Ist die Strombörse in Leipzig zu spekulativ ?
Sehr geerhter Herr Miersch,
aus den Medien entnehme ich, dass sich die Strombörse in Leipzig preislich immer an dem letzten zugeschalteten Versorger orientiert und der hat die höchsten Preise. Die Erstversorger (niedrigere Preise zunächst) freuen sich über satte Gewinne. Hier wäre m.E. ein Umdenken angesagt um die Strompreise zu deckeln. Ist politisch da etwas in Arbeit?
Sehr geehrter Herr S.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, auf welche ich nachfolgend gerne eingehen werde.
Sie richten das Augenmerk auf eine politisch hochaktuelle Frage, mit der ich mich derzeit intensiv beschäftige, denn große Gewinne von Energiekonzernen, womöglich mit Milliarden-Ausschüttungen an Aktionäre, sind in der derzeitigen Krise, da haben Sie völlig recht, ein Problem. Ich kämpfe daher dafür, dass sich anstatt mit Scheinlösungen zu beschäftigen, wie der Verlängerung der Atomkraft, die Kraft jetzt für wirkliche Lösungen eingesetzt wird. Dazu gehört auch, dass wir uns die Preisbildung an der Börse genau anschauen. Unser Strommarktdesign wird der augenblicklichen Situation nicht mehr gerecht. Nicht nur wegen der stark gestiegenen Strompreise, sondern auch unter dem Aspekt, dass ein Stromsystem, das aus Erneuerbaren Energien besteht, ein anderes Design des Strommarktes benötigt als ein System mit fossilen Energien. Die Gestaltung des Strommarktes ist jedoch äußerst komplex. Kleine Fehler können weitreichende Auswirkungen haben. Daher ist hier keine „Hauruck“-Aktion sinnvoll. Der Bereich betrifft auch europäisches Recht, sodass aktuell die Bundesregierung und die Europäische Kommission über eine Reform diskutieren, was ich wiederum als Abgeordneter begleite. Spanien hat bei der Europäischen Kommission eine Ausnahme erwirkt, was jedoch inzwischen riesige Summen als Kompensationszahlungen bedeutet, weil das System als solches nationalstaatlich nicht verändert worden ist. Sie sehen, dass zwar „etwas in Arbeit“ ist, leider die Dinge aber nicht einfach sind. Deshalb konzentriere ich mich daneben auch auf die Frage, wie wir preisbildend wirken und auch entsprechende Gewinne abschöpfen können, um als Staat so die Solidarität in der Krise zu gewährleisten.
Sehr geehrter Herr S., ich bin der grundsätzlichen Auffassung, dass starke Schultern in der Krise ihren Teil beitragen müssen, damit die Belastungen gerade der kleineren und mittleren Einkommen nicht aus dem Ruder laufen. Darum ist es für mich richtig, die derzeit anfallenden Über-Gewinne in der Energiewirtschaft gerecht zu verteilen. Für das Erreichen des Ziels, die Bezahlbarkeit von Energie sowie Lebensmittel für alle zu gewährleisten, darf es keine Denkverbote geben.
Abschließend möchte ich Sie gerne darauf hinweisen, der SPD-Bezirk Hannover, dem ich vorsitze, auf dem Landesparteitag der SPD Niedersachsen einen Antrag erfolgreich eingebracht hat, in welchem es u.a. heißt „Daneben müssen wir dafür sorgen, dass es keine Gewinner dieser Energiekrise gibt, die riesige Gewinne abschöpfen, während Verbraucherinnen und Verbraucher unter den hohen Preisen leiden. Orientiert am norwegischen und finnischen Modell braucht es auch in Deutschland viel größere Transparenz bei z. B. den Gewinnen von Mineralölkonzernen. Auch auf EU Ebene werden staatliche Preisdeckel gegen die hohen Energiepreise diskutiert." Den ganzen Antrag können Sie hier abrufen: https://www.spdnds.de/wp-content/uploads/sites/77/2022/05/2022-05-11-Nachtrag-Antragsbuch-ao-LPT-22.05.22.pdf
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Zeilen meine Sichtweise auf das von Ihnen geschilderte Problem näherbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Miersch