Frage an Matthias Miersch von Horst S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Miersch,
ein Autofahrer, der mit 1,8 Promille einen Menschen bei einem Unfall tötet, wird hart bestraft. Alkohol wirkt strafverschärfend.
Ein Gewaltverbrecher, mit gleichem Alkoholpegel, der auch einen Menschen tötet, bekommt mildernde Umstände. Alkohol wirkt strafmildernd.
Wieso diese unterschiedliche Rechtsprechung?
Sehr geehrter Herr Schuberth,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Verzeihen Sie, wenn ich etwas technisch antworte. Als Fachanwalt für Strafrecht muss ich Sie etwas mit der Dogmatik unseres Strafrechts konfrontieren: Es gibt im Strafgesetzbuch Straftatbestände. Dazu gehört das alkoholisierte Fahren mit einem PKW. Dazu gehört auch zum Beispiel die Körperverletzung, der Raub, die fahrlässige Tötung oder der Totschlag. Alkoholisiert auf einem Fußweg zu gehen, ist ein Straftatbestand. Der Gesetzgeber hat das alkoholisierte Fahren mit einem PKW unter Strafe gestellt, da hierdurch die Gefahr eines Unfalls erhöht wird, da das Fahren mit einem PKW ohnehin schon als potenzielle Betriebsgefahr gewertet wird. Ist ein Straftatbestand erfüllt, prüft das Gericht so genannte Milderungsgründe. Das ist der Fall, den Sie möglicherweise in Ihrem Beispiel meinen. Auch wird die so genannte Steuerungsfähigkeit überprüft, die eingeschränkt sein kann, wenn eine gewisse Menge an Alkohol konsumiert worden ist. Allerdings ist das bewusste Trinken von Alkohol ebenso ein Straftatbestand, wenn er den Zweck haben soll, im Rahmen eingeschränkter Steuerungsfähigkeit eine Straftat zu begehen. Die Milderungsgründe und die Fragen der Steuerungsfähigkeit sind grundsätzlich bei allen Straftaten durch das Gericht zu prüfen, so dass hier keine Ungleichbehandlung erfolgt.
Aufgrund meiner Praxis in der Strafjustiz glaube ich auch nicht, dass hier eine Ungleichbehandlung zwischen Gewaltverbrechen und Taten im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss erfolgt. Ich hoffe, beschrieben zu haben, dass die Systematik der Prüfung durch ein Gericht stets identisch ist. Letztlich kommt es immer sehr auf den Einzelfall an, so dass es durchaus hohe Strafen im Fall von Verkehrsdelikten mit Todesfolge unter Alkoholeinfluss gibt und auch erhebliche Strafmilderungen. Das gleiche gilt für Gewaltdelikte.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Matthias Miersch