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Mechthild Rawert
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Mechthild Rawert von Gerhard R. bezüglich Soziale Sicherung

Wie die Tagesschau soeben berichtet, steht die Steuerbegünstigung der Integrationsbetriebe oder der Betriebe, die steuerbegünstigt weit über den Durchschnitt von 6 % beschäftigen, vor dem Aus!
Zumindest betreiben dies derzeit die zuständigen Finanzbehörden!
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1313452.html

Sehr geehrte Frau MdB Rawert,
wie die Kommentierung im entsprechenden Beitrag der Tagesschau formulierte, berufen sich die Steuerbehörden hier auf eine "schwammige Formulierung" in den entsprechenden Rechtzsnormen!

Wie kann sicher gestellt werden, das hier nicht in völlig abwegiger und , ich erlaube mir, es drastisch zu formulieren, assozialer Weise, ein begründeter Nachteilsausgleich - auf Grund handwerklich schlechter Normensetzung demontiert wird?

Was wird die Fraktion der SPD dazu schnellstmöglichst unternehmen, um dieses Unterfangen in die Schranken zu verweisen???

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Roloff,

vielen Dank für Ihre Frage zur Besteuerung von Integrationsbetrieben.
Als die für unseren gemeinsamen Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg zuständige SPD-Bundestagsabgeordnete beantworte ich ihre Frage gerne.

Ein großer Teil der Menschen mit Behinderung im erwerbsfähigen Alter findet keine Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen ist seit Jahren fast doppelt so hoch wie die der nicht-behinderten Menschen, und sie steigt weiter an. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden. Der Zugang von Menschen mit Behinderung zu qualifizierter Ausbildung, Arbeit und Beschäftigungauf dem ersten Arbeitsmarkt ist mir ein zentrales Anliegen. Ich will einen inklusiven und zugänglichen Arbeitsmarkt, der jedem Menschen mit Behinderung die Möglichkeit bietet, seinen/ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zusammen mit Selbsthilfeorganisationen das Positionspapier http://www.spdfraktion.de/sites/default/files/positionen_0211_behindertendok_screen.pdf "Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention -- Herausforderung und Chance für eine inklusive Gesellschaft"erarbeitet. Wir fordern: "Die Anstrengungen sind auf das Ziel zu richten, allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, d.h. genauso Schwerbehinderten wie Menschen mit Behinderung ohne anerkannte Schwerbehinderung, eine Perspektive auf dem ersten Arbeitsmarktzu eröffnen." Im April dieses Jahres hat die SPD-Bundestagsfraktion den Antrag "Ausgleichsabgabe erhöhen und Menschen mit Behinderung fairen Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen" (Drs. 17/9931 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/099/1709931.pdf ) gestellt. Ziel der im Antrag genannten Maßnahmen ist die bessere Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention für den Arbeitsmarktbereich und insbesondere die Beschäftigung in Integrationsunternehmen und -projekten zu fördern.

Steuererleichterungen sind ein elementares Instrument zur Förderung von Integrationsbetrieben, weshalb ich alarmiert bin von Ihrem Bericht über derartige Streichungen.

Daher haben wir beim Bundesministerium der Finanzen (BMF) nachgefragt und um eine Aufzeichnung über die Rechtslage und die dortigen Erkenntnisse über die Besteuerungspraxis in den Ländern gebeten.

Laut Auskunft des BMF vom 20. Juni 2013 "ist die Rechtslage in Bezug auf Integrationsbetriebe unverändert". Demnach stehen gemeinnützigen Organisationen, die in ihren Einrichtungen schwerbehinderte Menschen beschäftigen, steuerliche Vorteile zu -- unter unveränderten Voraussetzungen. Das heißt, bei einer Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen von 40 % ergeben sich steuerliche Vorzüge für die Institutionen. Das BMF teilte uns mit, dass es trotz gleichbleibender Rechtslage allerdings eine Konkretisierung der Berechnungsmethode zur Ermittlung dieser Quote gab. Sie lautet:

"Die Beschäftigungsquote wird nach den Grundsätzen des § 75 SGB IX berechnet. Es werden also grundsätzlich nur die Beschäftigten des Integrationsprojektes berücksichtigt, die auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 SGB IX beschäftigt sind (siehe § 75 Abs. 1 SGB IX). Teilzeitbeschäftigte, die mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 18 Stunden beschäftigt sind, sind damit nicht berücksichtigungsfähig. Ein über diese Grenze hinausgehend Teilzeitbeschäftigter wird voll angerechnet. Verfügt ein Integrationsprojekt über wenigstens 20 Arbeitsplätze und ist damit beschäftigungspflichtig (vgl. § 71 Abs. 1 SGB IX), kann das Vorliegen der Voraussetzungen der 40 %-Quote über die Anzeige nach § 80 Abs. 2//SGB IX geführt werden."

Möglicherweise handelt es sich bei diesem Medienecho um einen Einzelfall. Unklar ist zudem, ob nicht auch andere steuerrechtliche Fragen eine Rolle spielen könnten (was im Beitrag nicht erwähnt wurde).

Uns liegen keine weiteren Fälle als des im Bericht der Tagesschau genannten Betriebs vor, in denen Steuerbegünstigungen von integrativen Betrieben oder Projekten aus den dort genannten Gründen gestrichen wurden. Sollten Ihnen weitere Fälle bekannt sein oder werden, geben Sie uns bitte Bescheid, sodass wir darauf reagieren können.

Das Ziel eines inklusiven Arbeitsmarktes ist nicht im Schnellverfahren zu erreichen. Viele Träger versuchen, zur Inklusion im Rahmen ihrer Möglichkeiten (z.B. in Form von Integrationsunternehmen) beizutragen. Solche Ansätze gilt es zu sichern, weiterzuentwickeln und bestehende rechtliche Hürden zu beseitigen.

Mit freundlichen Grüßen,

Mechthild Rawert