Frage an Mechthild Rawert von Ernest G. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Rawert,
momentan wird ja über ein Boykott der EM in der Ukraine diskutiert!
Ich halte nichts davon, dass die deutsche Nationalmannschaft und die deutschen Fans die EM boykottieren sollen. Sollte die Politik, insbesondere die Regierung, doch dazu aufrufen, oder gar sowas fordern; entschuldigen Sie bitte, muss man das Gefühl haben, dass einem der Spaß und die Freude an der Europameisterschaft nicht gegönnt wird!
Natürlich ist es nicht schön, wie dort mit Timoschenko umgegangen wird, und natürlich habe ich auch nichts dagegen, dass einzelne Regierungsvertreter und Politiker für sich entscheiden, bewusst die Ukraine bei der EM zu meiden. Aber es muss nicht jeder beim Boykott mitmachen, sondern es muss jeder für sich entscheiden können!
Oder, wie sehen Sie das?
Mit freundlichen Grüßen
Ernest Goetz
Sehr geehrter Herr Goetz,
ich danke Ihnen für Ihre Frage, die ich gern wie folgt beantworten möchte.
Ich unterscheide, ob PolitikerInnen für sich selbst erklären bzw. von anderen PolitikerInnen erwarten, den Europameisterschaftsspielen in der Ukraine fern zu bleiben oder ob zu einem umfassenden Boykott der Spiele aufgerufen wird. Ich halte die Boykottaufrufe, die von einigen auch noch mit dem Zusatz versehen sind, die Spiele nach Deutschland zu verlegen, zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht für sachdienlich. Denn dies lässt dann keinen Spielraum mehr für konstruktive Gespräche.
Ich selbst habe von Anfang an für mich entschieden, dass ich zu keinem Spiel der EM in die Ukraine oder nach Polen reisen werde. Als Gesundheitspolitikerin sehe ich leider zu viele "Baustellen der Gesundheitspolitik" an denen es zu arbeiten gilt. Zeit für unsere Gesundheitspolitik aufzuwenden ist mir persönlich wichtiger.
Den Aufruf von Sigmar Gabriel an die deutschen PolitikerInnen zum Fernbleiben bei Spielen in der Ukraine kann ich dennoch nachvollziehen. Denn durch die Teilnahme an den Spielen, durch die mediale Aufmerksamkeit, die PolitikerInnen bei Europa- oder Weltmeisterschaftsspielen bekommen, könnte der Eindruck entstehen, dass der Umgang der Ukraine mit den Menschenrechten normal und nicht beanstandungswert wäre. Denn meist entstehen Filme und Fotos, die deutsche PolitikerInnen fröhlich und vereint mit den PolitikerInnen des jeweiligen Gastlandes zeigen. Die Frage des Umgangs mit PolitikerInnen der Opposition und mit den Menschenrechten in der Ukraine ist aber nicht hinnehmbar. Die Ukraine wollte Teil Europas werden, hat sich also auch an europäische demokratische Werte zu halten. So sieht auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, in der Haltung der Ukraine zu den Menschenrechten eine Gefahr für das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union, denn die EU erwartet von allen Ländern mit denen sie solche Abkommen -über die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit- schließt die Einhaltung der Menschenrechte.
Ich würde mich über eine EM mit fair ausgetragenen Spielen, bei der die bessere Mannschaft gewinnt, freuen und hoffe, Sie können das auch. Ich wünsche mir friedliche Spiele innerhalb des Stadions und Demokratie überall.
Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Rawert