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Mechthild Rawert
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Frage von Andreas S. •

Frage an Mechthild Rawert von Andreas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

...eigentlich laeuft es doch auf Rentenkuerznung hinaus, wer findet oder hat in diesem Alter noch einen Job?
Wie konnten Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren da zuzustimmen?
Gruss
Schroeder

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schröder,

gerne erläutere ich Ihnen, warum ich dem "Rentenversicherungs-, Altersanpassungsgesetz" zugestimmt habe.

Ich bin mir durchaus der Balance zwischen der Anhebung des Renteneintrittalters und der damit verbundenen finanziellen Stabilisierung des Rentensystems und den Sorgen der Menschen, in bestimmten Branchen bis zum 67.Lebensjahr keine Vollzeittätigkeit mehr leisten können, bewusst. Vor dem Hintergrund der glücklicherweise weiter steigenden Lebenserwartung und den sinkenden Geburtenzahlen einerseits und den möglichen gesetzlichen Alternativen andereseits, sehe ich in der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente den sinnvollsten Weg für langfristige Planungssicherheit und Verlässlichkeit im Rentensystem.

Die Rentenbezugsdauer wird sich von 1960 bis zum Jahr 2020 aller Voraussicht nach verdoppelt haben. Das Verhältnis der 65-jährigen und Älteren zu den 20- bis 65-jährigen beträgt zurzeit rund 1:3. Auf eine/n Rentener/in kommen drei Menschen, die arbeiten und in die Rentenversicherung einzahlen. Im Jahr 2030 wird sich das Verhältnis auf 1:2 verschlechtern. Würden wir dieser Entwicklung nicht entgegenwirken, hätte das veränderte Verhältnis von Rentnern und Beitragszahler/innen ernste Konsequenzen für die Rentenkasse. Wir möchten jedoch das generationenübergreifende Umlageverfahren der Rentenfinanzierung erhalten.

Die Erhöhung des Rentenalters wir schrittweise erfolgen. Ab 1212 erhöht sich das Rentenalter um einen Monat pro Kalenderjahr, ab 2024 erfolgt die Anhebung in zwei- Monatsschritten. Im Jahr 2029 wird der Renteneintritt ab dem 67. Lebensjahr erfolgen .

Der zukünftige Arbeitsmarkt wird sich infolge der demographischen Entwicklung erheblich von der heutigen unterscheiden. Unsere Bevölkerung schrumpft, das heißt auch das sogenannte "Erwerbspersonenpotential" insgesamt, also diejenigen, die den Wohlstand in Deutschland erwirtschaften können werden weniger. Zuwanderung und höhere Erwerbsquoten können diesen Prozess nur geringfügig abschwächen, aber nicht aufhalten.

Mir ist durchaus bewusst, dass sich die Arbeitsmarktsituation in den letzten Jahren erheblich verändert hat. Die Anforderungen an die Arbeitnehmer/innen insgesamt sind erheblich gewachsen. Hohe Produktivitätsanforderungen in den Unternehmen führen zur Arbeitsverdichtung und in Teilbereichen zu höheren psychischen und physischen Belastungen. In vielen Branchen ist daher eine kontinuierliche Vollzeittätigkeit bis zum 67. Lebensjahr kaum möglich.

Um die Herausforderung einer alternden Gesellschaft zu bewältigen, bleibt keine andere Möglichkeit, als das nominale Renteneintrittsalter zu erhöhen. Voraussetzung , um die Beschäftigungsdauer älterer Arbeitnehmer/innen zu verbessern, ist das laufende Angebot von Fortbildungen und eine gesundheitsschonende Gestaltung des Arbeitsplatzes. Darüber hinaus brauchen wir auch in Zukunft die Möglichkeit gleitender Übergänge in den Ruhestand, die so flexibel wie möglich gestaltet werden müssen.

Eine Schande ist es, dass in einigen Branchen Menschen über 50 Jahren keine Anstellung mehr finden, obgleich sie gesund sind und nach einer Erwerbsarbeit suchen. Viele Arbeitnehmer/innen , die Mitte-Sechzig sind, fühlen sich fit und leistungsfähig. Ihnen muss die Möglichkeit der Erwerbsarbeit gegeben werden.

Trotzdem brauchen wir auch in Zukunft die Möglichkeit gleitender Übergänge in den Ruhestand, die so flexibel wie möglich gestaltet werden müssen. Eine Möglichkeit wäre der flexible Übergang aus dem Erwerbsleben mittels Teilrentenbezug in Verbindung mit einer erhöhten Hinzuverdienstgrenze. Dabei muss die Aufstockungsleistung des Arbeitgebers zur Rentenversicherung ermöglicht werden. Die Erhöhung der Beschäftigungsquote Älterer und die Ermöglichung flexibler Rentenzugänge sind dabei für mich kein Widerspruch, sondern bedingen einander: Nur wenn ältere Arbeitnehmer/innen mit gesundheitlichen Einschränkungen die Möglichkeit besitzen, den Umfang ihrer Erwerbstätigkeit ihrem Leistungsvermögen anzupassen, besteht die Chance, dass sie noch erwerbstätig sein können.

Um die Erwerbsquote für ältere Arbeitnehmer/innen zu erhöhen ist an das "Rentenversicherungsanpassungsgesetz" die "Initiative 50 plus" gekoppelt worden. Diese setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen: Eingliederungszuschüsse, Kombilohn für Ältere, Befristungsmöglichkeiten, Förderung der Weiterbildung.

Eine weitere Unterstützungsmaßnahme ist die Initiative "Neue Qualität der Arbeit." Hier wird Unterstützung des Bundes für Betriebe angeboten, die Arbeitsbedingungen modern und alternsgerecht gestalten wollen. Der Altersdurchschnitt in der Gesamtbevölkerung und damit auch der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte, wird sich schon in den nächsten Jahren deutlich erhöhen. Absehbar ist der Mangel an Fachkräften, der zunehmen wird und sich bereits jetzt abzeichnet.

Die Rente mit 67 und Initiative 50plus sind notwendige Antworten auf die Herausforderung, die der demographische Wandel für Gesellschaft und Arbeit bringt.

Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, die älter werdende Gesellschaft zu einer Chance zu machen. Die Maßnahmen sind notwendig, wenn wir rechtzeitig auf die tiefgreifenden Veränderungen der kommenden Jahre vorbereitet sein wollen.

Lieber Herr Schröder, ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Argumente, warum ich diesem Gesetz zugestimmt habe, so darlegen, dass es für Sie nachzuvollziehen ist, warum ich diese Entscheidung mit meinem Gewissen vereinbaren kann.

Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Rawert