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Melis Sekmen
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Frage von Bernhard R. •

Wie ist Ihr Standpunkt zum "Nordischen Modell" zur Abschaffung der Prostitution und was wollen Sie im Bundestag konkret tun, um dieses Modell über eine Gesetzesinitiative gesetzlich einzuführen?

Sehr geehrte Frau Sekmen!

Kürzlich besuchten wir im MARCHIVUM in Mannheim eine Veranstaltung zur "19.ten" in der Neckarstadt, zur Historie und Gegenwart der Prostitution in Mannheim. Ausgehend von dieser Veranstaltung und aus der Beschäftigung mit dem Thema sehen wir einen deutlichen gesetzlichen Handlungsbedarf und Anlass zu unser Frage:
Sozialarbeiterinnen von Beratungsstellen für Frauen in der Prostitution und andere Expertinnen halten die gegenwärtige Prostitutionsgesetzgebung für wenig geeignet, den Schutz von Frauen vor sexueller Ausbeutung zu gewährleisten. Wie ist Ihr Standpunkt zum alterativen „Nordischen Modell“ mit seinen drei Säulen „Entkriminalisierung der Prostituierten“, „Kriminalisierung der Sexkäufer und Betreiber“ und „Finanzierung von Ausstiegsprogrammen für Prostituierte“? Und was wollen Sie ggf. im Bundestag konkret tun, um dieses Modell über eine Gesetzesinitiative gesetzlich einzuführen?

Bernhard R. u. Jutta S. /Wahlkreis Mannheim

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr R.,

Dass Frauen, die in der Prostitution unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten, können und dürfen wir als Gesellschaft nicht hinnehmen. Gerade in Mannheim ist ein Großteil der Frauen von Armutsprostitution betroffen. Deshalb ist es mir auch wichtig, an der Handtaschenaktion von Amalie jedes Jahr mitzumachen. Schon in meiner Zeit als Gemeinderätin habe ich die Einrichtung oft besucht und konnte dort mit den betroffenen Frauen ins Gespräch kommen.

Darüber hinaus hatten wir uns schonmal auf der Podiumsdiskussion zum Nordischen Modell getroffen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns dieses Modell genau anschauen und darauf aufbauen können. Ich denke allerdings, dass wir ein deutsches Modell brauchen mit klaren Regularien, die die Rechte und den Schutz der Frauen im Fokus hat. Das fängt beispielsweise mit regelmäßigen und strengen Kontrollen im Umfeld der Frauen an.

So ist es beispielsweise sehr sinnvoll das Umfeld der Frauen regelmäßig streng zu kontrollieren. Freiwillige, niedrigschwellige und mehrsprachige Beratungsangebote müssen wir aber deutlich ausbauen und Menschen, die aus der Prostitution aussteigen konsequent unterstützen mit Angeboten zur Medizinischen Versorgung, finanzieller Unterstützung und Hilfe bei der Vermittlung in Erwerbsarbeit außerhalb der Prostitution. Dazu gibt es auch bereits Programme, die Frauen helfen eine Ausbildung zu starten und sich so ein neues Leben aufbauen können. Hier ist Frankreich tatsächlich Vorreiter mit einem speziellen Ausstiegsprogramm für Prostituierte, inklusive Zugang zu Aufenthaltserlaubnissen für einen Mindestaufenthalt von 6 Monaten, monatliche Finanzhilfen (330€/Monat) und Begleitung durch eine akkreditierte NGO. Diesen Weg sollten wir auch in Deutschland verfolgen.

Darüber hinaus brauchen wir mehr Regularien von Vergnügungsstätten. Einige dieser Einrichtungen haben einen Erbpachtvertrag mit den Städten. Hier können beispielsweise bestimmte Regelungen getroffen werden. Zum Beispiel bei der Untervermietung von Zimmern an Frauen, werden hohe Mieten angefordert. Diese könnte man deckeln. Denn das führt am Ende des Tages dazu, dass Frauen länger arbeiten müssen, um ihre Fixkosten decken zu können. Oft auch in krankem Zustand. Hinzu kommt, dass viele Frauen auch keine Versicherung haben. Das muss auch Bestandteil einer Reform sein.

Wen man in der ganzen Debatte nicht vergessen darf: die Kinder der Frauen. Auch ihnen müssen wir eine gute Bildung und ein kinderfreundliches Umfeld ermöglichen. Bei all den Schritten müssen wir sie mitdenken und im Fokus haben.

Ich bin selbst ein Kind der Neckarstadt West. Es ist absurd, dass überhaupt erlaubt wurde, mitten in einem Wohngebiet Bordelle einzurichten. Ich bin in direkter Nachbarschaft aufgewachsen. Diese Tatsache gehört bestimmt nicht zu einer kinderfreundlichen Stadt. Hier müssen die Flächennutzungspläne der Stadt  dringend überarbeitet werden.

Fakt ist auch, dass viele Frauen Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sind. Das ist ein abscheuliches Verbrechen, das wir mit den Mitteln des Strafrechts, aber auch präventiv durch ein gemeinsames europäisches Vorgehen, Information sowie Schutz und Hilfe für die Opfer konsequent bekämpfen müssen. Aufklärung in den Schulen verstetigen und ausbauen müssen.

Im Koalitionsvertrag haben wir daher festgelegt, dass wir neben der Errichtung einer unabhängigen Berichterstattungsstelle auch die Intensivierung und ressortübergreifende Koordinierung der Bekämpfung des Menschenhandels sowie die Erstellung eines Nationalen Aktionsplanes endlich vorantreiben. Die Berichterstattungsstelle wurde bereits Ende 2022 durch unsere Grüne Bundesministerin Lisa Paus umgesetzt. Der Aktionsplan soll sich mit allen Formen des Menschenhandels befassen. Die beteiligten Bundesministerien planen und stimmen die hierfür erforderlichen Schritte derzeit ab.

Wir sind regelmäßig, nicht zuletzt bei Fachgesprächen oder Anhörungen, mit Verbänden und Einzelpersonen in Kontakt, die sich für die Rechte von Frauen in der Prostitution einsetzen. Auch ich persönlich stehe in engem Austausch mit der Beratungsstelle für Frauen in der Prostitution „Amalie“ bei uns vor Ort in Mannheim. Denn nur gemeinsam werden wir eine substanzielle Verbesserung für die Frauen erreichen können.

Vielen herzlichen Dank, dass auch Sie sich seit vielen Jahren für dieses Thema stark machen!

Melden Sie sich gerne jederzeit wieder bei weiteren Fragen oder Anliegen.

Herzliche Grüße aus Mannheim

Ihre Melis Sekmen

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