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Matthias Miersch
SPD
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Frage von Erich-Günter K. •

Frage an Matthias Miersch von Erich-Günter K.

Sehr geehrter Herr Miersch,

jüngst angeregt durch die Äußerungen des Herrn Bundesministers Schmidt zur Gefährdung von Standards bei den TTIP-Verhandlungen, möchte ich Sie um Ihre Meinung bitten zu der Frage „Was wäre, wenn wir vor zehn oder zwanzig Jahren bereits ein Freihandelsabkommen mit den USA u.a. abgeschlossen hätten?“

Wären diese politischen Entscheidungen dann durchsetzbar gewesen?(Beispiele):
Staatliche Förderung
• Alternativer Energien (bis hin zum Atomausstieg und zur Energiewende)
• Biologischer Landwirtschaft
• ÖPNV
• Gesundheits- u. Bildungswesen, Forschung, Sport, Kultur, Parteien, Kirchen, ÖRR

• Auflagen an den Handel zur Müllvermeidung (Verpackung, Recycling)
• Auflagen an die Industrie zum Umweltschutz (Grundwasser, Emission, Baustandards, Werkstoffe, Chemikalieneinsatz)
• Verbot von Steuerfluchtmodellen (Finanzsektor und internationale Konzerne)

Die Prozesse auf diesen Feldern waren und sind politisch mühsam genug. Hätten sie z.B. mit TTIP erreicht werden können?

Ein Blick nach vorn:

Unterstellt, Politik u. Gesellschaft engagierten sich weiter für ambitionierte Zukunftsprojekte, wären Entscheidungen unter TTIP-Bedingungen künftig denbar?

Staatliche Förderung
• Alternativer (Umwelt-)Technologien
• Alternativer Medizin (weniger Pharma- dafür mehr Naturheilprodukte, wo sinnvoll)
• Alternativer Geld- und Finanzwirtschaft

• Auflagen an die Internetwirtschaft (z.B. Einhaltung nationaler Standards und Regeln)
• Auflagen an die private Werbe- und Medienindustrie (Einschränkungen, Normen)

Diese Fragen stellen sich Bürger über den "Chlorhuhnhorizont“ hinaus. Außerdem meine ich, dass es sowohl Politik wie auch den Medien oft schwerfällt, die Komplexität dieses Vorhabens und deren massive Auswirkungen auf die Gesellschaft in Zukunft umfassend und zugleich verständlich darzustellen. Da fiel mir die Frage „Was wäre, wenn…“ in diesem Kontext ein.

Über Ihre Gedanken dazu würde sich sehr freuen

Erich-Günter Kerschke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kerschke,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 14.01.2015 zum Thema „Freihandelsabkommen TTIP/CETA“. Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass ich mich ein wenig schwer damit tue, eine hypothetische Antwort auf die von Ihnen aufgeworfenen Frage "Was wäre, wenn...?" zu geben.
Gerne erläutere ich Ihnen jedoch nachfolgend meine persönliche Haltung zu den geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada.

Der am 20. September 2014 vom SPD-Parteikonvent gefasste Beschluss zu TTIP und CETA gilt für mich vollumfänglich.
Die Kernpunkte dieses Beschlusses besagen, dass TTIP kein Einfallstor dafür sein darf,

- dass Arbeitnehmerrechte geschleift werden.
- dass die öffentliche Daseinsvorsorge eingeschränkt wird.
- dass das hohe europäische Niveau beim Verbraucher-, Umwelt- oder Tierschutz ausgehöhlt wird.
- dass Unternehmen und private Investoren vor internationalen Schiedsstellen rechtsstaatliche Standards und demokratische politische Regelungen zum Schutz
- von Gemeinwohlzielen aushebeln können.
- dass die kulturelle Vielfalt und die öffentliche Kultur- und Medienförderung beeinträchtigt werden.

Im Beschluss wird ferner festgehalten: Diese Ziele und Anforderungen gelten auch für das kanadische Freihandelsabkommen CETA.
Bereits im Vorfeld des Parteikonvents hatte sich der SPD-Unterbezirk Region Hannover, dessen Vorsitzender ich bin, im September dieses Jahres einstimmig gegen die Entwürfe der Abkommen CETA und TTIP ausgesprochen. Es ist inakzeptabel, dass Staaten die EU oder einzelne Mitgliedsstaaten jenseits des Rechtsstaats vor Schiedsgerichten direkt auf Entschädigungen verklagen können. Es darf keine Aushöhlung elementarer Grundsätze unseres Verfassungssystems geben.
Zum aktuellen Sachstand lässt sich ferner sagen, dass derzeit keine Abstimmung über das CETA-Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada bevorsteht, sondern mindestens einjährige Verhandlungen auf europäischer und ggf. nationaler Ebene vor uns liegen, die wir nutzen werden, um uns für die im Beschluss des Parteikonvents festgelegten Ziele einzusetzen. Frühestens Ende 2015, eher Anfang/Mitte 2016 werden der Europäische Rat und das Europäische Parlament über das Abkommen entscheiden.

Sie sprechen in Ihrer Anfrage richtigerweise die "Komplexität des Vorhabens" an: Allein bei CETA liegen derzeit rund 1600 Seiten Vertragstext vor, die es gewissenhaft zu studieren und auf die oben genannten Punkte hin zu überprüfen gilt.
Lieber Herr Kerschke, ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort meine Position zu TTIP und CETA näher gebracht zu haben.

Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Matthias Miersch

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