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Mechthild Rawert
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Frage von Holger S. •

Frage an Mechthild Rawert von Holger S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Rawert,

meine Frage bezieht sich auf die Mietpreisbremse. Ich hatte vor der Einführung der Mietpreisbremse schon einmal bei Ihnen angefragt, was Sie denn dagegen zu tun gedenken, dass wohlhabende Mieter sich in Zukunft grössere weil mietpreisgebremste Wohnungen leisten und dadurch die Wohnungsnot erst recht zum Problem wird. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass bereits im Jahr 1 der Bremse (2015) die Zahl der in Berlin als Wohnungslos erfassten Personen von vormals ca. 10 Tsd. (2014) auf nunmehr 17 Tsd (2015) gestiegen sein soll. Hängt möglicherweise damit zusammen, dass wohlhabende Mieter sich grössere weil billigere Wohnungen leisten und sozial schwache in die Obdachlosigkeit verdrängt werden? Wenn die rapide ansteigende Obdachlosigkeit andere Gründe haben sollte, welche sind das? Kann der Gesetzgeber auf Bundesebene etwas gegen die steigende Obdachlosigkeit tun? Und natürlich was wird das kosten? Wird die Frage ob die Obdachlosigkeit in mietpreisgebremsten Regionen schneller steigt als anderswo, im Rahmen der Evaluation des Gesetzes nach 5 Jahren mituntersucht? Falls nein, sollte das mituntersucht werden?

Vielen Dank für Ihre Mühe
mit freundlichen Grüssen

Holger Schindler

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schindler,

ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Frage! Ich freue mich Ihnen sagen zu können, dass Ihre Frage genau zur richtigen Zeit kommt! Ich habe nämlich genau zum Thema bezahlbare Mieten für Alle am 13. Juni 2016 eine Fraktion vor Ort Veranstaltung organisiert http://www.mechthild-rawert.de/inhalt/2016-06-30/wem_geh_rt_die_stadt_sie_geh_rt_uns_den_berlinerinnen_und_berlin . Dort kamen solche Fragen zur Sprache und es wurden auch gute Lösungsansätze diskutiert.

Zu Ihrer Frage:
Sie sprachen das Problem an, dass durch mietpreisgebremste Wohnungen wohlhabende Mieter sich in Zukunft größere Wohnungen leisten könnten und folglich Wohnungsnot erst Recht zum Problem würde. Das Gesetz zur Mietbreisbremse, also "Zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung" http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/031/1803121.pdf , geht zwei Probleme an:

- Einkommensschwächere aber auch zunehmend durchschnittlich verdienende Haushalte hatten es zunehmend schwer, bezahlbare Wohnungen zu finden, weil die Mieten in erheblichem Maße über der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen. Viele Wohnblöcke wurden auch "entmietet" durch VermieterInnen, die durch den Vorwand von energetischen Sanierungen die Mieten viel höher als die ortsüblichen Mieten ansteigen ließen. Durch die Erhöhungsbegrenzung der Miete auf 10 Prozent der ortsüblichen Miete, die mit der mietpreisbremse kam, wurde dem entgegengewirkt.

