus zeitlichen Gründen nicht immer möglich.
Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, die fehlende Mehrheit der Regierung zu organisieren. Die Regierung muss sich selbst fragen, warum sie dafür keine ausreichende Mehrheit hat. Dieses Thema ist selbst in der Regierungskoalition strittig, das weiß auch die Regierung. Im Obleutetreffen wurde der Regierung klar gemacht, dass die Opposition mit allen parlamentarischen Mitteln dieses unsinnige Gesetz verhindern wird. Wenn die Regierung trotzdem nicht in der Lage ist die eigene Mehrheit zu mobilisieren, ist es entweder Absicht oder grobe Fahrlässigkeit.
Zum Betreuungsgeld:
Ich werde mich weiterhin gegen das Betreuungsgeld positionieren. Laut einer OECD-Studie wirkt sich ein Betreuungsgeld negativ auf die Quote der am Arbeitsmarkt beteiligten Einwanderinnen aus. Ist dieses vorhersehbare Ergebnis von der Bundesregierung wirklich erwünscht? Die Bundesregierung ist nicht nur beratungsresistent, sondern weigert sich auch die Realität anzuerkennen. Wir haben bereits im Jahr 2009 vor den negativen Folgen des Betreuungsgeldes gewarnt (siehe Pressemitteilung vom 23.12.2009).
Insbesondere bei den Familien, die knapp über der Sozialhilfegrenze verdienen, wird der Anreiz groß sein, Kinder zu Hause zu betreuen. Stellen wir uns eine Familie vor, die 200 Euro über der Sozialhilfegrenze verdient: Diese Familie muss sich entscheiden, ob sie das Kind zur Kita schickt und dafür 200 bis 300 Euro zahlt, oder das Kind zu Hause behält und dafür 150 Euro erhält. Das Ersparte beträgt immerhin 350 Euro.
Anstelle des integrationshemmenden Betreuungsgeldes fordern wir massive Investitionen in die Kita-Qualität und perspektivisch die Abschaffung der Kita-Gebühren. Das Geld, das die Regierung dafür einplant, fehlt für die dringend notwendigen Investitionen in neue Kinderbetreuungsplätze.
Mit freundlichen Grüßen
Memet Kilic