Frage an Mechthild Rawert von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Rawert,
Herr König kritisiert in seiner Frage, dass die neuen Rundfunkgebühren auch dann zur Zahlung der Rundfunkgebüren verpflichten wenn man gar keinen Fernseher besitzt, was soziale Härten für Menschen respektive Familien mit geringem Einkommen bedeuten kann.
http://www.abgeordnetenwatch.de/mechthild_rawert-778-78407--f410326.html#q410326
Ihre Antwort kann mich nicht überzeugen, da sie m.E. nicht wirklich auf die eigentlichen Fragen eingeht und die Ungerechtigkeiten zu relativieren sucht, die sich durch die neue Gebührensatzung ergeben.
So schreiben Se, Zitat:
"Seit 2007 galt die Gebührenpflicht über 17,98 € auch dann, wenn andere zum Empfang von Rundfunk geeignete Geräte (also insbesondere PC, Handy, Tablet) genutzt wurden. Die alte Rundfunkgebühr war somit auch vor 2013 von Haushalten zu entrichten, die zwar auf einen Fernseher verzichteten, aber z.B. über einen internetfähigen PC verfügten. Statistiken zeigen, dass nahezu alle Haushalte über entsprechende Geräte verfügen."
War und ist es nicht ungerecht, dass Menschen zur Zahlung der Rundfunkgebühr gezwungen werden, auch wenn diese die Angebote des Rundfunks gar nicht nutzen?
Sie schreiben:
"Insgesamt ist durch die Neuregelung sichergestellt worden, dass 90% der Beitragszahler*innen genauso viel wie vorher zahlen müssen oder sogar entlastet werden."
Bedeutet diese Aussage nicht auch, dass 10% der Beitragszahler/innen mehr als vorher zahlen müssen?
Sie weisen darauf, dass der Rundfunk zunehmend über Smartphones oder Tablet-PCs empfangen werden könnte. Durch das neue System könnten Einzelfallprüfungen entfallen, diese käme somit viel unbürokratischer daher.
Wenn dem Rundfunkbetreibern daran gelegen sein sollte, dass ihre Angebote nur von zahlenden Kunden genutzt werden, warum werden diese Angebote von den Betreibern nicht verschlüsselt?
Ist die moderne Technik nur dann interessant, wenn man damit den Bürgern tiefer in die Tasche fassen kann?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
Ihre Aussage, dass die Rundfunkanstalten verschlüsseln sollten, wenn sie nur zahlende Kunden haben wollen, suggeriert, dass das Nichtzahlen schon irgendwie "in Ordnung ist". Ihr Vorschlag auf Verschlüsselung und Freischaltung für die "realen BeitragszahlerInnen" würden dem Auftrag des freien Informationszugang nicht gerecht werden. Es ist aber Aufgabe des Öffentlich- rechtlichen Rundfunks allen Bürgerinnen und Bürgern den freien Zugang zu Informationen zu ermöglichen durch eine unabhängige Berichterstattung. Das Bundesverfassungsgericht nannte dies 1986 die unerlässliche "Grundversorgung".
Dafür ist von jedem Haushalt für die Bereitstellung des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Rundfunkbeitrag zu entrichten, er richtet sich nicht nach dem Konsum von Fernseh- und Rundfunkprogrammen.
Die Rechtmäßigkeit der Haushaltsabgabe wurde mittlerweile von diversen Verwaltungsgerichten, dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und auch vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof bestätigt. Auch die Beteiligung von Unternehmen und Institutionen an der Finanzierung des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurde von den Gerichten geprüft und bestätigt: "Der Öffentlich-rechtliche Rundfunk diene der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung; ihm obliege die Sicherung der Meinungsvielfalt sowie Informationsfreiheit als wesentliche Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften. Wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft komme ihm hierbei eine im Vergleich zu anderen Medien herausgehobene Bedeutung zu. Von einer funktionierenden, auf einer von politischen und finanziellen Interessen unbeeinflussten Meinungs- und Informationsfreiheit aufbauenden Demokratie profitierten nicht nur die Bürgerinnen und Bürger. Vielmehr sei eine freie wirtschaftliche Betätigung allein in einem demokratischen Umfeld möglich. An der gesellschaftlichen, insbesondere der politischen Meinungsbildung wirkten Unternehmen und ihre Verbände zudem passiv wie aktiv mit. Weitere Vorteile ergäben sich daraus, dass der Rundfunk eine wichtige Informationsquelle wirtschafts- und erwerbsrelevanter Informationen sei.", so der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Beim alten Gebührenmodell musste jedes Gerät angemeldet werden. In Familien, in den die Kinder bereits eigene Einkommen hatten, mussten auch die Kinder für ihre Radios, Fernsehgeräte oder internetfähigen Computer eigene Gebühren entrichten. Gleiches galt z.B. für Wohngemeinschaften. War dies gerechter?
Die Einzelfallprüfung ist mit dem Rundfunkbeitragsmodell entfallen. Egal wie viele und welche Geräte sich im Haushalt befinden, es ist nur noch ein Beitrag zu zahlen. Sie schreiben, für 10% der Beitragszahlenden würde sich der Beitrag erhöhen. Ja, es gibt Fallkonstruktionen in denen durch die Umstellung auf die Haushaltsabgabe ein Rundfunkbeitrag fällig wird. Zum Beispiel für die Zweit- und FerienwohnungsinhaberInnen. Hier erhöht sich der Beitrag, je nach Anzahl der zusätzlichen Wohnsitze. Auch ich gehöre zum Personenkreis, der einen zusätzlichen Beitrag zu leisten hat. Ich musste mit der Umstellung auf den Rundfunkbeitrag mein Wahlkreisbüro als Betriebsstätte anmelden.
Da ich unabhängige Berichterstattung schätze, zahle ich den Beitrag zur Finanzierung des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks gern.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Rawert