Frage an Mechthild Rawert von Harald G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag Frau Rawert,
ich nehme an, dass Sie als Bundestagsmitglied, während der letzten SPD-Grünen-Bundesregierung persönlich die Entwicklung der Drohnentechnologie unterstützt haben. Im letzten Jahrzehnt wurde dafür viel Geld versenkt, das wo anders fehlt. Daher meine Fragen:
1)Wie wollen Sie sich in der neuen Legislaturperiode zur Drohnentechnologie verhalten und unterstützen Sie, dass dafür weitere Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden?
2)Der derzeitige Bundesverteidigungsminister hält daran fest auch Kampfdrohnen für die Bundeswehr zu beschaffen. Unterstützen Sie das?
3)Wo sehen Sie Einsatzgebiete für solche Waffen und halten Sie diese für die Landesverteidigung für notwendig?
4)Ist Ihnen die Einsatztaktik von Staaten bekannt, die schon länger Kampfdrohnen einsetzen (wie Israel und USA)?
5)Was halten Sie davon, dass diese Waffen insbesondere eingesetzt werden um in Staaten (so Pakistan, Jemen, Somalia) mit denen kein Kriegszustand besteht angebliche Feinde zu vernichten und dabei offensichtlich auch viele Unbeteiligte getötet wurden?
6)Was halten Sie davon, dass beispielsweise die USA auch die Tötung von eigenen Staatsbürgern unter bestimmten Umständen als legitim ansieht?
7)Warum kann das auch für deutsche Staatsbürger als möglich angesehen werden, wie kürzlich die Bundesanwaltschaft verkündete?
8)Haben Sie ethische Probleme damit, dass sich mit Kampfdrohnen militärische Oberbefehlshaber ohne ordentliche Verfahren (Beweisaufnahme/Verteidigung) - außerhalb von kriegerischen Kampfhandlungen - quasi als Ankläger, Richter und Henker in einer Person betätigen?
9)Welche internationale Reaktionen würden Sie befürworten, wenn eine Liquidierung von z.B. tschetschenischen "Terroristen" durch russische Kampfdrohnen außerhalb Russlands erfolgen würde?
Gruß H. Gindra
Sehr geehrter Herr Gindra,
vielen Dank für Ihre Frage vom 10. August 2013, in der Sie im weitesten Sinne auf die Drohnentechnologie eingehen.
Grundsätzlich betreffen Ihre Fragen das Spannungsverhältnis zwischen technischem Fortschritt, militärischer Ausrüstung auf dem neuesten Stand und die ethisch-moralischen Implikationen, wie diese Ausrüstung genutzt werden kann. Durch neue Arten von Kriegsführung und zunehmend Gegnern, die keine Staaten sind, ist auch der Begriff der „Selbstverteidigung“ neu zu definieren. Peter Struck hat dies seinerzeit mit dem berühmten Satz, dass die Sicherheit Deutschlands auch am Hindukusch verteidigte würde, auf den Punkt gebracht. Die USA haben mit einer „präemptiven Sicherheitstrategie“, die einen Erstschlag bei möglicher Bedrohungslage als Verteidigung rechtfertigt, den Verteidigungsbegriff noch weiter ausgelegt bzw. rechtfertigen gezielte Tötungen dadurch, dass sie sich im Krieg gegen den Terror befinden würden. Auch im Völkerrecht befindet man sich hier in Grauzonen. Kampfdrohnen kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, denn sie werden mit gezielten Tötungen in Verbindung gebracht und dass sie ferngesteuert eingesetzt werden, könnte die Hemmschwelle militärische Einsätze zu führen, beeinflussen.
Der Einsatz von Kampfdrohnen wirft grundlegende völkerrechtliche und ethische Fragen auf. Deshalb bin ich der Meinung, wir brauchen eine ausführliche gesellschaftspolitische Debatte über alle Aspekte von Drohnen - bevor wir diese Systeme anschaffen. Wir müssen erst ein umfassendes Regelwerk definieren, das den Einsatz solcher Systeme regelt und dieser neuen Technologie gerecht wird. Dazu gehört auch eine klare Positionierung, dass extralegale Tötungen mit bewaffneten Drohnen einen klaren Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen und geächtet werden sollten.
Dem letzten rot-grünen Parlament habe ich noch nicht angehört.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Rawert