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Matthias Miersch
SPD
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Frage von Erika S. •

Frage an Matthias Miersch von Erika S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,

fast täglich erreichen uns Bilder von Menschen, die im Mittelmeer ertrinken - NGOs, die Verantwortung übernehmen, werden als Helfer von Schlepperbanden an den Pranger gestellt…insgesamt für mich ein zunehmend unerträglicher Zustand.

Daher ist dieses Thema für mich überaus wichtig, wenn es darum geht, bei welcher Partei ich am 24. September mein Kreuzchen machen werde. Mir ist bewusst, dass während des Wahlkampfs Zeit sehr knapp ist, dennoch wäre es für meine Entscheidungsfindung sehr hilfreich, wenn sie mir folgende Fragen beantworten könnten:

1. Wie bewerten Sie die Arbeit der NGOs im Mittelmeer?
2. Sind Sie der Meinung, EU-Grenzsicherung ist Ländersache oder eine europäische Aufgabe?
3. Denken Sie, dass für die Seenotrettung Lösungen auf europäischer Ebene umgesetzt werden müssen?
4. Sehen Sie eine Verpflichtung der EU, für eine umfassende Seenotrettung zu sorgen?
5. Werden Sie sich nach einer erfolgreichen Wahl im Rahmen Ihres Mandats für eine effektive Seenotrettung durch die EU einsetzen?

VIELEN DANK für eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
E. S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15. September 2017, die ich gerne beantworte.

Die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union – vor allem den am Mittelmeer betroffenen Mitgliedstaaten, wie Italien – und den Nichtregierungsorganisation (NGO's) halte ich für richtig und wichtig. Die NGOs leisten vor Ort eine sehr gute Arbeit und ergänzen den EU-Einsatz – EUNAVFOR MED Operation SOPHIA (Operation gegen kriminelle Schleusernetzwerke und Rettung von Menschen in Seenot) – im Mittelmeer.

Nichtsdestotrotz brauchen wir endlich wirksame europäische Lösungen. Die EU-Operation EUNAVFOR MED wird hier nicht ausreichen. Dies zeigt sich auch daran, dass Seenotrettung im aktuellen Mandat lediglich der letzte Punkt der Aufgabenliste der Bundeswehr ist. Dies muss sich ändern, damit die Menschen in Seenot auf dem Mittelmeer staatliche Hilfe erhalten und nicht von privaten Organisationen wie „Seawatch“ gerettet werden müssen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die EU-Grenzsicherung nur europäisch gelingen kann. Einzelne Nationalstaaten werden hier sehr schnell an Ihre Grenzen stoßen. Hierfür muss u.a die European Union Agency - FRONTEX durch noch mehr Personal, eine weiter verbesserte Finanzausstattung und mehr Befugnisse zur Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Grenz- und Küstenschutz gestärkt werden.

Im Regierungsprogramm der SPD ist daher folgende Passage aufgenommen worden: „Die Außengrenzen müssen besser vor illegalen Grenzübertritten geschützt werden. Dieser Schutz ist die Bedingung für offene Grenzen und für Freizügigkeit im Inneren der EU. Wir wollen daher das Mandat und die Arbeit von Frontex, der europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache, stärken. (…) Zusätzlich setzen wir uns für ein europäisches Seenotrettungsprogramm ein. Wir müssen das Sterben im Mittelmeer beenden."

Neben dem Regierungsprogramm hat die SPD-Bundestagsfraktion im Juni 2017 ein Positionspapier „Für eine solidarische europäische Flüchtlingspolitik“ beschlossen, in dem unter anderem ein gezieltes europäisches Seenotrettungsprogramm gefordert wird. Zudem setzt sich die SPD dafür ein, dass ein ständiges Monitorings der Küsten Nordafrikas aufgebaut wird, das eine frühzeitige Seenotrettung ermöglicht, wenn seeuntaugliche Boote diese Küsten verlassen wollen. Das Monitoring und die Intervention erfordern eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden der dortigen Staaten, gegenwärtig insbesondere mit denen Libyens und Ägyptens. Die European Border Assistance Mission (EUBAM) in Libyen ist dazu auszubauen. Außerdem bedarf es einer entsprechenden EUBAM für Ägypten.

Die Europäische Union ist bereits heute im Rahmen der internationalen Verpflichtungen (Seerecht, SAR Konvention, Flüchtlingskonvention) zu Rettung von Schiffbrüchigen bzw. dem Verbringen in sichere Häfen verpflichtet. Aus meiner Sicht wird es in den kommenden Monaten und Jahren jedoch viel entscheidender sein, die Situation der Menschen in den Herkunftsländern zu verbessern, damit es erst gar nicht zu Flüchtlingsbewegungen kommt, wie wir sie in den vergangenen Jahren erlebt haben. Hierzu gehört für mich u.a., die konsequente Umsetzung der im vergangenen Jahr von den Vereinten Nationen verabschiedete Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals – SDG), die aus meiner Sicht Fluchtursachen entscheidend mindern kann. Die Beseitigung von Armut und Hunger, der Kampf gegen den Klimawandel und das Schaffen von guter Arbeit – um nur einige Teilbereiche zu nennen – sind zentral, um Perspektiven zu schaffen und zu verhindern, dass Flucht der letzte Ausweg ist. Ein zentrales Element hierfür ist es, faireren Handel statt Freihandel mit den Ländern des globalen Südens zu vereinbaren. Dabei müssen menschenrechtliche, ökologische und soziale Standards in alle Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und im Allgemeinen Präferenzsystem der EU verbindlich festgeschrieben werden.

Darüber hinaus müssen wir u.a. die humanitäre Hilfe und die Entwicklungszusammenarbeit der EU dauerhaft stärken, um geflohene Menschen nahe ihren Heimatländern angemessen zu versorgen und ihnen Zukunftsperspektiven in ihrer Region zu eröffnen.

Zudem muss das Gemeinsame Europäische Asylsystem weiterentwickelt werden, damit es wirksamen Schutz leistet und einer fairen Verteilung zwischen den Mitgliedstaaten dient. Einheitliche Verfahren und Bedingungen für Anerkennung, Aufnahme und ggf. Rückführung sind eine wichtige Voraussetzung für eine bessere Steuerung der Fluchtbewegungen. Vor allem aber geht es um wirksamen Schutz von Schutzbedürftigen und damit eine angemessene, unseren Werten entsprechende Haltung unseres Kontinentes: Leben zu schützen ist unsere erste Pflicht. Die Achtung vor der Würde jedes einzelnen Menschen ist das Fundament Europas.

Liebe Frau S.,

die EU muss in den kommenden Jahren Ihre Mitgliedstaaten mit EU-Außengrenzen stärker unterstützen als bisher. Ziel muss ein noch kohärenter und effektiverer Grenz- und Küstenschutz der EU sein, für den wir uns in der SPD-Bundestagsfraktion in der kommenden Legislaturperiode auch weiterhin einsetzen werden.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantwortet und meine Positionen ausreichend dargelegt zu haben.

Über Ihre Stimme am 24. September würde ich mich sehr freuen.

Mit herzlichen Grüßen!
Ihr Matthias Miersch

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