Frage an Maximilian Brym von Jakob B. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Werter Herr Brym,
lange hab ich gedacht, man können die EU sozial gestalten. Aber fast immer gehts doch nur gegen die Arbeitnehmer (siehe BolkesteinRichtlinie, Port Package) etc. .
Wie können diese Arbeitnehmerfeindlichen EUrokraten gestoppt werden?
Vielleicht haben sie ja eine befriedigende Antwort.
Mit freundlichem Gruß
J. Bauer
Von Irland lernen heißt siegen lernen
Sehr geehrter Herr Bauer,
im Juni 2008 lehnte die Bevölkerung Irlands den Vertrag von Lissabon mit deutlicher Mehrheit ab. Bei einer für eine solche Abstimmung vergleichsweise hohen Wahlbeteiligung von 53,1 Prozent wurde am Donnerstag den (12.6.) der “Vertrag von Lissabon” (die umbenannte EU-Verfassung) in Irland mit 53,4 Prozent zu 46,6 Prozent deutlich abgelehnt Das Nein zum Vertrag von Lissabon schockiert das politische und ökonomische Establishment
Damit haben auch die Interessen der Großunternehmen und die politische Elite, die die EU kontrollieren, einen Dämpfer erhalten. Statt den demokratischen Willen der Bevölkerung zu akzeptieren und in Deutschland eine ähnliche Volksabstimmung zuzulassen war aus dem hiesigem politischen Establishment zu vernehmen: „Bei allem Respekt vor der irischen Abstimmung können wir nicht hinnehmen, dass die gewaltige Mehrheit Europas von einer Minderheit einer Minderheit der Minderheit betrogen wird”, so der Kommentar von Axel Schäfer (SPD), Vorsitzender der Bundestagskommission für Europaangelegenheiten. Einige Kommentatoren forderten, dass Irland, ein Land mit weniger als einem Prozent der europäischen Bevölkerung, nicht eingeräumt werden darf, ganz Europa „aufzuhalten“. Die Wahrheit ist allerdings, dass es in allen EU-Mitgliedsstaaten Volksabstimmungen zum Vertrag von Lissabon hätte geben müssen, wenn die EU demokratisch wäre. Der Vertrag von Lissabon fördert die Militarisierung der EU, der Vertrag befördert die Privatisierung so grundlegender öffentlicher Bereiche wie Gesundheit und Bildung. Der Vertrag erleichtert einen Angriff auf die Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitnehmerrechte.
Der betrügerische Aspekt im Lissabon Vertrag
Der Vertrag von Lissabon wurde bewusst so geschrieben und mit angehängten Protokolltexten verkompliziert, um es noch schwerer zu machen, seinen neoliberalen und arbeitnehmerfeindlichen Inhalt herauslesen zu können. Enthalten ist auch eine sogenannte Charta der Grundrechte, die keine neuen Rechte für ArbeiternehmerInnen anfügt, aber von der sozialdemokratischen Partei und Gewerkschaftsführern als Rechtfertigung für ihre Passivität herangezogen wird. Dennoch liegt der arbeitnehmerfeindliche Charakter des Vertrages klar auf der Hand.
Artikel 188c des Vertrages von Lissabon würde es - durch die Aufhebung des Vetorechts einzelner Staaten bei Handelsabkommen in den Bereichen Gesundheit und Bildung - ermöglichen, dass Finanzspekulanten das Recht erhalten, zu intervenieren und sich die Rosinen, die am meisten profitablen Teile in Gesundheit und Bildung herauszupicken. Diese kapitalistischen Aasgeier würden neue Gebührensysteme einführen und den öffentlichen Sektor grundlegend unterminieren.
Mit dem Vertrag von Lissabon wird mit der Politik fortgefahren, die das Recht auf Handel und “Geschäfte zu tätigen” - mit anderen Worten: das Recht, Profite zu erwirtschaften und auszubeuten - in den Mittelpunkt der EU und über die Rechte von ArbeitnehmerInnen auf angemessene Bezahlung und Arbeitsbedingungen stellt. Darüber hinaus wird es dem Europäischen Gerichtshof erleichtert, damit fortzufahren, neue Urteile zu fällen, die Großkonzerne gegenüber ArbeitnehmerInnen bevorteilen (wie z.B. in den Fällen von Laval und Ruffert schon geschehen).
Für eine Kampagne
In Deutschland und in anderen Ländern sollte es eine Kampagne gegen den Vertrag von Lissabon geben. Dabei sollte der betrügerische Charakter des Vertrages betont werden. Die hohen politischen Repräsentanten der EU nennen nachdem in Frankreich und in den Niederlanden die EU- Verfassung abgelehnt wurde das GANZE nun Vertrag und nicht Verfassung. Gefordert werden muss das Recht auf eine Volksabstimmung ala Irland .
Viele Grüße
Max Brym