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Mechthild Rawert
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Frage von Axel und Anne B. •

Frage an Mechthild Rawert von Axel und Anne B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Rawert,

seit fünf Jahren verfolge ich bereits die politischen Bemühungen um ein Patientenverfügungsgesetz. Es gab dabei viele Verzögerungen, Durststrecken, aber auch interessante Ansätze. Nun scheint das Vorhaben zu scheitern - und das an politischen Eitelkeiten. Das will ich nicht hinnehmen!
Bei diesem Thema geht es um mein Leben und um mein Sterben und darum, beides zu gestalten. Es muss endlich Sicherheit geben. Ich möchte ein Dokument verfassen können, das dann verbindlich ist, wenn ich mich selbst nicht mehr äußern kann. Im Augenblick versinken Betroffene, Angehörige, Ärzte und Vormundschaftsrichter tief im ethischen und juristischen Treibsand. Denn es hängt vom Richter und damit vom Zufall ab, wie Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen ausfallen. Bitte denken Sie an die mehr als neun Millionen Menschen, die bereits eine Patientenverfügung verfasst haben! Ich bin mir sicher: Weit mehr hätten gern ein solches Dokument, bezweifeln aber, dass sich Ärzte im Ernstfall daran halten würden. Das sind unhaltbare Zustände, die nur durch ein Gesetz geändert werden können. Jeder der in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwürfe bedeutet eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Praxis.
Nehmen Sie Autonomie und Fürsorge am Lebensende ernst, und entscheiden Sie jetzt! Es ist Ihre Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Patientenverfügungsgesetz verabschiedet wird!

Bitte informieren Sie mich über Ihre Position zu diesem Thema - und wie Sie weiter vorgehen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Anne und Axel Böttcher

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Böttcher, sehr geehrter Herr Böttcher,

ich danke für Ihre Fragen und Anregungen vom 29. Mai 2009 zur aktuellen Gesetzesberatung für die Regelung von Patientenverfügungen. Sie erwarten zu Recht noch in dieser Legislaturperiode eine gesetzliche Regelung zu diesem eminent wichtigen Thema. Wie Sie sicher wissen, gibt es aktuell vier fraktionsübergreifende Anträge bzw. Gesetzesentwürfe. Ich unterstütze den sogenannten „Stünker-Entwurf“, weil ich hier die größtmögliche Klarheit und Umsetzung des selbstbestimmten PatientInnenwillens verwirklicht sehe.

Kernpunkt dieses Gesetzesantrages ist eine Patientenverfügung ohne Reichweitenbegrenzung, also unabhängig von Art und Phase der Krankheit.

Weiterhin haben wir den sogenannten „dialogischen Prozess“ zwischen Arzt/Ärztin und BetreuerIn explizit im Gesetzentwurf integriert. Mit dieser Formulierung soll das Zusammenwirken von Arzt/Ärztin und BetreuerIn verdeutlicht werden. Zunächst prüft der Arzt/ die Ärztin, welche ärztliche Maßnahme mit Blick auf den Zustand und die Prognose des Patienten/der Patientin indiziert ist. In einem zweiten Schritt soll diese Maßnahme unter Berücksichtigung des verbindlichen Patientenwillens zwischen Arzt/Ärztin und BetreuerIn erörtert werden. Explizit aufgenommen wurde weiter die Formulierung, dass niemand zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden kann und die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden kann.

Überraschenderweise ist der sogenannte Zöller-Entwurf kurzfristig dahingehend geändert worden, dass vor der Errichtung einer Patientenverfügung künftig eine ärztliche Beratung erfolgen solle. Eine solche Soll-Regelung ist rechtlich keineswegs unverbindlich. Sie würde nach unserer Ansicht eine Fülle von neuen Problemen aufwerfen und bei PatientInnen und ÄrztInnen zu neuer Rechtsunsicherheit führen: Insbesondere folgende Fragen stellen sich mir dabei: In welchen Fällen ist die Wirksamkeit einer Patientenverfügung an eine vorherige ärztliche Beratung geknüpft und wann kann auf sie verzichtet werden?
Nicht beantwortet ist zudem die Frage, warum die Beratung nur von ÄrztInnen erbracht werden soll, wo doch SeelsorgerInnen, PsychologInnen, SozialarbeiterInnen oder caritative Einrichtungen ebenfalls wichtige Beiträge zur Beratung leisten. Vor allem aber würde eine solche Regelung die Wirksamkeit von Millionen bereits vorliegenden Patientenverfügungen in Frage stellen; Sie haben diesen Punkt explizit in Ihrem Schreiben genannt.

Leider ist es in der letzten Sitzungswoche im Mai auch aufgrund dieser unverantwortlichen Hinhaltetaktik nicht gelungen, die drei vorliegenden Entwürfe für ein Patientenverfügungsgesetz im Plenum zur namentlichen Abstimmung zu stellen.

Ich bin darüber sehr verärgert und enttäuscht, dass wir damit noch immer keine rechtliche Klarheit haben. Ich werde bei meinen Kolleginnen und Kollegen in den nächsten zwei Wochen weiter intensiv für den „Stünker-Entwurf“ werben und hoffentlich mitbewirken können, dass wir – spätestens bis Anfang Juli – die jahrelangen Diskussionen zu einem klaren und verbindlichen Ende führen.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen

Ihre Mechthild Rawert