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Mechthild Rawert
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Frage von Ernest G. •

Frage an Mechthild Rawert von Ernest G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Rawert,

ich stelle Ihnen nun einige Fragen zum Umgang mit Regierungen folgender Länder:

Türkei - Wissen Sie, wieso nicht einfach darüber nachgedacht wird, die NATO-Mitgliedschaft der Türkei zumindest auszusetzen, solange sich die Türkei weiter an Russland annähert, und, mit der russischen Regierung paktiert? Weshalb werden auch Beitrittsgespräche mit der Erdogan-Regierung nicht auf Eis gelegt, obwohl man weiß, dass dort Menschenrechte missachtet, regierungskritische Meinungen unterdrückt und die Pressefreiheit beschnitten wird? Glauben Sie nicht auch, dass der Putschversuch von 2016 nicht doch inszeniert worden sein könnte, damit Erdogan als Held dasteht? Warum wird weiter über Waffenleiferungen in die Türkei nachgedacht, obwohl man doch weiß, dass das türkische Militär gelieferte Rüstungsgüter für ihre kriegerischen Zwecke, vor allem gegen Kurden, missbraucht? Wieso wird so vehement am Flüchtlingsdeal, der 2016 abgeschlossen wurde, festgehalten, anstatt den Flüchtlingen vor Ort direkt zu helfen, und, anstatt Italien und Griechenland vermehrt unter die Arme zu greifen, bezüglich der Flüchtlingshilfe? Warum machen sich die Bundesregierung und die EU so erpressbar, von der Erdogan-Regierung?

China - Mal Hand aufs Herz: Was ist Ihnen wichtiger? Menschenrechte, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit und Demokratie in China, sowie mehr Freiheiten für Hongkong, Taiwan, Tibet und die Uighuren? Also, darauf zu pochen, und, eben klare Kante zu zeigen, gegen jegliche Unterdrückungen durch das chinesische Regime? Oder doch die wirtschaftlichen und bilateralen Beziehungen mit China, und, Menschenrechte kommen erst dahinter? Und, warum stärken Deutschland und die EU nicht einfach die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan und Hongkong? Was spräche dagegen?

Und, was spräche gegen Sanktionen gegen die Türkei und China, Ihrer Meinung nach?

Ich bedanke mich schonmal bei Ihnen für die Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

Ernest Goetz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Goetz,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie wichtige Themen insbesondere zur Lage der Menschenrechte ansprechen.

Zu Beginn Ihres Schreibens sprechen Sie die Beziehungen zur Türkei an. Die Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO. Der Ausschluss eines Mitglieds aus der NATO ist jedoch nicht durch den NATO-Vertrag vorgesehen und ist deshalb rein rechtlich nicht möglich. Der Nordatlantikvertrag sieht in Artikel 13 lediglich die Möglichkeit des eigenständigen Ausscheidens vor.

Auch thematisieren Sie die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei, welche seit 2005 geführt werden. Auch wenn diese formal noch nicht für beendet erklärt werden, erscheint ein Beitritt der Türkei zur EU seit den letzten Jahren immer unwahrscheinlicher. Rückschritte bei Menschenrechten, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit wurden wiederholt auch von Seiten der EU kritisiert. Im Dezember wurden angesichts der anhaltenden Provokationen der Türkei im östlichen Mittelmeer Sanktionen gegen die Türkei beschlossen, welche den EU-Beitritt der Türkei praktisch auf Eis gelegt haben. Ich bedauere die Entwicklung in der Türkei sehr, zumal ich anfangs sehr für eine Mitgliedschaft in der EU plädiert habe. Meine Haltung hat sich aber spätestens „rund um das Verfassungsreferendum“ geändert, an dem ich als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vor Ort teilgenommen habe.

Die EU-Türkei Vereinbarungen vom März 2016 dürfen von der Türkei keinesfalls missbraucht werden, um die EU zu Zugeständnissen zu erpressen. Die Türkei hat eine angemessene, humanitäre Versorgung der Geflüchteten zu gewährleisten. Eine menschenwürdige Migrationspolitik ist mir und allen anderen Sozialdemokrat*innen ein großes Anliegen. Aus diesem Grund fordern wir angesichts der gegenwärtigen katastrophalen Lage der Geflüchteten beispielsweisein Lipa und in den Lagern auf Lesbos die Aufnahme besonders schutzbedrftiger Menschenauch durch die Ermöglichung von eigenen Landesaufnahmeprogrammen. Wir brauchen endlich langfristige und nachhaltige Lösungen, welche nur durch eine grundsätzliche Neuausrichtung der europäischen Flüchtlings-und Asylpolitik mit Fokus auf Humanität und Solidarität gelingen können.

Des Weiteren fragen Sie nach den deutsch-chinesischen Beziehungen. Die massiven Menschenrechtsverletzungen in China gilt es deutlich und scharf zu kritisieren. Die rechtsstaatliche Lage hat sich in der Volksrepublik China in den letzten Jahren immer mehr zugespitzt. Die Internierung der Uiguren in Straflagern in ist ein schreckliches Verbrechen, das nicht hinnehmbar ist. Auch das harte Durchgreifen Chinas gegen die Demokratiebewegung in Hongkong gilt es scharf zu verurteilen. Die EU hat im Zuge dessen Exportbeschränkungen und die Aussetzung unserer Auslieferungsabkommen mit Hongkong beschlossen. Es ist richtig, sich klar zu positionieren und China deutlich zu machen, welche Konsequenzen die Einschränkungen von Menschenrechten nach sich ziehen.

Jedoch denke ich, dass ein Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China nicht zu mehr Rechtsstaatlichkeit und einer verstärkten Achtung der Menschenrechte führen würde. Ganz im Gegenteil: Ein Abbruch der bilateralen Beziehungen würde uns die Möglichkeit und Chance nehmen mittels politischem Dialog Druck auf China auszuüben.

Genaueres können Sie auch gerne unserem Positionspapier „Eine sozialdemokratische China-Politik“ entnehmen: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier_china.pdf

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie politisch engagiert

Mechthild Rawert