Portrait von Matthias Schmidt
Matthias Schmidt
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Matthias Schmidt zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Tilo P. •

Frage an Matthias Schmidt von Tilo P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Wahlkreisbewerber,

wie Ihnen hoffentlich bekannt ist, gilt die Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht für Auszubildende.
Das stellt Auszubildende jedoch vor das Problem, dass im Zweifel keine Hilfe zur Ausbildung gezahlt wird. Vergleich ( http://www.zweit-ausbildung.de/lehre/alg2.htm )

Nun heißt es ja durchaus, dass lebenslanges Lernen nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel werden wird,
bzw. auch jemand mit gebrochener Erwerbsbiographie strebt evtl. mit 30, 32 oder 35 noch eine Ausbildung an.
All diesen Menschen wird es jedoch verwehrt, weil sie nicht in das Schema der sozialen Sicherung passen.
Im Zweifel befinden sich diese Menschen dann in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, ohne Perspektive auf
Besserung.

Gleichzeitig hält das aber auch davon ab, sich in einem Praktika während der Ausbildung einmal ausprobieren zu können,
weil wie bereits erwähnt, die fehlende Grundsicherung jemanden von einem solchen Wagnis abhält.

Auszubildende sind im übrigen die einzige Gruppe, die ich beim durchstöbern finden konnte, denen keine
Grundsicherungsleistung zur Verfügung steht, obwohl das BVerfG bereits 2009 entschieden hat, dass jedem ein
Existenzminimum zur sozialen Teilhabe zur Verfügung stehen muss. Vergleich ( http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html )

Daher die Fragen:

- ist es bereits im Parteiprogramm enthalten, dass Sie die Schaffung einer Grundsicherung für Auszubildene anstreben?
- inwieweit identifizieren Sie sich mit diesem Thema?
- werden Sie sich, sofern Sie in den Bundestag einziehen, auch diesem Thema annehmen?
- können potentielle Auszubildende auf Ihre Unterstützung bei der Sicherung ihrer Existenz, während der Ausbildung setzen?

Und da wir gerade beim Thema Grundsicherung sind, wäre eine Anhebung auf 437,-€ mit Ihrer Partei denkbar?
Hierbei sei angemerkt, dass die OECD die schwache Binnenkonjunktur kritisiert.

Viele Grüße

Portrait von Matthias Schmidt
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,

herzlichen Dank für Ihre Fragen. Bitte gestatten Sie mir, dass ich diese im Zusammenhang beantworte.

Beim Zusammenspiel des SGB II („Hartz IV“) mit anderen Gesetzen ist zu beachten, dass das SGB II soziale Notfälle in allgemeiner Form ausgleichen soll, sofern es für diese Fälle nicht bereits spezielle - und für die jeweilige Situation passendere - gesetzliche Regelungen gibt. In diesen Fällen ist das SGB II nachrangig und das eigentlich vorgesehene Gesetz kommt zur Anwendung, sofern die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist bei einer Förderung mittels BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz) oder BAB (Berufsaus-bildungsbeihilfe nach dem SGB III) der Fall.

Das SGB II wird im Ergebnis dieser Abgrenzung in einem komplizierten rechtlichen Verfahren nachrangig und der Hartz IV-Bezug ist grundsätzlich nicht mehr möglich (es gibt allerdings mehrere Ausnahmen). Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Finanzierung - und somit auch die soziale Absicherung - von beruflicher Bildung in speziellen Gesetzen geregelt ist und somit Vorrang vor dem SGB II hat: Die Unterstützung bei schulischer Bildung erfolgt durch das BAföG und die Unterstützung bei betrieblicher Ausbildung erfolgt durch die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III.

Welcher grundsätzliche Gedanke steht hinter diesen Überlegungen? Wenn die Einkommensprüfung der Eltern im Rahmen das BAföG zum Beispiel zu dem Ergebnis kommt, dass aufgrund sehr guter wirtschaftlicher Verhältnisse kein Anspruch auf Förderung besteht, wäre die kompensierende Förderung durch Hartz IV gerade der falsche Ansatz, da die Leistungen nach dem SGB II ja nur bei Bedürftigkeit - also bei schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des jungen Menschen - durch das Jobcenter gezahlt werden dürfen.

Es muss daher immer im Einzelfall vom Jobcenter ermittelt werden, ob und welche Leistungen für den jungen Menschen vom Gesetz vorgesehen sind, dies hängt immer von der individuellen Situation des Einzelfalls ab. Im Gesamtergebnis lässt sich aber etwas verallgemeinert sagen, dass in jedem Fall eine Unterstützung vom Gesetzgeber vorgesehen ist. In den Fällen, in denen der Jugendliche als BAB- oder BAföG-Bezieher einen Antrag auf Hartz IV stellt und der Jugendliche noch zu Hause wohnt, hat er grundsätzlich einen Anspruch auf Hartz IV incl der Leistungen zum Lebensunterhalt. Sofern tatsächlich kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt besteht (z. B. wenn der Antragsteller eine eigene Wohnung hat), besteht aber in diesem Fall ein Anspruch auf Zuschuss zu den (angemessenen) Mietkosten des Jugendlichen.

Es besteht also - in den Grenzen der Systematik und der Zielstellung der Gesetze - auch eine Grundsicherung für Auszubildende durch das SGB II (Hartz IV). Die Grundsicherung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der einzige Akteur im bestehenden System der sozialen Sicherung in Deutschland.

Sie können sich also sicher sein, dass potenzielle Azubis mich auf Ihrer Seite haben, wenn es um deren Existenz geht. Gerne versuche ich auch bei konkreten Einzelfällen in meinem Wahlkreis zu helfen.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Antworten geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Schmidt