- In einer zweiten Maßnahme wurden weitere Mehrkosten verhindert: Konnten früher VermieterInnen Kosten von eingeschalteten MaklerInnen auf Ihre Wohnungssuchenden abwälzen und somit ein Ausscheidungskriterium bei Verweigerung der Bezahlung dieser schaffen, so müssen nun VermieterInnen die MaklerInnenkosten selbst bezahlen. Mit dem Gesetz werden also Mieten bezahlbar gehalten für die Umgebung und so die Möglichkeit geschaffen, für alle in gleichberechtigter Weise der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen. Ein Jahr nach dem Eintreten des Gesetzes hat sich auch wirklich gezeigt, dass es die Zielgruppe der MieterInnen entlastet hat http://www.spdfraktion.de/themen/jahr-mietpreisbremse-soziales-mietrecht . Die SPD will nun eine noch verbesserte Inanspruchnahme des Gesetzes verwirklichen. Damit ist aber in Bezug auf das Problem, das in Ihrer Frage auch impliziert ist, zwar ein erster gerechter Schritt getan, aber die generelle akute Wohnungsnot ist noch nicht gelöst. Hier ist die Mietpreisbremse nur ein Anfang. Weitere zusätzliche Maßnahmen müssen damit einhergehen, damit es nicht zu der von Ihnen beschriebenen Situation kommt. Diese Maßnahmen sind im Koalitionsvertrag festgehalten und die SPD kämpft besonders dafür. So muss sozialer Wohnungsbau stärker gefördert werden, der generationen- und altersgerechter Wohnungsbau muss steigen. Beispiele sind genossenschaftliches Wohnen, was bei meiner Fraktion vor Ort-Veranstaltung auch ein großes Thema war. Weitere Verbesserungen, für die die SPD kämpft, ist ein rechtssicherer Mietspiegel. Außerdem sind wir für eine Kappungsgrenze für Mietsteigerungen bei Modernisierungen. Wir wollen auch einen Wirtschaftlichkeitsgrundsatz einführen, damit nicht "Pro-Forma-Modernisierungen" als Vorwand für Mieterhöhungen missbraucht werden. All diese Punkte in der Menge schaffen es, die Wohnungsnot anzugehen und gerecht zu gestalten.

Bundesjustizminister Maas (SPD) hat deutliche Verbesserungen in diese Richtung und vor allem auch mehr Rechtssicherheit für VermieterInnen in den neuen ReferentInnenentwurf eingearbeitet, das sogenannte Miete II-Paket. Leider stellt sich die CDU/CSU-Fraktion dagegen. Der Kampf geht also weiter - wir haben die Probleme vor Augen.

Ein weiteres Problem, das Sie in diesen Zusammenhang erwähnen, ist die Obdachlosigkeit. Diese hat in der Tat vielfältige Ursachen und sind schwer anzugehen. Zunächst ist wichtig zu erwähnen, dass es keine offiziellen Angaben zu wohnungslosen Menschen gibt, sondern nur Schätzungen. So schätzt die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. http://www.bagw.de/de/themen/zahl_der_wohnungslosen/index.html für 2014, dass es ca. 335.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung gibt - ein drastischer Anstieg um 18% seit 2012. Sie prognostiziert auch bis 2018 eine Steigerung um 60%. Die Bundeszentrale für politische Bildung http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61797/wohnungslosigkeit zitiert den Statistikbericht der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. und nennt als Gründe des Wohnungsverlusts 2010 27% wegen Räumung (meist wegen Mietschulden), 24% Kündigung durch den oder die VermieterIn. Bei 47% geschah das Ausziehen auf eigene Initiative hin. Die Gründe sind vielfältig: Arbeitslosigkeit, Überschuldung, familiäre Probleme, gesundheitliche Beeinträchtigung - alles wiederum komplexe Ursachenkomplexe.

Auch geschlechterspezifische Unterschiede können festgestellt werden: So gaben unter den Menschen, die eine Wohnung verloren haben, 11% der Frauen an, dass "Gewalt des Partners" ein Auslöser war. Gegen sexualisierte Gewalt muss in diesem Rahmen angegangen werden - darum begrüße ich den Vorstoß zur Verschärfung des Sexualstrafrechts http://www.mechthild-rawert.de/inhalt/2016-05-04/sexualstrafrechtsreform_das_recht_auf_sexuelle_selbstbestimmung . Im Rahmen der Istanbul-Konvention habe ich dazu vor kurzem zu einer Veranstaltung mit Europaratsabgeordneten in Berlin eingeladen. Noch im Juli werde ich an einem Gespräch mit vielen Trägern zusammenkommen, die sich insbesondere mit der Wohnungslosigkeit von Frauen beschäftigen.

Mit diesen Beispielen möchte ich ausdrücken, dass die Gründe für Wohnungslosigkeit vielschichtig und faktorreich sind. Ich sehe wie Sie drängenden Handlungsbedarf.

Seien Sie gewiss: Die SPD kämpft auf vielen Ebenen für bezahlbare Mieten und gegen die Wohnungslosigkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Mechthild Rawert